Dunkle Küsse: Ein Vampirthriller (German Edition)
tätschele meinen Bauch. »Ich habe nur heftige Verdauungsstörungen.«
Er nickt. »Ich verstehe. Reinige dich, sobald du kannst.«
Fishers Blut strudelt in meinem Körper herum. Ich würde nichts lieber tun, als es möglichst rasch wieder loszuwerden. Von Ortiz zu trinken würde zumindest den üblen Geschmack aus meinem Mund vertreiben. Mir steht ein Bild vor Augen, wie ich hinter dem Empfang über ihn herfalle und ein paar Knitterfalten in diese perfekt gebügelte Hose drücke. Ich beuge mich ebenfalls vor. »Ist das ein Angebot? Wenn ja, könnte ich es mir direkt überlegen.«
Er hat mein geistiges Bild aufgefangen, grinst und hebt die Hand. »Ich fürchte, meine Freundin wäre damit nicht einverstanden. Nicht einmal, wenn ich ihr erkläre, dass ich damit nur einer Kollegin einen Gefallen getan habe.« Er reicht mir den Zugangscode und weist energisch auf den Aufzug. »Ich werde Chief Williams verständigen, dass du auf dem Weg zu ihm bist.«
Deine Freundin, so? Aus reiner Neugier stelle ich die nächstliegende Frage. Vampir oder menschlich?
Menschlich. Er ahmt meine Geste von gerade eben nach und tätschelt sich den Bauch. Hält mich bei Kräften und sorgt dafür, dass ich mich nicht auf der Straße herumtreibe. Du solltest dir auch etwas Festes suchen, Anna.
Ich fürchte, Ortiz ist in den »Besorgen wir Anna einen eigenen Menschen«-Club eingetreten. Einen weiteren Vortrag kann ich jetzt nicht gebrauchen. Ich wehre ihn ab, indem ich übertrieben schwer seufze. Schon gut, schon gut. Bin unterwegs.
Ich spüre seine Belustigung, die mir bis zum Aufzug folgt. Als die Türen im obersten Stock wieder aufgleiten, wartet Williams schon auf mich. Er ist allerdings nicht belustigt. Er runzelt finster die Stirn.
»Wann hast du Max zuletzt gesehen?«, fragt er ohne einleitende Floskeln.
Ich zügle mich, ehe ich mit der Antwort herausplatzen kann. »Warum?«
Er bedeutet mir, ihm in sein Büro zu folgen. Er läuft jetzt im formellen Polizeichef-Modus und trägt einen grauen Maßanzug, weißes Hemd und eine graugestreifte Seidenkrawatte. Ich spüre, wie er in meinen Geist vorzudringen versucht, aber ich habe schon in meinen frühesten Tagen als Vampir gelernt, wie ich meine Gedanken vor anderen verschließen kann, wenn es nötig ist.
Was einer so alten, mächtigen Seele wie Williams aber auf gewisse Weise ebenfalls viel sagt. Er wartet, bis wir beide sitzen, ehe er bemerkt: »Es kann noch nicht lange her sein, sonst hättest du mich nicht gebeten, mich nach ihm zu erkundigen. Na ja, vielleicht ist es besser, du sagst es mir nicht. Das FBI hat dich auf der schwarzen Liste seit der Sache mit deiner Nichte.«
Das ist nichts Neues. Ich frage mich, warum er das jetzt erwähnt.
Diesen Gedanken fängt er auf. »Ich werde mich nicht in Max’ Angelegenheiten einmischen, Anna. Das überlasse ich dir allein.«
Es überrascht mich nicht, dass sie mich beim FBI nicht mögen. Ich habe einen ihrer Agenten hinter Gitter gebracht, hoffentlich lebenslänglich. Williams’ letzte Aussage hingegen ist sehr überraschend. Er wollte mich bisher nie von der Leine lassen, wenn er nicht in der Nähe sein konnte, um den Schaden zu begrenzen. »Gibt es dafür einen bestimmten Grund?«
Brauchst du meine Hilfe?
Darüber muss ich einen Moment lang nachdenken. Einen Verbündeten bei der Polizei zu haben, vor allem einen so einflussreichen, nehme ich inzwischen fast als selbstverständlich hin. Doch dies hier ist nicht die Wächter-Organisation. In den meisten Dingen handle ich nach meiner eigenen Meinung, und das könnte Williams in eine gefährliche Lage bringen. Bis jetzt hat er sich noch nicht zwischen seinem Job und mir entscheiden müssen, obwohl die Sache mit Trish schon nahe dran war. Ich will nicht, dass so etwas wieder geschieht. Niemals.
Ich weiß nicht, was mit Max los ist. Das ist die Wahrheit. Ich habe kein Problem damit, mich allein mit dem FBI auseinanderzusetzen. Weißt du etwas über den Agenten, den sie herschicken? Ist es denn wahrscheinlich, dass er mir irgendetwas sagen wird?
Williams schüttelt den Kopf. Ich weiß nur, dass er Foley heißt. Er wirft einen Blick auf seine Uhr. Und dass er jeden Moment hier sein müsste.
Wir vertreiben uns die Wartezeit, indem wir uns über Fisher und die Ereignisse am Strand unterhalten. Williams ist zufrieden damit, wie ich die Sache gelöst habe, was an sich schon ein großes Kompliment ist. Er lenkt das Gespräch gerade auf ein anderes Thema, wieder einmal Avery, als sein Telefon
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