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Dunkle Ernte

Dunkle Ernte

Titel: Dunkle Ernte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Mockler
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Mittag war er wieder in seinem Büro und ging seine E-Mails durch, alles Business as usual, bis auf eine. Lassen Sie Amanda in Ruhe, stand da. Ohne Anrede, ohne Namen. Abgeschickt von einem Hotmail-Account. Sir Clive las den Satz mehrmals, trommelte mit den Fingern auf die Schreibtischplatte und griff dann in seine oberste Schublade, um den Bericht herauszuziehen, den er von Nick Clarke erhalten hatte. Ein beunruhigender Gedanke schoss ihm durch den Kopf. Waren die Leichen überhaupt offiziell identifiziert worden? In den Unterlagen stand nichts davon. Er rief die Hohe Kommission in Kampala an. Als er Nick Clarke nicht erreichte, probierte er eine andere Durchwahl.
    »Hier Patrick Little.«
    »Hallo, Patrick. Hier ist London, Sir Clive Mortimer. Nick Clarke hat uns bei einer heiklen Operation in Ihrer Region unterstützt.«
    Patrick blickte hilfesuchend in die Ferne und wünschte sich, er hätte nicht abgehoben. Was auch immer der Kollege für einen Saustall aufgeräumt hatte, er wollte nicht hineingezogen werden. »Nick ist im Augenblick nicht zu sprechen. Wie kann ich Ihnen helfen?«, sagte er mit Samtstimme. In einem war er gut: sich bei Vorgesetzten einzuschmeicheln.
    »Ich wollte nur wissen, ob die Leichen der beiden unglückseligen Bombenopfer identifiziert worden sind.«
    »Nicht dass ich wüsste. Sie mussten nach der Explosion …«, er suchte nach einem möglichst pietätvollen Ausdruck, »erst wieder zusammengeklaubt werden, damit man etwas nach Hause überführen konnte. Von dem dritten Mann ist nichts gefunden worden. Aber vielleicht hat er auch die Hauptwucht der Explosion abbekommen.«
    »Verstehe. Danke, Patrick. Sagen Sie Nick, er soll mich anrufen, wenn er zurück ist.«
    Vielleicht hatte der dritte Mann die Hauptwucht der Explosion abbekommen. Vielleicht hatte er ihm aber auch gerade eine E-Mail geschrieben.
    Erst als Sir Clive sich die E-Mail noch einmal ansah, fiel ihm die Adresse ins Auge: [email protected]. »Coltan« war offensichtlich, man musste nicht in Cambridge studiert haben, um zu wissen, dass es im Ost-Kongo jede Menge von dem Zeug gab. Der mysteriöse Absender hatte zwei und zwei zusammengezählt. Aber warum »80«? Es gab bestimmt nicht neunundsiebzig andere Hotmail-Adressen, die das Wort »Coltan« enthielten.
    Er trat von seinem Schreibtisch weg, um auf die Themse hinunterzublicken, fest entschlossen, die Bedeutung dieser Zahl herauszufinden. Die E-Mail enthielt so wenig Informationen, dass auch das geringste Detail eine Bedeutung haben musste, da war er ganz sicher.
    Der Himmel war grau, und das Wasser hatte die braune Farbe einer Schlammpfütze. Ein Mann, winzig aus der Entfernung, wanderte mit einem Metalldetektor langsam auf das Ufer zu und schwang das Gerät in Halbkreisen über den Schlick. Sir Clive fragte sich, ob er schon jemals etwas gefunden hatte. Bereits vor Tausenden von Jahren hatten zu beiden Seiten des Flusses Menschen gesiedelt, da mussten allerhand Artefakte im Boden ruhen, viktorianische Münzen, römische Tonscherben …
    Er hielt inne und ging rasch zum Bücherregal. Die Zahl Achtzig, die römische Armee, eine ferne Erinnerung an die Lateinstunden in der Schule, kam ihm in den Sinn. Er nahm ein Lexikon aus dem Regal und fand den Eintrag. Zenturio: Centurio bedeutet so viel wie »Hundertschaftführer«, eine römische Centuria bestand in der Regel jedoch meist aus achtzig Soldaten .
    Sir Clive klappte das Buch zu und stellte es zurück. War die Zahl Achtzig wirklich eine versteckte Anspielung auf Centurion? Auf seine Verbindung zu der Firma? Er konnte sich kaum vorstellen, dass Jack diesen Zusammenhang entdeckt hatte. Andererseits hatte er sich auch nicht vorstellen können, dass es so schwierig sein würde, den jungen Mann unschädlich zu machen. Er griff nach Mantel und Hut, um ein Internetcafé unter den Eisenbahnbögen aufzusuchen. Diese Mail beantwortete er besser nicht vom Büro aus.
    Jack, ich weiß, dass Sie es sind, schrieb er . Hören Sie auf mit den Spielchen. Wollen wir uns nicht treffen? Ich bin sicher, wir können uns irgendwie einigen. Am besten lassen wir die »80« aus dem Spiel. Die sind nicht so gesprächsbereit wie ich. C.
    Ehe er die Nachricht sendete, las er sie noch einmal durch. Der Tonfall war förmlich und streng, aber trotzdem vertraulich. Sehr gelungen. Er zog sein Handy heraus. Zeit, Harvey anzurufen und ihm mitzuteilen, dass er schnellstens ein Team schicken sollte. Dass die Dinge außer Kontrolle zu geraten drohten. Mit einem

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