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Dunkle Tage

Dunkle Tage

Titel: Dunkle Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Kunz
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nicht die Geduld dazu. Viel lieber wäre sie losgelaufen und hätte irgendetwas getan. Wenn doch nur Hendrik hier wäre! Seine methodische Vorgehensweise hätte sie jetzt brauchen können! Außerdem knurrte schon wieder ihr Magen!
    Joseph kam herein. „Ein Major Pabst möchte Sie sprechen“, meldete er Hermann. „Wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf, es handelt sich dabei um jenen Herrn, der vor einigen Wochen Ihren seligen Bruder besuchte. Der Herr, nach dem die Polizei sich erkundigt hat.“
    Diana war wie elektrisiert. Äußerlich ließ sie sich nichts anmerken, doch sobald ihr Onkel das Zimmer verließ, schlüpfte sie hinaus. Hermann würde den Besucher in der Bibliothek empfangen, da das Arbeitszimmer noch immer versiegelt war, also musste sie vor ihm dort sein! Sie schaffte es, ohne dass jemand sie bemerkte, und schloss leise die Tür hinter sich. Wohin? Der Spalt zwischen Bücherschrank und Wand, hinter dem Samtvorhang! Sie zwängte sich in die Nische, bemüht, ihren Atem unter Kontrolle zu bekommen, da wurde auch schon die Tür geöffnet, und die beiden Männer kamen herein. Vorsichtig schob Diana den Kopf nach vorn. Wenn sie durch eine abgewetzte Stelle des Vorhangs schaute, konnte sie schemenhaft erkennen, was im Raum vor sich ging.
    Hermann bot seinem Gast Platz an, verhielt sich ansonsten jedoch reserviert.
    „Zunächst einmal muss ich Sie bitten, meinen Besuch vertraulich zu behandeln“, eröffnete Major Pabst das Gespräch. „Sie sind vermutlich darüber im Bilde, dass es einen langjährigen freundschaftlichen Kontakt zwischen Ihrem verstorbenen Bruder und mir gab; nicht zuletzt habe ich ihn während des Krieges in Waffengeschäften beraten.“
    Er zupfte einen Fussel von seiner Uniform. „Sie haben sicher bemerkt, dass es um unsere Sache nicht gut steht. Zwar haben wir nach wie vor die Stadt in der Hand, aber wir kommen nicht voran. Vor allem fehlt uns Geld, um unsere Leute zu bezahlen und die versprochenen Solderhöhungen zu leisten. In der Vergangenheit hat Ihr verehrter Bruder unsere Sache großzügig unterstützt, und, kurz und gut, ich bin gekommen, Sie zu fragen, ob Sie gewillt sind, die Zusammenarbeit zwischen uns und Ihrem Hause fortzusetzen.“
    Diana zwang sich zur Ruhe, um die Männer nicht durch eine unbedachte Bewegung auf sich aufmerksam zu machen, obwohl das Gehörte sie so aufwühlte, dass ihr das schwer fiel. Der Major und ihr Onkel kannten sich tatsächlich! Wie hatte das Verhältnis zwischen ihnen ausgesehen?
    Hermann hatte sein Gegenüber ausreden lassen, jetzt hielt er nicht länger an sich. „Absolut nicht!“, fuhr er auf und fing wieder an, erregt im Raum auf und ab zu gehen. „Was für eine gedankenlose Dummheit dieses ganze Unternehmen ist! Es sieht meinem Bruder ähnlich, sich auf so etwas einzulassen, ohne die Konsequenzen zu überdenken! Ich kann Ihnen versichern, Herr Major, hätte ich nur das Geringste von alledem gewusst, hätte ich ihn davon abgehalten. Jedem Kindskopf muss klar sein, dass ein Putsch von rechts die Arbeiter radikalisiert und in die Arme des Bolschewismus treibt! Sehen Sie sich doch das Ergebnis an! Meine Fabrik steht still. Stündlich erhöhen sich die Forderungen der Arbeiter. Und dafür tragen allein Sie die Verantwortung, Sie und Ihre Freunde!“
    Major Pabst hatte offensichtlich nicht erwartet, derart brüsk zurückgewiesen zu werden. „Ich verstehe Sie nicht!“, rief er aus. „Es muss doch in Ihrem Interesse sein, dass in Berlin eine Regierung sitzt, die bereit ist, der Bolschewisierung der Gesellschaft mit Waffengewalt entgegenzutreten!“
    „Genauso kurzsichtig hat mein Bruder auch immer gedacht! Wen kümmern schon die Brocken, die man dem wildgewordenen Pöbel hinwirft, um ihn ruhigzustellen? Denken Sie doch in großen Dimensionen, Mann! Solange die Leute willig ihre Arbeit verrichten, schert mich alles andere wenig. Selbst die Gewerkschaften können als Sicherheitsventil von Wert sein. Natürlich muss man ein paar Zugeständnisse machen, aber unterm Strich zahlt sich das aus, weil größere Katastrophen verhindert werden. Oder wollen Sie hier Zustände wie in Russland?“
    Diana fühlte, wie es in ihrem Magen grummelte. Sie wünschte, sie hätte vorhin etwas gegessen. Das fehlte noch, dass ihr Bauch anfing, Geräusche von sich zu geben!
    Major Pabst brauchte einige Zeit, um das Gehörte zu verdauen. Dann versuchte er es mit Schmeichelei. „Wir sind auf Ihre Hilfe angewiesen. Die Reichsbank weigert sich, einen von Reichskanzler

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