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Dunkle Schatten (German Edition)

Dunkle Schatten (German Edition)

Titel: Dunkle Schatten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günther Zäuner
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Halluzinationen zu haben, pfeift doch dieser Typ
tatsächlich eine muntere Melodie vor sich hin! Im Flur brennt nun Licht, ein
schmaler Streifen dringt unter dem Türspalt ins Arbeitszimmer herein.
    Kokoschansky hält den Atem an. Die Schritte entfernen sich, steigen
Stufen hoch. Er kann sich an eine Treppe erinnern. Eine Türe fliegt auf, der
mysteriöse Besucher scheint sich auszukennen und sich sehr sicher zu fühlen.
Oder ist er ein Mitglied dieses Killerkommandos, das sich nochmals überzeugen
will, dass wirklich ganze Arbeit geleistet wurde? Doch Kokoschansky hatte
wegfahrende Autos gehört, bildet sich ein, auch den Außenborder eines Bootes im
Ohr gehabt zu haben. Da passt wieder einmal nichts zusammen.
    Kokoschansky zieht vorsichtig die Türe einen Spalt auf, lugt hinaus, wild
entschlossen, sofort loszuballern, sollte etwas Verdächtiges sich anbahnen. Der
Schweiß rinnt an ihm herab und durchdringt seine notdürftigen Verbände, es
brennt unangenehm, dazu noch die ständig ansteigenden Schmerzen, und zu allem
Überdruss meldet sich in kontinuierlichen Abständen seine Operationswunde. Sein
Zustand ist erbärmlich. Verletzt und angeschlagen, kaputt und todmüde, voller
Angst und in einer Falle sitzend, verzweifelt nach einer Fluchtmöglichkeit
suchend. Doch aufgeben kommt nicht infrage. Viel Lärm um nichts? Das Ding wird
durchgezogen, koste es, was es wolle.
    Auf Zehenspitzen schleicht Kokoschansky Meter für Meter vorwärts, ständig
auf der Hut, mit Unvorhergesehenem und Unberechenbarem konfrontiert zu werden.
Zum Glück trägt er Sportschuhe, und die Treppe besteht aus Steinstufen. So kann
er sich lautlos bewegen. Noch eine Stufe, jetzt ist er im oberen Stockwerk
angekommen. Aus der geöffneten Tür fällt Licht in den Flur. Je näher er seinem
Ziel kommt, desto deutlicher ist das Stöhnen eines sichtlich schwer verletzten
Mannes zu hören.
    Plötzlich glaubt Kokoschansky, seinen Ohren nicht zu trauen. Jemand
spricht Kroatisch, doch Sallers Stimme kennt der Journalist sehr genau. Es kann
sich bei dem fröhlichen Pfeifer nur um Branko Daramci ć handeln! Was ist da los? Kokoschansky hat sich eng an die Wand gepresst,
versucht, sich so dünn als möglich zu machen, ist auf alles vorbereitet. Mit
eisernem Griff umklammern seine schweißnassen Hände die Maschinenpistole.
Saller scheint getroffen worden zu sein und, seinem Stöhnen nach zu schließen,
ziemlich schwer. Ohne noch einen Moment länger zu zögern, tritt Kokoschansky in
den Türrahmen, die MP schussbereit.
    Seine Vermutungen bestätigen sich. Robert Saller sitzt neben dem Bett
und, angelehnt an eine Wand, auf dem Boden, hält sich mit schmerzverzerrtem
Gesicht seine rechte Seite, und unter seinen Fingern quillt Blut hervor. Er
trägt noch die gleiche Kleidung wie beim Abendessen. Entweder wollte er noch
nicht schlafen gehen oder hatte die Absicht, als es ihn erwischte. Vor ihm
steht breitbeinig der Exgeneral, mit dem Rücken zu Kokoschansky. Noch wurde der
Journalist nicht bemerkt. Zu sehr sind sie im Gespräch vertieft, das eher einem
Streit gleicht und dementsprechend unfreundlich klingt.
    »Kann mir vielleicht einer von euch sagen, was hier für eine Scheiße
abgeht?«
    Daramci ć dreht sich langsam um. Er scheint unbewaffnet zu sein. Sein Erstaunen
ist riesengroß, als er Kokoschansky gegenübersteht. Kaum mehr als zwei Meter
trennen die beiden. Vorsichtshalber nimmt der Journalist seine Waffe in
Anschlag.
    »Kokoschansky lebt also? Wie ist denn das möglich?«
    »Indem ich mich nicht habe umnieten lassen«, Kokoschansky setzt alles auf
eine Karte, »der große Schweiger kann tatsächlich sprechen, und ich dachte, Sie
wären stumm. Na, immerhin sind wir schon drei, die am Leben sind. Was ist mit
dir los, Robert?«
    »Siehst du doch«, ächzt Saller. »Ich habe ein paar Löcher abbekommen.
Durchs offene Fenster, peng! Und das war es. Ich muss ziemlich lange bewusstlos
gewesen sein, und in der Hektik dachten sie wohl, ich hätte bereits den Löffel
abgegeben.«
    »Wer sind sie?«
    »Frag … ihn …«, presst Saller zwischen den Zähnen hervor, »er steckt
dahinter …«
    »Geben Sie mir die Waffe«, fordert Daramci ć und lässt Kokoschansky keine Zeit, um weitere Fragen zu stellen. »Sie
können doch nicht damit umgehen.«
    Der Exgeneral geht einen Schritt auf Kokoschansky zu, doch der hält ihn
sofort in Schach. Der Lauf der MP ist nur ein paar Handbreit von dem Kroaten
entfernt und wenn er will, kann er Kokoschansky die Waffe entwinden,

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