Dunkle Träume (Wächterschwingen) (German Edition)
klar. Er denkt immer noch, ich werde bei der Geburt sterben, genau wie seine Mutter. Er hat mich mit seiner P a nik schon angesteckt.«
Wer hätte gedacht, dass es etwas gab, das einer so mächtigen Hexe Angst einjagte? Jenna konnte sie allerdings verstehen. Niemals würde sie zulassen, dass ihrer Freundin oder dem Baby etwas passierte.
Als sich Jenna von Noir verabschiedet hatte, schlüpfte sie in den Nebenraum und blieb bei der Liege stehen, auf der Kyrian schlu m merte. Hätte sie nicht gewusst, dass er zur Hälfte ein Gargoyle war, würde sie ihn für einen gewöhnlichen Menschen halten. Er war nicht so groß wie die anderen Goyles und hatte keine sichtbaren Auffälli g keiten. Außer seinen kurzen Fangzähnen. Da er nicht viel sprach, blieben sie weitgehend unentdeckt und sahen eher wie besonders spitze Eckzähne aus. Jenna vermutete, dass sie sich erst verlängerten, wenn er aufgeregt war.
Unter dem MRT hatte sich allerdings offenbart, dass Kyrian kein normaler Mann war. An den Schulterblättern befanden sich winzige Auswüchse, die äußerlich nicht zu erkennen waren. Dort saßen bei einem Gargoyle die Schwingen. Die hatten sich bei Kyrian nicht entwickelt.
Jenna hatte Vincent studiert, der sich als der einzige Gargoyle-Hybride, den sie kannte, entweder in einen Menschen oder einen richtigen Gargoyle verwandeln konnte. Auch partiell. Kyrian und die anderen Goyles besaßen diese Eigenschaft nicht. Nicolas und Kyrian versteinerten genau wie Vincent am Tag ebenfalls nicht, nur das Weibchen Akilah und der Gargoyle Dominic, beides reinrassige W e sen. Daher sah man sie tagsüber nie.
Vorsichtig strich sie Kyrs rabenschwarzes Haar zur Seite. Seine Ohrmuschel war etwas spitzer geformt, und auf den Aufnahmen hatte sie Hörner gesehen. Zögerlich fuhr sie tiefer in sein weiches Haar, bis ihre Fingerspitzen an einen Hörnerstummel stießen. Er war kleiner als der von Vincent. Warm fühlte er sich an und leicht rau. Als sie darüberstrich, knurrte Kyrian leise, drehte den Kopf in die andere Richtung und murmelte etwas Unverständliches.
Schnell zog sie die Hand zurück. Was hatte sie nur geritten? Sie wusste von Noir, dass die Hörner eines Gargoyles erogene Stellen waren. Hoffentlich hatte Kyrian nichts mitbekommen.
Nach einer Vollnarkose waren die meisten Patienten relativ schnell wieder ansprechbar, zumindest auf einer Halbschlafbasis. Aber mehr als Ja sagen und seinen Namen nennen war kaum möglich, wirklich bei Bewusstsein war man erst deutlich später. Kyrian schien noch einmal eingeschlafen zu sein. Seine Atmung ging langsam und gleichmäßig. Jenna musste sich beeilen, bevor er richtig wach wurde.
Vorsichtig zog sie die Decke nach unten. Kyrian war nackt und trug nur einen am Rücken offenen Kittel. Breite Schultern kamen zum Vorschein, ein schöner Männerrücken, auf dessen Haut einige alte, verblasste Narben zu erkennen waren, und ein Hintern, der trotz Kompresse so knackig aussah, dass sie am liebsten hineinbe i ßen wollte.
Ben, ihr Dad und sie hatten in einer zweistündigen Operation se i nen Schwanzstummel entfernt. Jenna hatte den Goyle nicht gefragt, wieso sein Schwanz verstümmelt war. Sie konnte es sich denken. Wurde ein Gargoyle von seiner Bruderschaft verstoßen, zeichnete man ihn, indem ihm ein Horn oder der Schwanz abgeschnitten wu r den. Wie schmerzhaft musste das gewesen sein, als sie ihm Nerve n stränge, Muskeln und Blutgefäße durchtrennt hatten. Ihr Herz zog sich zusammen.
Wieso empfand sie bei diesem Patienten so viel? Sie benahm sich unprofessionell.
Die Operation war anspruchsvoll gewesen und hatte eine Vollna r kose erfordert. Aber es war alles gut gegangen. Unter der Kompresse befand sich die Naht. Außer einer zarten Narbe würde bald nichts mehr zu sehen sein. Das Steißbein würde jedoch länger wehtun. Die Nerven waren beleidigt, Phantomschmerzen könnten ihn quälen. Weil Jenna wollte, dass Kyrian so schnell wie möglich wieder einsat z fähig war, tat sie etwas, das ihr Dad streng verboten hatte: ihre b e sondere Gabe anwenden. Sie legte ihre Hand auf den Verband und stellte sich vor, wie in den tieferen Gewebeschichten alles verheilte. Die Haut sollte auf natürlichem Weg zusammenwachsen, damit ni e mandem auffiel, was sie getan hatte.
Ihre Hand erwärmte sich, Energie strömte von ihrem zu Kyrians Körper. Vor ihrem geistigen Auge sah sie, wie die Wunden verhei l ten. Plötzlich zuckte Kyrian und hob den Kopf. Über eine nackte Schulter schaute er sie
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