Dunkle Küsse: Ein Vampirthriller (German Edition)
genervt klingt. » Das ist deine Überraschung?«
Seine Mundwinkel sinken herab. »Ich weiß, du verstehst dich nicht besonders mit Gloria, aber das ist eine große Sache. Sie wünscht sich, dass du dabei bist. Betrachte es als Friedensangebot.«
Gloria ist an der Tür und versucht, uns zu belauschen. Ein Spannungsgefühl in den Schultern lässt bei mir den Alarm schrillen. Das und das dümmliche Lächeln, das sich plötzlich über Davids Gesicht breitet.
»Und Max ist natürlich auch eingeladen, falls er gerade in der Stadt ist.«
Obwohl ich damit gerechnet habe, zucke ich zusammen, als ich ihre Stimme von der Tür her höre, und das ist ein guter Hinweis darauf, welche Wirkung sie auf mich hat. Sie trübt alle meine Sinne, da ist nur dieser überwältigende Abscheu. Ich spare mir die Mühe, mich mit meinem Sessel zu ihr herumzudrehen. David jedoch springt auf wie ein begeistertes Hündchen und bedeutet ihr, sich auf seinen Platz zu setzen. Sie lässt sich am Schreibtisch nieder.
Wir sitzen einander gegenüber. Wenn ich nicht so tun will, als sei ich blind, bleibt mir nichts anderes übrig, als den Blick zu heben. Ich muss zu ihr aufschauen. Sogar im Sitzen ist sie groß. Meine Schultern beginnen sich wieder zu verkrampfen.
Als ich Gloria zuletzt gesehen habe, waren ihr Haar und ihre Augen dunkel. Heute bringen haselnussbraune Kontaktlinsen kastanienbraunes Haar mit silbrigen Highlights zur Geltung. Das Gesicht jedoch ist das gleiche geblieben, herzförmig und zart mit makelloser Haut, deren Strahlen noch von kunstvollem Make-up hervorgehoben wird – sehr subtilem Make-up. Nur eine Frau mit kritischem Blick würde die künstliche Farbe bemerken. Ich starre zu ihr hinüber und suche nach einem Makel.
Nicht einmal ein winziges Lachfältchen.
Sie weiß, was ich gerade tue. Sie sitzt reglos da und lässt mich Inventur machen. Sie trägt eine schwarze Hose und einen Pullover in Jadegrün. Er ist eng. Das muss er wohl sein, denn man will ja schließlich etwas haben von den teuren Implantaten.
Ich mache mir eine geistige Notiz, sie in dreißig Jahren mal zu besuchen, wenn sie sechzig ist und ich – noch genau so wie jetzt.
Über diesen Gedanken könnte ich lächeln, wenn ich die Frau nicht so sehr hassen würde.
Sie hingegen lächelt geradezu idiotenhaft, als würde ich sie nicht mit giftiger Miene anstarren. »Hallo, Anna. Du siehst viel besser aus als neulich. Dein Haar ist gekämmt. Nun, gewissermaßen.«
Jeder Muskel in meinem Körper spannt sich zum Angriff. Als Gloria mich das letzte Mal gesehen hat, lag ich im Krankenhaus und erholte mich gerade davon, dass mich jemand geschlagen, vergewaltigt und in einen Vampir verwandelt hatte. Wie nett von ihr, sich daran zu erinnern, wie schrecklich ich damals aussah.
Mein Kiefer verkrampft sich. Das ist vermutlich besser so, denn es zwingt mich, die wenig höfliche Erwiderung herunterzuschlucken, die mir schon auf der Zunge liegt.
David springt in die Bresche. »Gloria, Anna war damals schwer verletzt. Weißt du das nicht mehr?«
Sein Tonfall klingt tadelnd, doch seine Miene sagt alles darüber, was er für sie empfindet. Er ist so verdammt verliebt, dass er es in ganzen Wolken ausstrahlt, genau wie ihr grässliches Parfüm.
Es ist ekelhaft.
Sie neigt den Kopf zur Seite, als höre sie ihm zu, doch sie unterbricht unseren Blickkontakt keine Sekunde lang. »Ach ja, richtig. Dann hat sie sich mit diesem Arzt eingelassen, der sie im Krankenhaus behandelt hat. Wie ich höre, hat er nicht lange danach gekündigt und ist verschwunden. Und was ist mit Max? Hast du ihn in letzter Zeit mal gesehen?«
Ihre Andeutungen sind offensichtlich. Mir steht ein lebhaftes Bild davon vor Augen, wie ich Gloria auf den Teppich schleudere und an ihrem Hals herumnage wie ein Hund an einem Knochen. Diese Vorstellung bringt mich tatsächlich zum Lächeln.
»Max habe ich erst letzte Nacht gesehen«, erwidere ich.
»Tatsächlich?« Eine perfekt in Form gezupfte Augenbraue hebt sich gen Himmel. »Wie geht es ihm?«
»Gut.« Aber er hat sich nicht nach dir erkundigt.
Sie streckt die Hand aus, und David greift sofort danach. »Dann können wir euch ja beide bei der Eröffnung erwarten. Das wird ein toller Abend. Jede Menge Prominenz, jede Menge gutes Essen.« Sie lächelt mit tödlicher Lieblichkeit. »Ach, und ich habe einen Freund hier in der Stadt, der Modedesigner ist. Ich habe ihm schon Bescheid gesagt, dass du vermutlich ein Kleid brauchen wirst. Du hast Größe achtunddreißig,
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