Dunkle Burg
leise knirschendes Geräusch, dann einen Ruck. Der Wagen begann vorwärts zu rollen, schneller und schneller. Stillfried stieß den Hebel ganz nach vorn und wir rollten in die Dunkelheit des Tunnels vor uns. Er war gerade weit genug, uns aufzunehmen.
Ich saß bloß da und staunte, aber Silvus musste es wissen. »Wie ist das möglich?«, fragte er.
»Der Hebel zieht eine Klammer am Kabel an. Wir werden davon mitgezogen.«
»Was bewegt das Kabel?« Er war wirklich interessiert.
»Es ist eine zusammenhängende Schleife, Meilen lang. Sie führt um ein Mühlrad, das von einem starken Wasserfall in Bewegung gesetzt wird. Sein Wasser stammt aus einem unterirdischen Fluss, der von den Schneefeldern und Bergseen in der Höhe gespeist wird. Dieses Wasser treibt alles im Bau an, und die Nutzung der Wasserkraft erklärt, warum die Unterirdischen überwiegend in den Bergen anzutreffen sind.«
Silvus nickte und beobachtete die Wände, die so schnell an uns vorbeizogen, wie ein Pferd trabte, nahe genug, um sie mit ausgestreckter Hand zu berühren. Wir saßen bequem auf unseren Sitzen und wurden dahingetragen. Silvus’ Gesicht war anzusehen, dass er alle Einzelheiten überdachte, wie das Ding funktionieren konnte. Ich hingegen gab mich mit bloßem Staunen zufrieden.
Die Fahrt ging abwärts und wieder aufwärts. Von Zeit zu Zeit passierten wir ein Licht im Gang, dann löste Stillfried den Hebel. Wir rollten ein Stück weiter und dann zeigte sich ein anderes Licht – und er zog den Hebel wieder an. Und die Geschwindigkeit nahm von neuem zu.
»Kabelwechsel«, bemerkte Arienne.
Silvus nickte wieder. »Ich nehme an, dass der Wagen auf den Steigungen von Gegengewichten dort, wo das Kabel zurückläuft, kompensiert wird«, sagte er, und sie bestätigte es.
Die rollende Fortbewegung war glatt und gleichmäßig, begleitet von einem leichten Schwanken des Wagens. Die Luft blieb unverändert kühl. Ich dachte, wie viel Arbeit benötigt wurde, um diesen Bau anzulegen und Lebensmittel herbeizuschaffen. Ich dachte darüber nach, bis ich Kopfschmerzen bekam und einnickte.
KAPITEL 10
Asta
Mitternacht war vorbei, soweit ich es beurteilen konnte, und höchste Zeit, dass ich mich davonmachte. Bald würden sie kommen, um mich einzufangen, Nathan oder der Orden oder beide. Sollten sie es untereinander ausfechten. Mir war es gleich. Ich würde nicht mehr hier sein.
Das Haus war dunkel und still – bis auf Pers’ Schnarchen. Ich nahm mein vorbereitetes Bündel und schlüpfte geräuschlos hinaus. Übung. Teska hatte gesagt, ich sei eine schlechte Diebin. Was wusste er schon!
Scharfe, funkelnde Sterne glitzerten zwischen rasch ziehenden Wolken. Hinter der schlafenden Siedlung ragte düster der Hügel.
Ich fand den Pfad hinauf, schnurgerade zwischen den Feldern, danach in Windungen durch den Busch und über niedrige Felsstufen aufwärts.
Ich kam zu der Stelle, wo wir gesessen hatten, und stieg weiter, am Dickicht vorbei. Auf der Kuppe des Hügels fand ich den Stein und umkreiste ihn einmal. Es gab keinen erkennbaren Griff, doch hatte ich gesehen, wie er sich geöffnet hatte. Ich konnte mich ungefähr der Abfolge von Handbewegungen erinnern, die der Wächter gemacht hatte, wusste aber nicht, wo ich anfangen musste. Nun, diese Stelle war so gut wie jede andere. Ich zog daran, um die Steinplatte zu öffnen.
Sie gab nicht nach. Ich suchte nach einem besseren Halt für die Finger – und fand keinen. Ich hob und zog, und es war, als sei der Stein an den Wurzeln der Welt festgemacht. Ich ließ ihn los und kauerte auf den Fersen.
Zugesperrt. Gut, ich hatte früher schon Schlösser geöffnet und kannte mich aus. Hier kam es auf den richtigen Ansatz an. Durch die Augen des Bussards hatte ich gesehen, dass die Steinplatte sich wie eine Falltür öffnen ließ. Sie öffnete sich von da nach dort, also musste sie in der Richtung eingehängt sein. Ich brauchte nur die Angeln zu finden…
Eine Stunde später krabbelte ich noch immer um die Steinplatte herum und versuchte durch Drücken und Rütteln und Schieben und Ziehen den Mechanismus auszulösen. Nichts. Die Kobolde sicherten ihre Eingänge gut.
Ich zog mich ein Stück zurück und setzte mich nieder, betrachtete im Sternenlicht die unregelmäßige Form der Steinplatte. Noch zwei Stunden von diesen fruchtlosen Versuchen, und ich würde fortschleichen und mich entweder verstecken oder zum Haus zurückkehren müssen. Jonna und Per waren wie alle Bauern Frühaufsteher.
Ich suchte nach einem Verstand
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