Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dunkle Halunken: Roman (German Edition)

Dunkle Halunken: Roman (German Edition)

Titel: Dunkle Halunken: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
erkannten Dodgers ans Dunkel gewöhnte Augen das Stilett in der Hand des Mannes. Es war die Waffe eines Meuchelmörders – ein anständiger Mörder verwendete so etwas nicht. Der Gedanke kam ganz plötzlich: Für ihn, Dodger, gab es hier unten nichts zu befürchten. Dies war seine Welt, und er fühlte, dass die Lady ihm half, er spürte es deutlich. Nein, derjenige, der hier Angst haben sollte, war der Mann, der dort durch die Finsternis schlich, wo Dodger ihn sehen konnte … Und Dodger stürzte sich auf ihn und drückte ihn zu Boden. Ob Meuchelmörder oder nicht – es war schwierig, von einem Dolch Gebrauch zu machen, wenn man im Schlamm eines Abwasserkanals lag und Dodger auf dem Rücken hatte.
    Er war ein sehniger Junge, aber es gelang ihm, den Mann so festzuhalten, als wäre er am Boden festgenagelt, und er schlug dabei auf alles ein, worauf sich einschlagen ließ. Dodger hielt ihm kalten Stahl an die Kehle und flüsterte: »Wenn du etwas über mich weißt, so sollte dir klar sein, dass du Sweeney Todds Rasiermesser an deiner Kehle fühlst. Es ist sehr scharf, und wer weiß, was es alles schneiden könnte?« Er gestattete es dem Mann, für einen Moment wenigstens Mund und Nase aus dem Schlamm zu heben, und fügte hinzu: »Ich muss schon sagen, ich habe mehr erwartet als dies. Na los, heraus mit der Sprache!«
    Der Mann unter ihm spuckte Dreck und etwas Haariges, das einmal Teil einer Ratte gewesen sein mochte. Er wollte etwas sagen, aber Dodger verstand ihn nicht. »Wie war das? Drück dich deutlicher aus!«
    Woraufhin eine Stimme erklang, die Stimme einer Frau. »Guten Abend, Mister Dodger. Wenn Sie genau hinsehen, werden Sie feststellen, dass ich eine Pistole in der Hand halte, eine ziemlich gute noch dazu. Sie werden sich nicht bewegen, während mein Freund hier aufhört, sich auf so unangenehme Weise zu übergeben, wonach er vermutlich das mit Ihnen anstellen möchte, was Sie gerade mit ihm anstellen. Bis dahin werden Sie sich nicht von der Stelle rühren, denn ich schieße, wenn auch nur ein Muskel zuckt, und später werde ich Ihre junge Freundin töten … Übrigens kann ich nicht behaupten, diesen Herrn besonders zu mögen. Er ist nicht unbedingt der beste Assistent, den ich je hatte. Oje, oje, warum glauben nur alle, dass der Ausländer ein Mann ist?« Die Eigentümerin der Stimme trat näher, woraufhin Dodger sie und ihre Pistole erkannte.
    Kein Zweifel, der Ausländer war schön, das ließ sich selbst in der Dunkelheit erkennen. Die Fremde sprach fließend Englisch, aber es ließ sich ein leichter Akzent vernehmen, den Dodger einzuordnen versuchte. China? Nein. Irgendein Land in Europa? Vielleicht. Die Pistole in seinem Stiefel fiel ihm ein, Solomons Pistole, vorgesehen für einen Plan, der inzwischen völlig unnütz war, und er fragte: »Entschuldigen Sie, Miss, aber warum wollen Sie Simplicity töten?«
    »Weil ich dann ziemlich viel Geld bekomme, junger Mann. Das wissen Sie doch, oder? Was Sie betrifft … Ich habe keinen Streit mit Ihnen, obwohl Hans – wenn er wieder stehen kann – vermutlich ein kurzes, ein sehr kurzes Gespräch mit Ihnen führen möchte. Wir müssen warten, bis sich der arme Kerl erholt hat.«
    Die junge Frau – der Ausländer sah aus wie eine junge Frau, nicht älter als Simplicity, schien aber, das musste Dodger zugeben, ein wenig schlanker zu sein – schenkte ihm ein bezauberndes Lächeln. »Es wird nicht lange dauern, Mister Dodger. Und worauf starren Sie so – außer auf mich?«
    Dodger verschluckte sich fast an seiner Zunge. »Oh, Miss, ich starre nicht, ich bete nur zur Lady.« Er betete tatsächlich, aber er beobachtete auch, wie sich die Schatten bewegten.
    »Ah ja, ich habe von ihr gehört … der Madonna der Kanalisation, der Göttin Cloacina, der Herrin der Ratten, und ich sehe hier heute Abend viele Mitglieder ihrer Gemeinde«, sagte die Ausländerin.
    Hinter ihr bewegten sich die Schatten erneut. Und die Hoffnung, die kurz zuvor verschwunden war, kehrte zurück. Dodger achtete darauf, sich nichts davon anmerken zu lassen.
    »Sie müssen sehr an sie glauben, wenn Sie sich von der Dunkelheit Hilfe erhoffen. Aber ich fürchte, es sind mehr als ein paar Ratten nötig, um Sie noch zu retten, ganz gleich, wie hoffnungsvoll Sie in die Finsternis spähen …«
    »Jetzt!«, rief Dodger, und das recht dicke Holzstück in Simplicitys Händen flog bereits, traf die Ausländerin am Hinterkopf und warf sie zu Boden. Dodger sprang und rutschte, schnappte sich

Weitere Kostenlose Bücher