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Dunkle Materie

Dunkle Materie

Titel: Dunkle Materie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aner Shalev
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plötzlich alle Brücken über den Fluss öffneten. Die Erwartung, ihn zufällig zu treffen. Denn es kann doch nicht sein, dass ihm wirklich etwas passiert ist. Verstehst du, Adam, er hat mir versprochen, er würde immer zurückkommen. Und etwas nicht genau zu wissen, bringt mir immer die schlimmsten Albträume. Wie kommt es, dass keine offizielle Stelle sich die Mühe macht, uns zu erklären, was genau dort im All geschehen ist. Alles war so geheim. Die Experimente, die sie machten. Die Ausrüstung, die sie benutzten. Und wenn es zu einem Todesfall kam, so wurde sogar der streng geheim gehalten.
    Â 
    Und da sind meine Gedanken, diese unvermeidlichen Gedanken, die ich nicht wegschieben kann, über seine letztenMinuten dort, im All. Über die schreckliche Einsamkeit in der dunklen, unendlichen Weite, gegenüber der bläulichen Erdkugel. Über den Sauerstoff, der langsam weniger wird, nicht schnell genug (hat er auf die Uhr geschaut?). Über seine letzten Gedanken, die ihm durch den Kopf gingen (wollte er mir etwas sagen?). Und manchmal auch Wut, brennende Wut, kindliche, fast brutale Wut. Verstehst du, Adam, er hat es mir doch versprochen. Er hat mir versprochen, dass er immer zurückkommt.

10
    Er stand auf, ging zum Badezimmer, drehte die Dusche an und spürte, wie das warme Wasser über seinen Körper strömte, es prickelte auf seiner Haut, schlug fast Löcher, und er sah, wie die Tür der Duschkabine sich öffnete, wie Eva eintrat und sich mit ihm unter die Dusche stellte, sie hatten noch nie zusammen geduscht, plötzlich passierten so viele Dinge zum ersten Mal, der Schnee, das Einkaufen im Supermarkt, das gemeinsame Duschen, als hätte die Schwangerschaft sie verwandelt, und nun, da sie ihm von der Schwangerschaft erzählt hatte, würde alles anders sein, nichts würde mehr so sein wie früher.
    Er erinnerte sich, dass sie früher einmal erzählt hatte, für sie sei gemeinsam duschen intimer als ein Fick, und dass man die Zahl der Männer, mit denen sie gemeinsam geduscht habe, an einer Hand abzählen könne, aber als er sie gefragt hatte, mit wem sie geduscht habe und mit wem nicht, versuchte sie das Thema zu wechseln, und auch als er sie direkt fragte, zum Beispiel mit Sascha, verweigerte sie die Antwort, sodass sie ihm sogar das Vergnügen der Eifersucht nahm.
    Er war sicher, dass sie mit Sascha geduscht hatte, sie waren immerhin ein Jahr zusammen gewesen, und ihre Weigerung, es zu bestätigen oder abzustreiten, erschien ihm wie ein Eingeständnis oder wenigstens wie die Erlaubnis, irgendeine Art von Eifersucht entwickeln zu dürfen, und in der Tat, wenn er sie sich mit anderen Männern vorstellte, Männern aus ihrer Vergangenheit oder aus der Gegenwart, wie Gabi zum Beispiel, hatte er oftdas Bild gemeinsamen Duschens im Kopf, und das störte ihn mehr als der aufregendste Fick, als gebe es so etwas wie einen exklusiven Kreis von Männern, die sie unter die Dusche mitnahm, und er gehörte noch nicht dazu und würde vielleicht nie dazugehören.
    Aber jetzt war sie neben ihm unter dem fließenden heißen Wasser, das konnte man nicht leugnen, er berührte sie, um sich zu versichern, dass sie es war und keine andere, seine Hand bewegte sich erregt von ihrer Schulter zu den üppigen Brüsten und von dort nach unten, über die Hüften und von dort zum Bauchansatz, wo die blonden Schamhaare anfingen, und er nahm die Seife und seifte sie gründlich ein, zunächst den Bauch, dann verteilte er den Seifenschaum und strich ihr mit dem Schwamm über den ganzen Körper, bis sie sich in eine Art weiße, substanzlose Wolke verwandelte, und dann fragte er, bist du sicher?
    Ja, ich bin sicher, sagte sie, und er fragte, seit wann weißt du das? Und sie sagte, ich war zwei Tage vor der Reise bei der Untersuchung, und er sagte, warum hast du mir nichts davon geschrieben? Warum hast du bis jetzt gewartet? Und sie sagte, ich habe dir geschrieben, dass ich zu einer Untersuchung gegangen bin, ich habe dir auch von der Schwäche und der Übelkeit erzählt, aber du hast dich überhaupt nicht erkundigt, und Adam erinnerte sich wieder an den Moment vor dem Computer, im Konsulat, auf dem Weg zum JFK , als der Taxifahrer unten auf ihn wartete und wie er sich in der Toilette eingeschlossen hatte, ohne sie zu benutzen, und wie er dann sein Gesicht mehrmals gewaschen hatte, anstatt die Mails zu lesen, wie er es

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