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Dunkle Schatten (German Edition)

Dunkle Schatten (German Edition)

Titel: Dunkle Schatten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günther Zäuner
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dass er ihm gleich die Post mit
hochgenommen hat, denkt sich der Journalist. Er will den Packen Werbung
zusammenknüllen, als ihm ein Kuvert auffällt, das dazwischengerutscht ist. Kein
Absender, unverschlossen. Sofort steigt Misstrauen in ihm auf. Vorsichtig
untersucht er den Umschlag, kann nichts Ungewöhnliches oder Verdächtiges
feststellen. Er fasst hinein und zieht ein gefaltetes A4-Blatt heraus. Es sind
nur ein paar Zeilen, auf dem Computer getippt. Nachdem er den Text gelesen hat,
weiß er nicht, ob er sofort durchdrehen oder darüber lachen soll.
    Kokoschansky schiebt das Papier wieder zurück in das Kuvert und steckt es
in eine der Rückentaschen seines Trikots.

 
    *

 
    Der elegant gekleidete Mann, der an der Bar des Laufhauses in der
Triester Straße sitzt, winkt das leicht bekleidete Mädchen zu sich, beugt sich
leicht vor und sagt leise: »Sei so nett, und hol mir doch mal deine Bosse her.
Egal, ob Honsa oder den Griechen. Wenn sie beide hier sind, dann im
Doppelpack.« Alfred Cench lächelt, als er ihre heimliche Handbewegung unter die
Theke bemerkt. »Du brauchst nicht den Alarmknopf zu drücken. Ich bin ein
Bulle.«
    Trotz des schummrigen Lichts ist erkennbar, wie das Animiermädchen die
Farbe wechselt und rasch verschwindet. Cench nutzt die Zeit, sich ein bisschen
umzusehen. Er ist zum ersten Mal hier, bisher hatte er noch keinen Grund, gegen
den Puff einzuschreiten. Nun, das Gelbe vom Ei ist es nicht, denkt er sich. Was
haben sie groß in der Szene herumposaunt, dieses Laufhaus wird das
Nonplusultra! So etwas hätte es in Wien noch nie gegeben! Dann haben sie keine Ahnung,
wie Laufhäuser wirklich aussehen. Beispielsweise im Frankfurter Bahnhofsviertel
oder in anderen deutschen Städten. Das ist ein billiger Abklatsch nach der
Devise, ich will, aber ich kann nicht.
    Laufhäuser und Clubsaunas sind der neue Trend im Rotlichtmilieu. Die
Inhaber dieser Etablissements stellen die Räumlichkeiten zur Verfügung. Die
Mädchen zahlen Tagesmieten, Vereinbarungen zwischen ihnen und potenziellen
Freiern entziehen sich offiziell der Kenntnis der Betreiber.
    »Sieh an, sieh an! Wer beehrt uns denn?« Der Grieche mit seinen
zurückgekämmten, ölig glänzenden schwarzen Haaren und im dunklen Anzug,
ungefähr vierzig Jahre alt, setzt ein gekünsteltes Lächeln auf, als er Cench
erblickt. Dass der Bulle nicht privat hier ist, kann er sich denken. Die beiden
kennen sich seit vielen Jahren.
    »Nun?«, fragt der Grieche scheinheilig. »Braucht die hohe Staatsgewalt
ein bisschen Entspannung? Selbstverständlich auf Kosten des Hauses. Manus manum
lavat, wie der Lateiner sagt. Eine Hand wäscht die andere. Vielleicht vorher
einen Drink?«
    »Grieche«, antwortet Cench seelenruhig, »ich könnte dich jetzt wegen
versuchter Beamtenbestechung hochgehen lassen. Wie würde dir das gefallen?«
    Der Grieche grinst schmalzig und gibt dem Mädchen hinter der Bar, das
sich bemüht, die Unterhaltung mitzuverfolgen, einen energischen Wink zu
verschwinden, was auch umgehend geschieht.
    »Und«, provoziert Cench, »bist du jetzt endlich der Capo von dem Laden?
Darauf hast du doch hingearbeitet. Oder mischt Honsa noch mit? Oder hängt ihr
bereits am Gängelband anderer, die das Milieu kontrollieren?«
    »Geschäftsinterna«, der Grieche gibt sich keine Blöße, »für euch Bullen
ohne Belang.«
    »Hm, da bin ich anderer Ansicht. Schon mal den Namen Kosta gehört?«
    »Wer?«
    »Du hast mich schon verstanden. Zum Beispiel im Zusammenhang mit St.
Petersburg.«
    »Die Eremitage soll sehr schön sein«, der Grieche gibt sich betont
lässig, aber Cench lässt sich nicht beeindrucken, »die würde ich mir gerne mal
ansehen.«
    Sein unbekannter Informant hatte den Griechen ziemlich gut beschrieben,
vor allem dessen Gelhaar war ihm sofort aufgefallen.
    »Dann solltest du dir bei deiner nächsten Tour in Sachen Mädchenhandel
etwas Zeit für die Kultur nehmen, wenn du in St. Petersburg bist.« Cench legt
die Kopie von Galinas Foto auf die Theke. »Die kennst du doch, oder nicht?«
    »Wer soll das sein?«
    »Galina … Galina Jekaterina Schuschkostrowa, um präzise zu sein.«
    »Kenne ich nicht.« Der Grieche spielt den Unwissenden perfekt. »Was habe
ich damit zu tun?«
    »Ich denke, sogar sehr viel. Kosta ist dein Partner in Russland, der dir
die Mädels besorgt und die dann illegal nach Österreich gebracht werden. Hier
übernimmst du ihren Weiterverkauf? Weiß eigentlich Honsa davon, oder ziehst du
das im Alleingang durch?«
    Der

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