Dunkle Schatten (German Edition)
Grieche rückt ganz nahe an Cench heran und flüstert: »Spinnst du,
Bulle?«
»Galina ist das Mädchen, das zerstückelt gefunden wurde. Nur der Kopf
fehlt noch. Und sie hat ein besonderes Merkmal. Drei nebeneinanderliegende
Muttermale unter ihrer linken Brust. Das müsste dir doch aufgefallen sein.
Schließlich bist du bekannt dafür, dass du jedes eurer Mädchen ausgiebig
testest.« Die Augen des Griechen haben sich zu engen Schlitzen verengt, in
denen tödlicher Hass sich widerspiegelt, doch Cench lässt sich nicht
einschüchtern. »Soll ich eure Bude auseinandernehmen lassen? Zeitgleich mit
euren anderen Büros, Häusern und Wohnsitzen? Vielleicht finden wir ja Galinas
Kopf? Und die Pässe eurer Mädels, die ihr natürlich in Verwahrung genommen
habt. Vielleicht sind auch Galinas Papiere darunter?«
Cench weiß, dass er damit nicht punkten kann, weil er außer Galinas Foto
nichts in der Hand hat, und eigentlich bereut er bereits, dass er Galinas
Verlobten gehen ließ. Der Kriminalbeamte will nur den Griechen und Honsa unter
Druck setzen, um sie aus der Reserve zu locken. Doch den Griechen lässt die
Drohgebärde kalt, und dementsprechend ist seine Reaktion.
»Schleich dich, Bulle«, zischt er leise und drohend, »und tauch erst
wieder auf, wenn du wirklich etwas gegen uns vorbringen kannst. Sobald du
draußen bist, beschwere ich mich bei deinem Boss über dich.«
»Dann richte Katterka einen schönen Gruß von mir aus«, grinst Cench, »wir
sehen uns wieder. Sehr bald sogar. Darauf kannst du wetten.«
*
Seit Stunden redet man sich in einem der Salons der riesigen Wohnung in dem
prächtigen Gründerzeitpalais an der Wiener Ringstraße die Köpfe heiß.
Kurt-Friedrich Midas hat diesen Ort für die Krisensitzung vorgeschlagen. Hier
können sie ungestört und offen sprechen.
»Was gedenkst du wirklich zu tun,
KFM?« Ährenbach versucht erst gar nicht, seinen Zorn zu unterdrücken. Seit
Stunden dreht die Diskussion sich im Kreis, und bisher hat sich kein
brauchbares Ergebnis abgezeichnet.
»Gar nichts«, antwortet Midas gelassen, »absolut gar nichts. Durch
Bortners Dummheit sind meine Karten besser denn je. Ich werde einfach abwarten.
Jeden verklagen, der auch nur im Ansatz versucht, mich anzuschwärzen. Besonders
das Journalistenpack. In den Kanzleien meiner Anwälte stehen reihenweise Ordner
mit gewonnenen Presseprozessen der letzten Jahre.«
»Gut!« Sauslinger steht auf, streckt sich durch und dreht einige Runden
im Salon. »Du vergisst allerdings, mein Lieber, dass wir drei zusammenhängen.
Sämtliche Firmen, dieses gesamte Konglomerat inklusive unserer Strohleute läuft
unter unserer Patronanz, wobei du wieder der Federführende bist und die
Entscheidungen triffst.«
»Ja, und?« Midas bleibt gelassen. »Worauf willst du hinaus? Ist doch
alles bestens verlaufen bisher, oder nicht? Sämtliche Anzeigen gegen euch wegen
betrügerischer Krida und so weiter sind im Sand verlaufen, nicht einmal
Anklagen wurden erhoben. Mir versucht man, seit Jahren Amtsmissbrauch und
andere hässliche Dinge anzuhängen. Und was ist bisher herausgekommen? Nichts!
Unsere Geschäfte werden weiterlaufen, als ob nichts geschehen wäre.«
»Du übersiehst dabei«, wendet Ährenbach ein, »die Leute wollen dich
hängen sehen. Auch in der Partei. In unseren Reihen gibt es genug, die mit dir
nichts mehr zu tun haben wollen.«
»Wenn schon!« Kurt-Friedrich Midas lässt sich nicht beirren. »Du,
Sigmund, sitzt bereits wieder fest im Sattel. Gilbert und ich werden wieder
zurückkehren. Spätestens nach den nächsten Nationalratswahlen werden wir unsere
Gegner eliminiert haben. Einen nach dem anderen. Ich lasse nicht zu, dass
Marius’ Lebenswerk dermaßen demontiert wird und vor die Hunde geht. Was wird
denn schon groß gemacht? Unter uns, ausgezeichnet bereichert, weil unsere
Gesetze es zulassen, und die haben wir nicht gemacht.«
»Doch es wirft kein gutes Licht auf uns«, wirft Sauslinger ein, »für die
Öffentlichkeit ist es eine schiefe Optik.«
»Ach was!« Erregt wischt Midas den Einwand vom Tisch. »In der Politik
gibt es niemals eine gerade Optik. Das wissen wir drei wohl am besten.«
»Ich gebe zu bedenken«, lässt Ährenbach nicht locker, »dass wir im
internationalen Waffenhandel verstrickt sind. Immerhin hast du uns den Deal mit
dem Grafen für die al-Qatrs schmackhaft gemacht.«
»Damals wart ihr Feuer und Flamme dafür, soweit ich mich erinnere.« Nun
ist auch Midas von seinem schweren
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