Dunkle Gier: Roman (German Edition)
könntest.«
Marguarita biss sich auf die Lippe, weil er der Wahrheit schon zu nahe kam.
»Ist es ein Familiengeheimnis, über das ich zufällig gestolpert bin?«, fragte er mit unverhohlener Belustigung in der Stimme.
Familiengeheimnisse hatte sie viele, und im Vergleich zu anderen war dieses hier nur winzig klein. Sie merkte, dass ihre Laune immer schlechter wurde, weil sie sich nicht mit Esteban und seinem irritierenden Charme befassen wollte, wenn sie mit einem Angriff von Vampiren oder deren Marionetten rechnen mussten.
Es tut mir leid, Esteban, schrieb sie . Ich habe jetzt wirklich keine Zeit für diese Unterhaltung. Ich muss wieder an die Arbeit. Ich hoffe, du verstehst. Wir können einen anderen Tag ausmachen, um uns deine Pf erde anzusehen.
Um sicherzugehen, dass er verstand, dass das »Gespräch« damit für sie beendet war, steckte sie Block und Stift mit Nachdruck in die Tasche zurück, nachdem er ihre Worte gelesen hatte.
Er bedachte sie mit einem ärgerlichen Blick. »Ich finde, dass dein Benenehmen sehr zu wünschen übrig lässt, Marguarita. Dein Unfall gibt dir nicht das Recht, unhöflich zu sein.«
Er war ihr plötzlich viel zu nahe. Sie konnte die eisige Wut spüren, die von ihm ausging. Der Stall war auf einmal viel zu klein und viel zu weit entfernt von allen anderen Arbeitern auf der Ranch. Esteban bedrängte sie, bis sie es nicht mehr aushielt und zurücktrat.
»Marguarita.« Die harte Männerstimme ließ beide zum Eingang herumfahren.
Marguarita atmete erleichtert auf.
Julio Santos saß auf seinem Pferd und hielt die scharf blickenden dunklen Augen auf Esteban gerichtet. Er streckte Marguarita eine Hand hin. »Du wirst gebraucht. Komm mit!«
Sie zögerte nicht, um Esteban herumzugehen und Julios Hand zu ergreifen. Er zog sie hinter sich aufs Pferd. Marguarita erwartete, dass er gleich wieder losreiten würde, aber er blieb ruhig im Sattel sitzen und musterte Esteban. Für einen langen, angespannten Moment beäugten sich die beiden Männer schweigend.
»Alles in Ordnung, Marguarita?«, fragte Julio dann.
Sie schlang ihm die Arme um die Taille, legte den Kopf an seinen Rücken und nickte, damit er die Bewegung spüren konnte. Wieder reagierte ihre Haut mit diesem eigenartigen Brennen, als sie mit Julio in Berührung kam. Sie zog den Kopf zurück und winkte Esteban zu, als wäre alles in Ordnung, und ohne nachzudenken, drängte sie das Pferd im Geiste, den Stall so schnell wie möglich zu verlassen. Julio war nicht vorbereitet auf die plötzliche Bewegung, aber er war ein exzellenter Reiter und bewegte sich mit dem Tier.
»Das nächste Mal warnst du mich.«
Sie umfasste Julios Taille noch fester, um sich zu entschuldigen.
»Vater schickt mich. Er will Esteban nicht auf der Hazienda haben. Vater bedrängt mich immer noch mit der Idee, dass aus uns beiden was werden soll. Ich musste mir mal wieder einen seiner verdammten Vorträge darüber anhören, wie ich mir einen solchen Schatz wie dich entgehen lassen kann.« Er tätschelte ihr mit seinen behandschuhten Fingern die Hand. »Hat er das auch bei dir gemacht?«, fragte er mit unüberhörbarem Mitgefühl in der Stimme.
Marguarita nickte an seinem Rücken. Das fürchterliche Brennen war diesmal noch schlimmer und erstreckte sich bereits auf ihre Arme, obwohl ihre Haut dort von dem Stoff der Bluse bedeckt war. Voller Unbehagen lockerte Marguarita den Griff und benutzte ihre Knie, um sich festzuhalten. Julios Pferd war so ruhig, dass wahrscheinlich nicht mal diese Vorsichtsmaßnahme nötig war.
Julio brachte sie immer zum Lachen. Sie liebte ihn wie einen Bruder und hegte keinen Zweifel, dass er sie genauso fürsorglich und innig liebte – vielleicht sogar noch mehr. Julio war einer der besten Männer, die sie kannte. Aber sie waren von Geburt an zusammen aufgewachsen, und wann immer jemand meinte, sie würden auch ein großartiges Paar abgeben, schütteten sie sich darüber aus vor Lachen. In letzter Zeit jedoch, seit Esteban in Erscheinung getreten war, versuchte Cesaro, sie so aufdringlich zusammenzubringen, dass es richtig unangenehm wurde.
»Ich habe mich bemüht, es ihm zu erklären, aber er sorgt sich, seit dein Vater nicht mehr lebt. Esteban passt nicht in unsere Welt.«
Sie nahm Stift und Block heraus. Zum Glück war die Gangart des Pasos so geschmeidig, dass das Schreiben keine Mühe machte.
Er kann keine Geheimnisse bewahren, geschweige denn ein so großes wie das der Brüder de la Cruz.
Falls sie jemanden von
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