Dunkle Gier: Roman (German Edition)
strich mit erdverschmierten Fingern über die Narben dort. Manchmal, wenn sie nachts schweißgebadet erwachte und zu schreien versuchte, aber keinen Ton herausbrachte, dachte sie, sie hätte Zacarias gerufen, damit er sie rettete. Ganz schwach konnte sie das Echo seines Namens in ihrem Kopf vernehmen, als hätte sie gerade mal seinen Namen über die Lippen gebracht. Nun war er hier und war ganz und gar nicht die Fantasiegestalt, die sie in ihrem Geist heraufbeschworen hatte.
Zacarias ängstigte sie auf eine elementare Weise, tief in ihrem Innern. In ihrer Seele. Sie drückte sich eine Faust aufs Herz, das so wild pochte, dass es außer Kontrolle zu geraten drohte. Er war ein gut aussehender Mann, hatte einen wunderbar gestählten Körper und schien alles zu sein, was eine Frau sich erträumen mochte, aber seine Augen … und sein Gesicht … Er war beängstigend, und alle mädchenhaften Fantasien, die sie im Stillen gehegt hatte, hatten sich aufgelöst, als sie ihm begegnet war.
Marguarita klopfte sich die Erde von den Kleidern und aus den Haaren und stieg langsam aus der unterirdischen Kammer. Sie durfte keine Spuren hinterlassen. Falls die Marionette eines Vampirs die Schutzzauber der Hazienda überwinden sollte, durfte keine Spur zu Zacarias’ Ruhestätte führen. Sorgsam schloss Marguarita die Falltür und fegte und wischte den Fußboden, aus Angst, dass Zacarias’ Blut entdeckt werden könnte. Es war äußerst schwierig, das Bett wieder an seinen Platz zurückzuschieben, aber sie schaffte es und zog die Decken sorgfältig zurecht.
Sie weigerte sich, über ihr Verhalten oder die Furcht nachzudenken, die sich auf heimtückische Weise in ihren Kopf einschlich. Sie hatte noch viel Arbeit und würde jedes noch so kleine Anzeichen dafür entfernen, dass Zacarias draußen im Freien oder im Haus gewesen war. Marguarita goss sich eine Tasse mate de coca auf, einen Tee aus Coca-Blättern, und nahm sich Zeit, das kleine Stärkungsmittel zu genießen, das sie benötigte, um weitermachen zu können.
Sie reinigte das ganze Haus, jedes Zimmer, ging mit dem Mopp über die Fußböden, wischte Staub und versprühte überall einen starken Zimtgeruch. Dann bewaffnete sie sich und ging hinaus, folgte der Schleifspur der Plane zurück zu den Ställen und entfernte alle Anzeichen, dass etwas Schweres durch das feuchte Gras gezogen worden war. In der Nähe des Stalls, wo Zacarias gesessen und dann gelegen hatte, um auf den Tod zu warten, war etwas von dem Gras versengt. Sorgfältig zupfte Marguarita jeden trockenen Halm aus.
Erschöpft trank sie eine weitere Tasse Tee und duschte dann und wechselte erneut die Kleider, die sie gründlich mit parfümierter Seife wusch, um jeden noch verbliebenen Geruch zu überdecken. Als sie endlich zufrieden und überzeugt war, ihr Möglichstes getan zu haben, ging sie hinaus, um mit dem Vieh zu helfen.
Cesaro entdeckte sie, als sie auf ihrer Lieblingsstute Sparkle aus dem Stall geritten kam. Er hatte das Gesicht zu einer grimmigen Miene verzogen und winkte ihr zu.
»Der älteste Bruder ist gekommen, nicht?«, begrüßte er sie, während er sein Pferd neben ihre Stute lenkte.
Marguarita sah keinen Grund, es abzustreiten. Außerdem hatte sie durch das Schließen der schweren Vorhänge schon signalisiert, dass sich ein de la Cruz im Haus aufhielt. Nur wenn einer der Hausherren da war, wurden die Vorhänge geschlossen. Und deshalb nickte sie Cesaro zu.
»Ich wusste es. Die Rinder und Pferde fühlen sich unwohl in seiner Gegenwart. Und du solltest vielleicht deine Tante in Brasilien besuchen.«
Marguarita zog fragend die Brauen hoch.
Cesaro zögerte, weil er offenbar nicht illoyal erscheinen wollte. »Er ist schwierig, Marguarita. Ganz anders als die anderen.«
Sie schrieb ein Fragezeichen in die Luft.
Cesaro seufzte. »Ich bin mir nicht sicher, wie ich es dir erklären soll. Ich lernte ihn vor vielen Jahren kennen, als ich noch ein Junge war. Er war der einzige Mann, der meinem Vater Angst einflößte – ihm und all den anderen Männern auf der Ranch. Und vor Kurzem, als wir deinen Vater verloren, als dieser …« Er unterbrach sich und zeigte auf ihren Hals. »Da war er sogar noch schlimmer geworden.«
Sie wiederholte das Fragezeichen.
Cesaro zuckte die Schultern, da ihm das Thema anscheinend unangenehm war. Er blickte sogar zum Haupthaus der Hazienda hinüber, als könnte Zacarias sie hören – und soweit Marguarita wusste, konnte er das vermutlich auch.
»Wenn als Gebrauchspferde
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