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Dunkle Diamanten (Shades of Brilliance) (German Edition)

Dunkle Diamanten (Shades of Brilliance) (German Edition)

Titel: Dunkle Diamanten (Shades of Brilliance) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E.L. Jannings
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seinem Hals. Auch als alles still war, konnte er sich lange Zeit nicht überwinden, den Kopf aus dem drahtigen Fell zu heben.
    Ein weißer, von bläulichen Kratern zerfurchter Mond stieg über der Wüste auf, als Robert endlich das Tier am Zügel nahm und mit ihm losging. Das Seil tat einen Ruck, spannte sich, und er hörte das schaurige Rieseln und Schleifen, mit dem der Treibsand sein Opfer freigab. Er trieb das Maultier an. Plaatjes Leiche rutschte mit einem grotesken Holpern über den Rand der Treibsandpfanne auf festen Grund und pflügte eine lange Spur in den Sand. Robert löste das Seil vom Sattel und zwang sich, auf den Toten zuzugehen, der ihn gestern noch gepeinigt und erniedrigt hatte. Er hockte sich nieder und riss das sandverkrustete Hemd der Leiche auf. Der Beutel wölbte sich auf der flachen Brust und das schwarze Leder lag in scharfem Kontrast zur wachsbleichen Haut. Robert riss ihn mit einer angewiderten Bewegung vom Hals des Toten, schob ihn in die Hosentasche und ging mit langen Schritten davon. Es war ihm gelungen, Plaatjes Gesicht nicht anzusehen. Er hatte keinen Hang zur Selbstquälerei. Es war genug.

Kapitel 8

Alexander Bay
     
    „Da haben Sie aber Pech gehabt. Vor zwei Stunden ist gerade ein Frachtschiff nach Kapstadt ausgelaufen. Das hätten Sie mitnehmen können. Große Passagierschiffe legen ja bei uns gar nicht an. Die „Bibundi” aus Kamerun müsste aber übermorgen hier in Alexander Bay anlegen, sie fährt weiter nach Port Elizabeth, da könnten Sie in Kapstadt von Bord gehen. Das ist alles, was ich anzubieten habe. Wenn Sie wollen, können wir ja einen Funkspruch an den Kapitän schicken und anfragen, ob sie Platz für zwei Passagiere bis Kapstadt haben.” Der Hafenmeister steckte den Bleistift hinter sein Ohr, mit dem er die Schiffsliste durchgegangen war, verschränkte die Arme und wartete, wie sich die Herren entscheiden würden. Na ja, also „Herren” war vielleicht im Augenblick nicht der richtige Ausdruck für die beiden, aber der Hafenmeister war erfahren genug, auch unter der dicksten Staubschicht und der abgerissensten Kleidung ein besseres Exemplar der Gattung Mensch zu erkennen. Äußerer Anschein zählten nicht viel in dieser Gegend. Im Gegenteil, eine allzu gepflegte Erscheinung weckte ein gewisses Misstrauen oder zumindest eine leise Verachtung.
    „Tja, da kann man nichts machen. Wäre ja auch zu glatt gegangen, was?” Merensky nahm resigniert den staubigen Hut vom Kopf und klopfte ihn an seinem Oberschenkel aus. „Also wenn Sie so freundlich wären und die „Bibundi” anfunken, dann wüssten wir wenigstens, ob sich das Warten lohnt. Wir sind nicht anspruchsvoll. Wenn die noch irgendeine kleine Kabine mit zwei Betten haben, ist uns schon geholfen. Besser wären natürlich zwei. Wir warten dann da oben im Hotel Oranje. Das ist doch das einzige Hotel hier, nicht wahr?”
    Der Hafenmeister lachte zustimmend. „Ja, aber für ein paar Nächte wird es schon gehen. Wenn ich eine Antwort habe, schicke ich ihnen einen Boy hoch.”
    Sie verabschiedeten sich, und Hans steckte dem Hafenmeister beim Weggehen geschickt eine Banknote in die Jackentasche, mit der er für einen guten Monat seine Pubrechnung bezahlen konnte. Sie kletterten in ihre Autos und fuhren vom Hafengelände hinaus auf die Hauptstraße. Alexander Bay war kein Ort, der den beiden auch nur den Hauch eines Glücksgefühls vermitteln konnte, nach so vielen Wochen unversehrt zurück in der Zivilisation zu sein. Sie hätten das Wüstencamp, ja sogar den Bretterschuppen im Basislager jederzeit vorgezogen. Die Hauptstraße, erst kürzlich patriotisch nach General Hertzog benannt, führte schnurgerade und ungepflastert durch zwei Reihen von schlampig zusammengenagelten Holzhäusern. In unmittelbarer Nachbarschaft waren auch zwei-, ja sogar dreistöckige Gebäude zu bewundern, deren obere Teile sich in statisch unglaubwürdigen Winkeln und Knicken in jede erdenkliche Himmelsrichtung streckten. Die meisten dieser Buden verfügten über eine erhöhte, schattenspendende Veranda, die man über wackelige Bretterstufen erklomm. An der Balustrade band man Reit- und Lasttiere fest, zwischen deren Dunghaufen sich verlauste Straßenköter balgten. Die Bewohner von Alexander Bay passten sich dem verkommenen Stadtbild vollkommen an.
    Ernst stieg die schwankenden Stufen zur Veranda des Hotels Oranje hinauf. Hinter ihm drängte sich bereits eine dichte Traube von lärmenden Kindern aufgeregt um die beiden Automobile. Hans

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