Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dunkle Gebete

Dunkle Gebete

Titel: Dunkle Gebete Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Bolton
Vom Netzwerk:
Joesbury sich nach rechts, und wir machten uns auf den Rückweg zur Stadt. Er hatte nicht erklärt, warum wir hier waren, und ich würde ihn nicht fragen. Nicht, dass ich es mir nicht denken konnte.
    »Was meinen Sie, Flint? Sieht der für Sie aus wie ein Bulle?«
    Ich blickte vom Weg auf und sah einen ziemlich großen, rundlichen Mann Anfang sechzig auf einer schmalen Backsteinbrücke stehen, die den Graben überspannte. Als wir näher kamen, zeigten die kurzen Haare, der störrische Zug um das Kinn und ganz einfach irgendetwas in seinem Auftreten, dass er einer von uns war.
    Sergeant Ron Williams begrüßte Joesbury zuerst, und ich wartete still, bis ich an der Reihe war. Ich trug mein bestes Kostüm, mit gestärkter weißer Bluse und Strümpfen. Mein Haar war zu meinem allerordentlichsten Bibliothekarinnenknoten nach hinten gezerrt, und ich trug meine Brille. Und selbstverständlich kein Make-up.
    Nachdem sie ein paar Freundlichkeiten ausgetauscht hatten, wandte Sergeant Williams sich an mich. Ich war mir der Tatsache bewusst, dass Joesbury uns beide beobachtete, und ließ beiden ein paar Sekunden Zeit. Dann rang ich mir ein Lächeln ab und streckte die Hand aus. »Ich bin DC Lacey Flint.«
    »Freut mich, DC Flint«, antwortete Williams. »Also, ihr verlangt ganz schön viel von den guten alten grauen Zellen. Das ist alles ziemlich lange her. Fangen wir damit an, wo es passiert ist?«
    Joesbury stimmte zu, und Williams führte uns weiter den Weg hinunter, auf die Stadt zu. Jetzt waren wir nahe genug, um den großen normannischen Festungsturm zu sehen, und dahinter Cardiff Castle in seiner ganzen gotischen Märchenschloss-Eleganz. Als wir auf einer Höhe mit der Burgmauer waren, verließ Williams den Weg und marschierte über den Rasen. Joesbury schloss sich ihm an, und ich folgte ein kleines Stück dahinter.
    »Das hier ist der Magnolienrasen«, verkündete Williams. »Ist im Frühling wirklich sehenswert.«
    Die verschlungenen Äste der alten Bäume sahen aus wie Ranken, die nach uns griffen. Ein Stückchen weiter vorne tauchten allmählich hoch aufragende Steine aus dem Nebel auf.
    »Sie glauben also, das, was da in London los ist, hat was mit den Llewellyns zu tun?«, fragte Williams. Er zog ein großes weißes Taschentuch hervor und drückte es gegen sein Gesicht, als wir uns den Steinen näherten. Mir war bereits aufgefallen, dass seine Augen blutunterlaufen und seine Nase gerötet waren. Williams kämpfte vergeblich gegen einen heftigen Schnupfen.
    »Wir müssen nur allen Hinweisen nachgehen«, antwortete Joesbury.
    »Ich persönlich kann’s mir ja nicht vorstellen«, meinte Williams. »Das warn nette Mädchen.«
    Joesburys Schritte verlangsamten sich ein wenig. »Das ist nicht gerade das, was die Familien der Jungen sagen«, erwiderte er.
    Williams blieb stehen, als wir noch ein paar Meter von dem Steinkreis entfernt waren. »Aye, na ja, ich sag ja nicht, dass die beiden reine Engel waren«, brummte er. »Das sind Mädchen aus Cardiff selten, und die Ältere hat’s wirklich ein bisschen doll getrieben. Aber die Jüngere, die war goldrichtig. Hat das nicht verdient, was ihr passiert ist. Ist umgekommen, hab ich gehört.«
    Vor uns bildeten elf grob behauene Steine einen Kreis von etwa dreißig Metern Durchmesser. Die beiden größten schienen einen natürlichen Durchgang darzustellen. William und Joesbury schritten hindurch. Ich folgte ihnen.
    »Sie hatten am Abend der angeblichen Vergewaltigung Dienst?«, fragte Joesbury.
    »Stimmt. Und dann bin ich mit dem älteren Mädchen hier rausgefahren, sobald es hell war«, bestätigte Williams. Als wir fast in der Mitte des Kreises angekommen waren, blieb er stehen.
    Joesbury drehte sich um die eigene Achse, betrachtete die aufrecht stehenden Steine und den flachen Felsblock in der Mitte; wie ein Opferaltar sah er aus. »Ist das hier ein antikes Denkmal?«, erkundigte er sich.
    Williams putzte sich die Nase und schüttelte den Kopf. »Nein«, antwortete er. »Ist Ende der Siebziger aufgestellt worden. Allerdings hat der Stein in der Mitte angeblich mal zu irgendwas Neolithischem gehört, das im Park gefunden worden ist. Also, soll ich jetzt erzählen?«
    »Bitte«, sagte Joesbury.
    »Victoria und Cathy haben die Jungen im Owain Glnydwr in der St. John Street kennengelernt«, begann Williams. »Sie sind gegen halb zwölf gegangen und wollten zur Bushaltestelle. Als sie auf der Hauptstraße herausgekommen sind, gleich beim Park, haben sie gehört, wie die Jungen

Weitere Kostenlose Bücher