Dunkle Gefährtin
dich vorher noch zur Vorsicht zu mahnen.«
»Ich vermute, sie wollen mir Angst einjagen«, antwortete Merrick. »Was allerdings lächerlich ist, denn ich lasse mich ganz sicher nicht von ausgeschnittenen Zeitungslettern erschrecken. Ihr könnt die Briefe gern mitnehmen – falls ihr sie auf Fingerabdrücke untersuchen wollt oder was auch immer.«
»Hast du die Umschläge noch?«
Merrick holte sie. Alle waren in Los Angeles abgestempelt, auch wenn Tain nicht hinreichend mit der Stadt vertraut war, um
den Postbezirk zu erkennen.
Logan steckte sich die Briefe und Umschläge in die Tasche. Als sie gerade gehen wollten, rief Merrick nach Samantha und nahm sie beiseite.
Tain hatte nicht vor, ohne sie hinauszugehen, und Logan anscheinend auch nicht. Beide Männer warteten angespannt an der Tür, während Merrick auf Samantha einflüsterte.
Sie wurde rot, schien ansonsten aber nicht weiter verstört, als sie sich an Tain und Logan vorbei aus dem Zimmer drängte.
»Was wollte er?«, fragte Logan, sobald sie in den Sonnenschein hinaustraten.
Es war ein warmer Septembertag, und binnen weniger Minuten bildete sich ein dünner Schweißfilm auf Samanthas Oberlippe, den sie verärgert wegwischte. Am liebsten hätte Tain sie davon abgehalten, sich vorgebeugt und ihn ihr fortgeküsst.
»Nichts, was uns hilft.« Ihr schwarzes Haar schimmerte im Sonnenlicht, als sie den Wagen aufschloss.
Logan ließ nicht locker. »Und was hat er wenig Hilfreiches von sich gegeben?«
Sie sah zu Logan und Tain, und auf einmal lachte sie. »Ihr zwei könnt wohl kaum weniger Testosteron aktivieren, was? Es ging um meinen Vater, und nein, ich werde euch nicht verraten, was er gesagt hat.«
Logan öffnete die Fahrertür und fragte Tain: »Können wir dich irgendwo absetzen?«
Tain blickte erst das Auto an, dann Samanthas sonnenbeschienenes Haar und schließlich ihre Augen, in deren Winkeln sich winzige Fältchen zeigten. Offenbar war sie amüsiert. Er stellte sich vor, wie er hinter ihr im Wagen saß, ihren Duft einatmete und ihr Profil betrachtete, wenn sie sich zu Logan wandte. Und die ganze Zeit würde ihre dunkle Aura ihn genauso umwehen wie eben im Penthouse. Er würde sich darin verfangen und nie wieder herauswollen.
»Nein«, entgegnete er abrupt, wandte sich um und ging weg.
Die junge Dämonin nannte sich Nadia, weil die Menschen, die sie in den Clubs traf, diesen Namen mochten. Sie stand mit auf dem Rücken gefesselten Händen da und starrte verächtlich auf ihre Entführer, während sie besprachen, was sie mit ihr anstellen wollten. Das lange schwarze Haar hatten sie ihr abgeschnitten und weggeworfen, ihre Kleidung ebenfalls entsorgt.
Zuerst hatten sie ihr die Fähigkeit genommen, in ihre Dämonengestalt zu wechseln; inzwischen war sie geschwächt, und es war ihr viel zu übel, um mehr zu tun, als ihre Peiniger böse anzustarren. Und auf einmal verlangten sie, dass sie die Gestalt wandelte, aber weil sie es wollten, weigerte sie sich erst recht.
Dämonen zu töten war schwer, doch nicht unmöglich, und den Methoden nach, die sie aufzählten, hatten sie ihre Hausaufgaben gemacht: sie verbrennen, köpfen, ihr das Herz herausreißen. Nadia hielt ihren Kopf stolz in die Höhe, obwohl ihr vor Angst eiskalt war. Diesen Leuten war zuzutrauen, dass sie sie töteten.
Ihre Entführer trugen Masken, und das Zimmer war dunkel. Trotzdem wusste sie, dass es sich um zwei Frauen und einen Mann handelte. Draußen vor der Tür befanden sich noch mehr Männer, bewaffnete. Falls sie zu fliehen versuchte, würden die Kerle sie niederschießen, und auch wenn die Kugeln sie nicht umbrachten, setzten sie Nadia allemal außer Gefecht.
»Wir können sie als Warnung zurückschicken«, schlug eine der Frauen vor.
»Oder wir schicken ihren
Kopf
als Warnung«, knurrte der Mann.
»Wir haben sie mehr als genug gewarnt«, erwiderte die zweite Frau, die Nadia am unheimlichsten war. Ihre Stimme klang zu kalt und gefährlich. »Hören wir endlich auf, sie zu warnen, handeln wir!«
»Sind wir denn dazu bereit?«, fragte der Mann skeptisch.
»Bereit genug.«
»Macht schon, bringt mich um!«, provozierte Nadia sie. »Das hier wird allmählich langweilig.«
Der Mann, der sie bereits vergewaltigt hatte, packte das, was von ihrem Haar übrig war. »Wir machen, was wir wollen, Dämonenschlampe!«
Sie spuckte ihm ins Gesicht, worauf er sie zu Boden warf und trat. »Verwandle dich!«, raunzte er sie an. »Zeig uns, was du wirklich bist!«
Natürlich wollten
Weitere Kostenlose Bücher