Dunkle Gebete
einen Tisch für uns zu finden.
»Was ist passiert, nachdem die beiden aufs Revier gekommen sind?«, wollte Joesbury wissen.
»Ich habe mich genau an die Vorschriften gehalten«, antwortete Williams. »Ich hatte da so ein Gefühl, dass das Ganze sehr hässlich werden könnte. Ich habe die beiden getrennt und dafür gesorgt, dass jeweils eine Kollegin bei ihnen geblieben ist, bis ich den Arzt ranschaffen konnte. Jetzt haben wir eine tolle Einheit für Vergewaltigungen, mit Officers, die extra dafür ausgebildet sind, mit sexuellen Gewaltverbrechen umzugehen, aber damals mussten wir halt einfach tun, was wir konnten.«
»Was war mit den Jungen?«
»Die Mädchen wussten, wo sie wohnten, also habe ich ein paar Streifenwagen losgeschickt, um sie abzuholen. Eine halbe Stunde später kamen sie hier an, und ich habe alle fünf in Gewahrsam genommen. Ab da ging das Ganze den Bach runter.«
»Inwiefern?«, fragte Joesbury und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück.
»Der Sportlehrer war mitgekommen«, antwortete Williams. »Hat angefangen, auf den Putz zu hauen. War selbst so ein Typ aus gutem Hause und alter Schule und so. Hat darauf bestanden, dass keiner von den Jungen mit irgendjemandem redet, bevor jeder einen Anwalt hatte. Inzwischen war’s fast zwei Uhr morgens. Sie können sich ja den Spaß vorstellen, um diese Zeit fünf Anwälte aufzutreiben. Und wir hatten’s hier ja auch noch mit Minderjährigen zu tun. Haben Sie eine Ahnung davon, was das heißt?«
»Oh, ich kann’s mir lebhaft vorstellen«, meinte Joesbury.
»Wie sind die Mädchen damit klargekommen?«, fragte ich.
Williams sah mich an. »Victoria hat sich gut gehalten«, sagte er. »Hat sich wirklich zusammengerissen. Cathy war völlig fertig. Hat geweint und gebettelt, dass sie nach Hause gehen darf.«
Meine Hände zitterten. Ich legte sie um meinen Becher, um sie ruhig zu halten.
»Und dann hat sich der Arzt geweigert, Cathy zu untersuchen. Er hat gesagt, sie müsste zu einem Kinderarzt, weil sie noch minderjährig sei.«
Joesbury bedachte ihn mit einem kleinen, mitfühlenden Lächeln.
»Na ja, ein Kinderarzt war mitten in der Nacht nicht zu finden.« Williams’ Gesicht sah verkniffen aus, und ich glaubte nicht, dass das noch von der Erkältung kam.
»Dann haben Sie die Mädchen also nach Hause gehen lassen, ohne dass Cathy untersucht worden ist?«, fragte ich.
Williams hob beschwichtigend die Hand. »Schätzchen, ich weiß ja, dass das nicht richtig war. Aber zwei Sozialarbeiterinnen, die Pflegemutter und das Mädchen selber haben mir gesagt, ich soll sie gehen lassen. Und inzwischen sind auch die Eltern von den Bengels aufgetaucht. Es war ein verdammtes Chaos, wenn Sie meine Ausdrucksweise entschuldigen wollen. Und ich habe sie auch gar nicht gehen lassen. Die Entscheidung hat jemand anders getroffen.«
»Okay, aber Victoria ist richtig untersucht worden?«, fragte Joesbury.
»Ja«, bestätigte Williams. »Aber das Untersuchungsergebnis war nicht schlüssig. Keinerlei Spermaspuren.«
»Die Jungen haben doch Kondome benutzt«, gab ich zu bedenken.
Williams nickte. »Richtig. Und das Bad im Taff dürfte alles weggewaschen haben, was versehentlich danebengegangen ist, wenn Sie verstehen, was ich meine. Bei der Untersuchung wurden ein paar kleinere Abschürfungen und Quetschungen festgestellt, aber nichts, was nicht mit einvernehmlichem Sex vereinbar gewesen wäre.«
»Es sah also allmählich so aus, als stünde ihr Wort gegen das der Jungen«, meinte Joesbury.
»Sobald es hell war, haben wir den Park durchsucht«, berichtete Williams. »Wir haben die Kondompackung mit Victorias Fingerabdrücken drauf gefunden. Und die Seriennummer hat ergeben, dass die Dinger aus dem Automaten auf der Damentoilette von dem Pub stammten, wo sie alle getrunken hatten.«
»Wann haben Sie die Jungen gehen lassen?«, erkundigte sich Joesbury.
Williams fuhr sich mit der Hand über die Augen. »Wir waren so langsam am Ende der vierundzwanzig Stunden«, sagte er. »Die Eltern hatten inzwischen ein paar Schwergewichtsanwälte rangeschafft. Entweder hätten wir Anklage erheben oder die Kerle laufen lassen müssen.«
»Was wollten die Mädchen?«, fragte ich.
»Cathy war völlig fertig«, erzählte Williams. »Ein Rechtsberater hat ihr gesagt, sie müsse nicht mit uns reden, wenn sie nicht wolle. Victoria war fest entschlossen, Anzeige zu erstatten, und ich kann’s ihr nicht verdenken. Diese Bengel waren echt fiese Typen. So was kriegen wir hier oft zu sehen.
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