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Dunkle Halunken: Roman (German Edition)

Dunkle Halunken: Roman (German Edition)

Titel: Dunkle Halunken: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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nicht länger ertragen als unbedingt nötig.
    Mit dem Verkehr dicht über dem Kopf zog, drückte und hebelte er sehr gründlich, bis alles richtig aussah. Doch als er die Leiche der jungen Frau in der Ecke in Stellung brachte, seufzte sie, und ihr Kopf bewegte sich. Dodger dachte: Wenn so etwas geschieht, kann man froh sein, in einem Abwasserkanal zu stehen. Es hatte nichts zu bedeuten. Er wusste, dass Tote manchmal recht laut sein konnten, wie Missus Holland gesagt hatte. Mit all den Gasen und so weiter sprachen Leute manchmal noch nach ihrem Tod. Dodger öffnete den vorbereiteten Beutel, der Kampfer und Cayennepfeffer enthielt – das sollte die Ratten lange genug fernhalten.
    Er trat zurück, betrachtete das Ergebnis seiner Bemühungen und war froh, sehr froh, dass er so etwas nie wieder tun musste. Und dann gab es nichts mehr zu tun, abgesehen davon, die Handschuhe einzupacken, und er achtete darauf, die Kanalisation ein ganzes Stück vom Tatort entfernt zu verlassen, wenn man die Stelle so nennen konnte. Er fand eine Pumpe und wusch sich die Hände mit Londoner Wasser, das verdächtig blieb, solange man es nicht abkochte, aber gute alte Laugenseife war ein zuverlässiger, wenn auch ätzender Helfer. Dann schlenderte Dodger nach Seven Dials zurück und gebärdete sich wie ein junger Mann, dem es Freude bereitete, im Sonnenschein spazieren zu gehen, der an diesem Tag ein bisschen seltsam war, als gehe weiter oben in der Luft irgendetwas vor sich.
    Er bekam kaum Gelegenheit, darüber nachzudenken, denn als er zu Hause eintraf, warteten dort zwei Peeler auf ihn, und einer von ihnen sagte: »Sir Robert würde gern mit dir reden, Bübchen.« Er schnupperte und sah den Rest von Lavendel, den Dodger mitgebracht hatte, denn in der Nähe von Onan war so etwas immer willkommen. »Blumen für dein Mädchen, wie?«
    Dodger achtete nicht darauf, aber er hatte mit so etwas gerechnet, denn wenn die Peeler einmal Interesse bekundet hatten, blieben sie interessiert – vielleicht dachten sie, dass man früher oder später jeden Widerstand aufgeben und alles gestehen würde. Man konnte es für ein Spiel halten, und das Schlimme war: Wenn sie es spielten, gaben sie sich wie Freunde. Als der aufrechte Bürger, der Dodger war, ging er mit den beiden Männern nach Scotland Yard, stolzierte dabei aber wie ein Geezer, und alle konnten sehen, dass er die beiden Peeler nicht freiwillig begleitete – schließlich hatte er einen Ruf zu wahren. Es war schlimm genug, ein offizieller Held zu sein; noch viel schlimmer wäre es gewesen, aus freien Stücken zum Hauptquartier der Peeler zu marschieren. Es geschah nicht zum ersten, dritten oder zehnten Mal, dass die Peeler glaubten, Dodger am Wickel zu haben, aber sie waren jedes Mal schief gewickelt.
    Sir Robert Peel wartete auf ihn. Dodger traute ihm noch immer nicht – er sah aus wie ein gelackter Typ, hatte aber so etwas wie Straßenschläue in den Augen. Der oberste Peeler musterte ihn und fragte: »Haben Sie jemals von einem gewissen Ausländer gehört, mein Freund?«
    »Nein«, log Dodger nach dem Prinzip, dass man einem Polizisten, wenn es sich vermeiden ließ, nie die Wahrheit sagte.
    Sir Robert musterte ihn mit ausdruckslosem Blick und wies darauf hin, dass Europas Polizeikräfte den Ausländer gern hinter Gittern sähen – oder noch besser am Galgen. »Er ist ein Mörder, ein Mann mit einem Verstand, scharf wie seine Messer. Nach allem, was wir in Erfahrung gebracht haben, forscht er nach dem Aufenthaltsort von Miss Simplicity und damit auch dem Ihren. Wir beide kennen die Hintergründe dieser Angelegenheit, und ich gehe davon aus, dass irgendwo irgendjemand sehr ungeduldig wird, wie die Ermordung des Schlauen Bob und seines … Mitarbeiters zeigt. Die Zeit scheint knapp zu werden, Mister Dodger. Sie sollten wissen, dass die britische Regierung nach Meinung vieler nichts falsch machen würde, wenn sie beschlösse, eine durchgebrannte Ehefrau zu ihrem Ehemann zurückzuschicken.« Er schniefte. »So abscheulich das für uns, die wir den Hintergrund der traurigen Geschichte kennen, auch sein mag. Die Uhr tickt, mein Freund. Den maßgebenden Persönlichkeiten gefällt es nicht, wenn man immer wieder ihre Pläne durchkreuzt, und an dieser Stelle möchte ich hinzufügen, dass ich mich selbst zu diesem Personenkreis zähle.«
    Dodger hörte ein leises Trommeln, senkte den Blick und stellte fest, dass die Finger von Sir Roberts linker Hand auf einen Stapel vertraut wirkender Dokumente

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