Dunkle Gefährtin
nicht mehr, du falsche Schlange!«
Tain schickte ihm fast lässig einen Strahl weißer Magie aus den Fingern, der sich um Merricks Hals wickelte. Dieser schrak hoch, wurde zunächst kreidebleich, grinste dann aber wissend. »Ach,
so
ist das?«
»Kommen wir wieder zum Thema«, mischte Logan sich energisch ein, setzte sich im Sessel auf und stützte seine Ellbogen auf die Knie. »Tain, warum denkst du, dass es etwas bringt, mit dem Clan zu reden?«
Tain krümmte die Finger, worauf der weiße Strahl von Merricks Hals verschwand. Dieser rieb sich den Nacken und blickte nachdenklich von Tain zu Samantha und wieder zurück.
»Weil es sich um einen Ehrenmord handeln könnte«, antwortete Tain.
»Der Clan hatte etwas dagegen, dass das Mädchen loszieht und auf eigene Rechnung anschafft?«, fragte Samantha.
»Da könnte der Unsterbliche recht haben«, antwortete Merrick. »Der Kerl hat offenbar Muskeln
und
Verstand. Nicht dass es den Clan stört, wenn sie anschaffen, aber sehr wohl könnten sie etwas dagegen haben, dass es nicht allen zugute kommt. Außerdem sind einige Familien erzkonservativ, insbesondere wenn es um ihre Frauen geht. Oder ein Gangboss ist sauer geworden, weil sie sich selbständig gemacht hat.«
»Und der Boss bist nicht du?«, hakte Logan nach.
»Eine junge Frau, die für mich oder in meinen Clubs arbeitet, wird gut behandelt. Mich hat noch keine verlassen.«
»Aber die Frauen, die für dich arbeiten, kommen aus verschiedenen Clans?«
»Ich heiße jede willkommen, und wir stehen uns trotz familiärer Differenzen alle sehr nahe. Ich sage immer: Merrick’s ist ein kleiner Clan außerhalb der Clans.« Er kicherte.
»Sehr witzig!«, murmelte Samantha.
»Bist du bei allen Zeugenbefragungen so diplomatisch?«, wollte Merrick wissen. »Du könntest von deinem Werwolffreund lernen. Guck mal, er zeigt noch nicht einmal Fell und Klauen.«
»Ich sehe keinen Grund, feindselig zu werden«, erklärte Logan ruhig. »Noch nicht.«
»Arrangier ein Treffen«, unterbrach Tain, und Samantha spürte, dass er ungeduldig wurde, konnte es beinahe an seiner Haltung sehen. »Melde dich bei Samantha auf dem Präsidium, wenn du einen Termin hast. Die Befragung ist beendet.«
Merrick betrachtete Tain einen Moment. Sein Blick sprach Bände. »Nicht ganz, mein Freund. Da ist noch etwas anderes.«
[home]
Kapitel 4
T ain musste hier raus. Wie Logan und Merrick es schafften, so ruhig dazusitzen, mit Samantha zwischen sich, war ihm ein Rätsel. Ihre schwarzgetönte Aura umgab sie wie Seide, und ihre kaffeebraunen Augen schienen entschlossen, ihn zu verführen. Sie unterdrückte ihre Dämonenseite absichtlich, weil sie ihr offenbar nicht gefiel, aber ihm entging dennoch die Finsternis in ihr nicht, die nur auf einen Vorwand wartete, um endlich in den Vordergrund zu treten.
Er wusste, dass Merrick sie ebenfalls sah, denn der Dämon starrte Samantha an, als wollte er sie verschlingen. Merrick hatte sie gestern Abend im Club schon gewollt und hartnäckig versucht, sich bei ihr einzuschmeicheln. Entsprechend hatte es Tain größtes Vergnügen bereitet, den Mann anzugreifen. Merrick blieb nur am Leben, weil Tain ihn befragen wollte.
»Was ist?«, fragte er Merrick gereizt.
Merrick stand auf und schlenderte zu dem Schreibtisch am anderen Ende des Zimmers, wo er einige Papiere durchblätterte, bevor er ein paar Blätter zu Samantha brachte.
»Die hier habe ich in den letzten paar Wochen bekommen. An Drohbriefe von Dämonenhassern bin ich gewöhnt und bringe sie pflichtbewusst alle zur Polizei. Aber diese hier sind anders.«
Samantha las die Schreiben durch, und ihre Augen weiteten sich. Dann reichte sie die Blätter an Logan weiter, der sie kurz überflog und unaufgefordert Tain gab.
Die Botschaft war simpel. Jedes einzelne Blatt war mit ausgeschnittenen Buchstaben aus Zeitungen beklebt und enthielt denselben
Satz: DEIN UNTERGANG NAHT .
»Wann kam der erste Brief?«, fragte Samantha.
»Vor zwei Wochen, am dreiundzwanzigsten August, um genau zu sein. Die anderen beiden trafen im Abstand von ungefähr fünf Tagen ein.«
Tain prüfte, ob die Papiere Magie enthielten, konnte jedoch keine entdecken. Sehr wohl fühlte er jedoch den Hass desjenigen, der die Buchstaben ausgeschnitten und aufgeklebt hatte. Andererseits hassten und fürchteten viele Leute Dämonen. Die Aura schien nicht sonderlich stark und eindeutig nicht magisch.
»Warum warnt man dich?«, fragte Logan. »Wenn sie hinter dir her sind, ist es doch unsinnig,
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