Dunkle Gier: Roman (German Edition)
Länder, um Polo zu spielen, verbrachte sehr viel Zeit damit, sich auf Videoaufnahmen zu bewundern, in Bars herumzusitzen, um zu trinken und Frauen aufzureißen, aber er hatte keine Zeit für seine Tiere. Er beschäftigte zwar Pferdepfleger, kümmerte sich jedoch kaum darum, ob sie ihre Arbeit erledigten oder nicht.
»Lass uns ins Haus gehen und etwas trinken und einen Termin ausmachen!«, schlug Esteban vor. »Ich weiß nicht, was diese Leute sich dabei denken, dich draußen herumlaufen zu lassen, wenn ein Jaguar hier herumstreift.« Ohne ihre Antwort abzuwarten, legte er ihr eine Hand auf den Rücken.
Marguarita stockte der Atem, als ein scharfer Schmerz sie jäh durchzuckte. Unter dem Vorwand, der Stute noch einmal den Hals zu klopfen, trat sie von Esteban zurück und nahm dann wieder Papier und Stift heraus.
Tut mir leid. Keine Zeit. Cesaro braucht mich. Wir treffen uns ein andermal.
Esteban setzte die gleiche finstere Miene auf, wie wenn seine jüngere Schwester Lea ihn ärgerte. Marguarita hatte es immer ziemlich drollig gefunden, doch jetzt fühlte sie sich bedrängt. Nichts lief heute, wie es sollte. Ihre Haut war zu empfindlich, und Esteban war ein leicht reizbarer Mann.
»Dein Vater würde dir nie erlauben, dich im Freien aufzuhalten, wenn Gefahr droht. Ich muss mit Cesaro Santos reden.«
Sein herrischer Ton verärgerte sie. Sie wusste, dass Esteban seine Schwester herumkommandierte und die Tendenz hatte, ihr gegenüber genauso autoritär aufzutreten. Normalerweise verdrehte sie nur die Augen und beachtete ihn nicht, aber heute war sie zu besorgt, dass jemand von Zacarias’ Anwesenheit erfahren könnte – und von ihrem Ungehorsam. Esteban hatte keine Ahnung, dass er sie ermunterte, ausgerechnet den Ort zu betreten, an dem das gefährlichste Raubtier schlief.
Wir alle arbeiten für unseren Lebensunterhalt , schrieb sie . Es ist sehr lieb von dir, dich um mich zu sorgen, doch ich wurde großgezogen, um diese Arbeit hier zu verrichten.
»Du wurdest großgezogen, um den Arm eines Mannes zu schmücken, Marguarita, und nicht, um zu schuften, bis du umfällst.« Ohne darauf zu achten, wie eifrig sie schrieb, fuhr er fort: »Erzähl mir von dem Trick, den du bei den Pferden anwendest! Beeinflusst du sie auf telepathischem Weg? Mit deinen Gedanken? Lea sagt, du könntest ohne Sattel oder Zaumzeug reiten und das Pferd ginge auf jeden deiner Wünsche ein.«
Marguarita war auf die Frage nicht gefasst und musste alles durchstreichen, was sie geschrieben hatte. Sie hasste das. Eine Unterhaltung war ein Dialog, bei dem mal der eine, mal der andere sprach, aber nur wenige Leute besaßen die Höflichkeit zu warten, bis sie ihre Antwort aufgeschrieben hatte. Was sehr frustrierend war. Sie versuchte, die Zeichensprache zu erlernen, doch sie arbeitete mit einem Buch, und nur Cesaro, Julio und Ricco versuchten, sie zu verstehen.
Meine Gegenwart beruhigt die Pferde irgendwie.
Es war mehr als das, doch sie wusste nicht, wie sie ihre Fähigkeit, sich mit einem Pferd zu verständigen, beschreiben sollte. Es war ihr immer gelungen, Tiere zu beruhigen und ihre Gefühle mit ihnen zu teilen, und sie reagierten schlicht und einfach nur in gleicher Weise.
»Kannst du auch einen Menschen beeinflussen?«
Ihr Blick flog zu seinem. Esteban betrachtete sie mit einem durchdringenden Blick. Unwillkürlich runzelte sie die Stirn, als sie die Antwort schrieb:
Wie könnte ich einen menschlichen Verstand manipulieren?
Ihr gefiel der Themenwechsel nicht. Es bereitete ihr immer Unbehagen, über ihre Gabe zu sprechen. Ihre Angehörigen vermieden es einfach, über ihre ungewöhnliche Fähigkeit zu sprechen. Sie freuten sich für Marguarita, dass sie mit den Tieren auf der Ranch arbeiten konnte, aber mit Pferden »zu sprechen« war unvertretbar in einer Welt, in der viele unerklärte Dinge einen üblen Ursprung haben konnten. Ihr Vater hatte sich kurz vor seinem Tod dafür zu interessieren begonnen, ob man es als »übersinnliche Fähigkeit« bezeichnen konnte oder nicht, doch seit er nicht mehr lebte, war es Marguarita ziemlich egal, in welche Schublade man ihre Gabe steckte.
»Nun geh nicht gleich in die Defensive!«, sagte Esteban beschwichtigend. »Lea und ich hatten einen kleinen Streit darüber. Sie meinte, du verständigst dich mit Pferden. Ich dachte, es sei vielleicht mehr eine Begegnung auf geistiger Ebene … dass du sie irgendwie dazu bringst, dir zu gehorchen, und das Gleiche möglicherweise auch bei Menschen bewirken
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