Dunkle Küsse: Ein Vampirthriller (German Edition)
nicht?«
Herr im Himmel, ich hatte mal achtunddreißig, vor der Flüssig-Protein-Diät. Sie kann den Unterschied zu früher sehr wohl erkennen. Jeder erkennt den Unterschied. »Vierunddreißig.«
»Tatsächlich?« Ihr Tonfall kippt von Ungläubigkeit zur Fassungslosigkeit hinüber.
Mein Kiefer verkrampft sich erneut. »Und ich werde auch allein ein Kleid finden, danke.«
Ich erkenne meinen Fehler, sobald die Worte heraus sind.
Gloria ebenfalls. »Wunderbar. Du kommst also.« Sie blickt unter flatternden, getuschten Wimpern hervor zu David auf. »Siehst du, ich habe es dir doch gesagt. Jetzt brauchst du dir keine Sorgen mehr zu machen, dass du auf der Party niemanden kennst. Anna wird ja da sein.« Ein blitzender Blick trifft mich. »Und Max auch, hoffe ich.«
Mein Handy klingelt und erspart mir eine Antwort. Ich tauche die Hand in meine Tasche und klappe das Handy auf.
»Anna Strong.«
»Anna, hier ist Williams.«
Ich stehe vom Schreibtisch auf und wende den beiden Turteltäubchen den Rücken zu. »Rufst du wegen heute Morgen an?«
»Nein. Ich dachte mir, da ich nichts von dir gehört habe, muss entweder Fisher tot sein oder du.«
Trotzdem schlägt er einen lockeren Tonfall an.
»Danke. Ich weiß dein Vertrauen in mich sehr zu schätzen.«
»Also, eigentlich rufe ich wegen Max an.« Nun klingt er ernst, der belustigte Unterton ist verschwunden. »Ich habe mich mit Max’ Chef bei der Drogenbehörde unterhalten. Er schickt jemanden zu mir ins Polizeihauptquartier, in einer halben Stunde. Er meint, du solltest mit seinem Mann sprechen.«
Mein Herz beginnt alarmiert zu pochen. »Warum?«
»Max hat sich seit über einem Monat nicht bei ihnen gemeldet. Er hat gekündigt. Sie fürchten, er könnte Martinez auf eigene Faust verfolgen.«
Ich weiß nicht, was mich mehr schockiert – dass Max bei der DEA gekündigt hat oder die Vorstellung, er könnte als abtrünniger Agent Selbstjustiz üben.
Beides ist schlicht lächerlich. Damit platze ich beinahe laut heraus, kann mich aber noch bremsen. Gloria und David beobachten mich. Ich spüre es, und als ich mich umdrehe, begegne ich tatsächlich Davids neugieriger Miene, während Glorias Gesicht die tiefempfundene Hoffnung ausstrahlt, dieser Anruf möge mich für lange Zeit irgendwo anders hin beordern.
»Ich komme gleich.« Ich klappe das Handy zu. »Entschuldigt mich. Ich muss los. David, ich schaue später noch mal rein, ja?«
Er öffnet den Mund, doch ich bin zur Tür hinaus, ehe er ein Wort sagen kann. Was ich noch höre, ist Gloria, die leise murmelt: »Immer dasselbe.«
Ich hasse diese Schlampe.
Kapitel 7
M ax als Abtrünniger, als gefährlicher Einzelgänger? Das ist schon mehr als lächerlich. Trotzdem habe ich ja gemerkt, dass etwas nicht stimmt, als ich ihn letzte Nacht gesehen habe. Ich dachte, er sei nur todmüde und erschöpft. Vielleicht hatte er auch ein schlechtes Gewissen, weil er mir etwas so Wichtiges verheimlicht hat wie seine Kündigung bei der Drogenbehörde. Vor allem, falls er jetzt auf eigene Faust hinter Martinez her sein sollte.
Warum sollte er mir so etwas verschweigen?
Die Fahrt vom Büro zum Hauptquartier des San Diego Police Department ist nicht weit. Aber der morgendliche Berufsverkehr ist zäh, und ich komme nur langsam voran. Ich habe also mehr als genug Zeit, um mir alle möglichen Szenarien auszudenken, die Max’ Handlungsweise erklären könnten. Aber keines davon ergibt irgendeinen Sinn.
In der Lobby des Polizeihauptquartiers ist es ruhig, als ich endlich eintreffe. Und am Empfang erwartet mich ein vertrautes Gesicht – Officer Ortiz, ein Vampir, der für Williams arbeitet. Ich weiß nicht, wie alt er in Vampirjahren ist, weil wir nie Gelegenheit hatten, uns über so etwas zu unterhalten, aber nach menschlichen Maßstäben sieht er wie Anfang zwanzig aus, eins fünfundsiebzig groß, schlanke achtzig Kilo. Er ist irgendwie niedlich, mit einer Adlernase, dunklem Haar, dunklen Augen, olivbraunem Teint und hohen Wangenknochen. Die einzigen Falten in seiner Uniform sind gerade und akkurat gebügelt und genau da, wo sie hingehören.
»Stehst du eigentlich die ganze Nacht an diesem Empfang?«
Er begrüßt mich auf seine übliche, ritterliche Latino-Art, mit einer angedeuteten Verbeugung und einem Lächeln. »Guten Morgen, Anna. Williams erwartet dich bereits.« Obwohl wir allein sind, beugt er sich verschwörerisch vor und fügt leise hinzu: »Gute Arbeit heute Morgen. Ich nehme an, dir ist nichts passiert?«
Ich
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