Dunkle Schwinge Bd. 2 - Der dunkle Pfad
»Sieht so aus, als hätte das jemand für uns erledigt.«
Während sie dastanden, begann der Overall an den Stellen aufzuplatzen, an denen Gliedmaßen und Körperpartien Formen annahmen, die weit von allem Menschlichen entfernt waren. Als die Verwandlung abgeschlossen war, konnte Owen erkennen, dass dieser Alien das gleiche Aussehen hatte wie die Wesen aus seinem Traum.
»So, so«, meinte Abbas schließlich. »Sie verheimlichen uns etwas, Garrett. Woher wussten Sie, dass er … das da ist … was immer das auch sein mag? Und was soll ein Ör sein? Und wieso sind Sic ›gefährlich‹?«
»Darauf kann ich nur eines antworten: Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass etliche Leute uns beobachtet haben, wie wir jemanden aus dem Shield schleiften, und genau dieser Jemand ist jetzt verdammt tot.« Mit der Stiefelspitze stieß er den Leichnam an. »Wenn wir noch lange hier bleiben, werden wir auch verdammt tot sein.«
»Davon wäre ich nicht so überzeugt.« Abbas deutete mit dem Daumen auf den Toten. »Von dem Typen, mit dem wir rausgegangen sind, kann ich keine Spur entdecken. Sie etwa? Kommen Sie. Sie werden mir jetzt einen ausgeben, und dann überlegen wir, was das alles zu bedeuten haben könnte.«
Jackie warf einen letzten Blick auf die Raumbasis Adrianople, als sie auf der Brücke der Councillor Rrith stand, die sich für den Sprung nach Cle’eru bereit machte. Cle’eru war eine dreiundzwanzig Parsec entfernte Zor-Kolonie.
Der größte Teil ihrer eigenen Eingreiftruppe blieb zurück. Die Duc d’Enghien, die Pappenheim und die Tilly wurden ebenso Admiral Hsiens direktem Kommando unterstellt wie die Cincinnatus, jenes Schiff, mit dem Admiral Tolliver und Sergei Torrijos nach Cicero gekommen waren. Hsien hatte nicht den Befehl, sofort in die Offensive zu gehen, und abgesehen davon würde es ohnehin eine Weile dauern, ehe er seine Streitmacht beisammen hatte.
Die Abreise von Adrianople verlief viel ruhiger als die Ankunft. Innerhalb des Sol-Imperiums lief alles noch genauso ab wie in den letzten Monaten.
Was den Duke of Burlington anging, behagte es ihm nicht, Adrianople zu verlassen, ohne dass der Untersuchungsausschuss zu einem brauchbaren Ergebnis gekommen war – und erst recht ohne zu verstehen, was sich während dieser Fühlenden-Zeremonie abgespielt haben mochte, an der dieser halsstarrige Commodore teilgenommen hatte. Doch die Erfordernisse der Politik – und vor allem jene, die das Verhältnis zwischen dem Hohen Nest und dem Imperium betrafen -hatten mehr Gewicht als sein Wunsch nach einem schnellen und klaren Richterspruch und einer Aufklärung des Sachverhalts.
William Clane Alvarez war in erster Linie Verwalter, in zweiter Linie Politiker und erst dann ein Mann der Navy -und das auch nur dem Dienstgrad nach. Die strategische Planung überließ er seinen Flottenadmiralen bei Pergamum, Boren, Denneva, Zhangdu und Eblaar. Doch die Aussagen von Commodore Laperriere beunruhigten ihn so sehr, dass er den Befehl ausgab, alle Einrichtungen und Schiffe auf der Station bis auf weiteres in Alarmbereitschaft zu versetzen. Zufrieden mit seinen Vorsichtsmaßnahmen beendete er seinen Aufenthalt auf der Adrianople-Basis und machte sich -begleitet von allem Pomp, der einem Ersten Lord gebührte -auf den Rückweg ins Sol-System, wo er dem Imperator die unerfreuliche Neuigkeit überbringen würde.
Jackie fühlte sich auf der Councillor Rrith genauso unbehaglich wie auf der Adrianople-Basis, doch der Grund war ein anderer. Sie war nur eine von einer Hand voll Menschen an Bord des Schiffs, und man hatte sie in einer Gästesuite untergebracht, die sonst Persönlichkeiten des Hohen Nestes vorbehalten war. Sie trug spezielle Kontaktlinsen, um in dem von den Zor bevorzugten rötlichen Licht gut sehen zu können. Der Aufenthalt auf der Rrith würde nur kurze Zeit dauern – weniger als vier Standardtage, wenn man die Reise im Normalraum zum und vom Sprungpunkt mitrechnete. Die Hochachtung, die die Crew des Schiffs ihr gegenüber erkennen ließ, grenzte fast an Ehrfurcht. Sie und Ch’k’te speisten am Tisch von Captain R’le’e, und dessen alHyu sorgte dafür, dass es ihnen an nichts mangelte. Der Rest der Mannschaft hielt Abstand zu ihnen.
Jackies Isolation an Bord der Rrith wurde dadurch noch unterstrichen, dass Ch’k’te sich seit kurzem von ihr distanzierte. Er schien es zu bedauern, ja, sogar zu bereuen, dass er in ihr nicht schon früher den Avatar eines großen Helden der Zor erkannt hatte.
Sie selbst
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