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Dunkle Materie

Dunkle Materie

Titel: Dunkle Materie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aner Shalev
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dass es damit geschehen war, von dem Moment an, als er sie als seine Frau bezeichnete, war er ihr gegenüber verpflichtet, wenigstens vor dem Portier, er zumindest würde sie als Mann und Frau wiedererkennen, und bevor er wusste, ob das gut oder schlecht war, öffnete der Portier einen kleinen Schrank über derTheke und reichte ihm fünf Beutel Kräutertee und sagte, es gibt noch mehr, wenn Sie ihn brauchen, und Adam sagte, danke, fünf Beutel reichen vorläufig, und der Portier sagte, Sie müssten eigentlich einen Wasserkocher im Zimmer haben, aber wenn es damit ein Problem gibt, sagen Sie mir Bescheid, ich bin hier, ich gehe nicht mal raus, um Luft zu schnappen.
    Als er, die Teebeutel in der Hand, die Treppe hinaufstieg, fiel ihm ein, dass er Eva vielleicht nicht sagen würde, dass die Teebeutel vom Hotel waren und er nicht noch einmal hinausgegangen war, und er blieb zwischen dem dritten und vierten Stock eine Weile stehen und schaute auf die Uhr, als würde er bei jeder zusätzlichen Minute Punkte gewinnen, seine Opferbereitschaft vergrößern, aber nach zwei Minuten kam ihm dieses Spiel lächerlich vor, und er stieg die beiden letzten Stockwerke hoch und ging ins Zimmer, und sie sagte, bist du schon zurück? Sie war fast enttäuscht, und wieder überlegte er, ob er ihr wirklich sagen solle, wo der Tee her war, aber dann fiel ihm ein, dass er versprochen hatte, sie nie anzulügen, und sagte, der Portier hat mir die Teebeutel gegeben, und sie sagte, das ist wundervoll. Sie stieg aus dem Bett und umarmte ihn langsam, noch halb schlafend, wie eine Fee, und die Weichheit ihres Körpers in seinen Armen verblüffte ihn, er wusste, er würde diesem Körper nie widerstehen können, und sie sagte, du bist ganz nass, und er sagte, ja, und sie sagte, wieso? Du bist doch nicht hinausgegangen, und er sagte, es sind die Sachen von vorhin, und sie fragte, hast du wieder das gleiche Zeug angezogen? Sie klang verwundert, fast enttäuscht, als hinge ihre Liebe zu ihm davon ab, dass er nie wieder die gleichen Sachen anziehen würde.
    Ich koche dir Tee, sagte er, und sie sagte, koch für uns beide, und er sagte, du hast recht, es würde mir auch nicht schaden, und sie fragte, war es schwer, den Tee zu bekommen? Und er sagte, nein, ich sagte zum Portier, meine Frau ist krank, und da holte er sofort Teebeutel aus dem Schrank.
    Eva schwieg plötzlich und Adam füllte Wasser in den elektrischen Wasserkessel und schaltete ihn an, sie schwieg noch immer, und er fragte, ist etwas passiert? Auch jetzt sagte sie kein Wort, und er sah, dass ihre Augen voller Tränen waren, und beschloss, keine Affäre daraus zu machen und den Tee zuzubereiten, als hätte er es nicht gemerkt, doch als er ihr die Tasse Tee ans Bett brachte, rührte sie sie nicht an, und er saß neben ihr, mit seiner Tasse Tee, und fing an zu trinken, als müsste man ihr das demonstrieren, als müsste man ihr zeigen, wie man Tee trinkt, dann würde alles so sein wie früher, alles wäre wieder im Lot.
    Doch einige Minuten später, als seine Tasse fast leer war, sagte er, Eva, dein Tee wird kalt, aber sie sagte immer noch nichts, als hätte sie ihre Stimme verloren, vielleicht für immer, bis sie plötzlich entschlossen die Tasse in beide Hände nahm und den ganzen Tee auf einmal trank, als wäre es ein Espresso, und er sagte sich, ich habe gedacht, ich hätte ihr einen Gefallen getan, als ich ihr den Tee brachte, aber anscheinend ist sie diejenige, die mir einen Gefallen tut, indem sie sich bereit zeigt, ihn zu trinken.
    Er zog sich aus und legte sich neben sie ins Bett, er fragte sich, ob er versuchen solle, sie zum Reden zu bringen, oder ob er ihr erlauben solle, weiter zu schweigen, er wusste nicht, ob es besser war, sie zu berühren oder nicht, er wusste nichts, nur dass es inzwischen Viertel vor vier war und dass bald ein neuer Tag begann, es wäre gut, ein bisschen zu schlafen, denn für einen neuen Tag brauchte man Kraft, und wenn etwas klar war, dann das, dass er keine Kraft hatte, und er überlegte, wenn das ihr erster gemeinsamer Tag in New York war, was könnte man dann daraus für die kommenden Tage lernen, eigentlich nichts, denn sogar den heutigen Tag konnte er nicht zusammenfassen, er war voller Widersprüche. Er drehte sich um und legte sich auf den Bauch, nur in dieser Position konnte er einschlafen, er legte eine Hand auf ihren Bauch und dann berührte

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