Dunkle Träume (Wächterschwingen) (German Edition)
legte ihn vor ihr auf den Tisch. »Iss das. Magnus hat es mir vor wenigen Minuten vorbeig e bracht, nachdem er von Ash mitbekommen hat, wie erschöpft du bist.«
Neugierig öffnete Jenna den winzigen Deckel. Sofort stieg ihr ein köstlicher, honigsüßer Duft in die Nase, der ihr das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ. »Was ist das?«
»Ein Blütennektar aus Gwandoria.«
Nahrung aus dem Reich der Lichtelfen? »Woher hat Magnus das?«
»Von derselben Frau, die dich von der Insel geholt hat.«
Jenna tauchte den Löffel in die zähe dunkelrote Flüssigkeit und probierte vorsichtig.
»Mmm.« Köstlich! Der Geschmack ließ sich nicht genau defini e ren, aber Jenna hatte noch nie zuvor so etwas Leckeres gegessen. Es schmeckte fruchtig, ein wenig nach Erdbeeren und Orangen.
Schon nach dem ersten Schluck spürte sie eine wohlige Wärme, die von ihrem Magen aus auf den restlichen Körper überging. Sie drang in die Muskeln und alle Zellen. Mit jedem Bissen schienen ihre Sinne besser zu funktionieren, ihr Herz kräftiger zu schlagen und sogar ihre Müdigkeit löste sich in Luft auf. Wow, was für ein Power-Snack!
Erst, als sie den letzten Rest aus dem Töpfchen gekratzt und den Löffel abgeleckt hatte, sah sie ihren Vater wieder an. Er saß ihr g e genüber, eine Tasse Kaffee in der Hand, und bot ihr auch einen an.
»Nein, Danke.« Diesen Hochgenuss wollte sie nicht mit so einer ekligen braunen Brühe von der Zunge spülen. Jenna fühlte sich r e gelrecht aufgeputscht, hellwach und stark genug, um einen Marathon zu laufen. Sie zwang sich jedoch, ruhig sitzen zu bleiben. Es gab so viel zu besprechen.
Sichtlich zufrieden lächelte Dad sie an. »Deine Wangen haben ric h tig Farbe bekommen.«
»Das Zeug ist klasse.« Und sie war jetzt schon süchtig danach. Vielleicht konnte ihr Magnus öfter so einen Powersirup besorgen.
Ihr Vater stellte seine Tasse auf den Tisch und blickte Jenna mit hochgezogenen Brauen an. »Was hast du im Dunklen Land erlebt?«
»Kurzfassung: König Lothaire ist tot und Dante, mein Bruder, möchte für Frieden sorgen.«
»Das sind sehr gute Nachrichten. Ash hat mir vom Tod des K ö nigs berichtet, aber ich konnte es fast nicht glauben.« Dad lehnte sich vor. »Ich will alles wissen, jedes Detail.«
Ob es ihm gefallen würde, dass »seine Tochter« eine Mörderin war? »Zuerst erzählst du mir meine Geschichte.« Darauf wartete sie schon ihr ganzes Leben.
Ihr Vater nahm erneut die Tasse in die Hand, ließ sie jedoch auf dem Tisch stehen und blickte hinein. »Deine Geschichte beginnt einige Jahre vor deiner Geburt. Damals lernte ich Isla, deine Mutter, kennen, weil sie eine Botschafterin der Lichtelfen war.«
»Wart ihr … zusammen?«
»Nein, es war rein geschäftlich.«
»Bist du deshalb so oft nach Bridlington gefahren? Weil in Rud s ton ein geheimer Durchgang nach Gwandoria existiert?«
Er nickte. »Nachdem deine Mutter verschleppt wurde, trauten sich die Lichtelfen nicht mehr so oft in unsere Welt und wir trafen uns dort. Aber der Reihe nach.« Er nahm einen Schluck Kaffee. »Wir Magier haben vor vielen Jahrzehnten mit den Lichtelfen ein Bündnis geschlossen. Im Falle eines Krieges gegen unseren gemeinsamen Feind, den Dunkelelfen, würden wir uns gegenseitig unterstützen.«
»Mein … Erzeuger sagte, ihr würdet Krieg wollen.« Jenna dachte an Dantes und Lothaires Worte.
Energisch schüttelte Dad den Kopf. »Solange sie uns in Ruhe la s sen, haben sie nichts zu befürchten. Sollten sie angreifen, werden wir allerdings nicht machtlos zusehen. Nur selten gelingt es uns, einen ihrer Attentäter zu schnappen, doch sollten sie ihre Armeen sch i cken, sind wir vorbereitet.« Sein Gesicht wurde weicher. »Aber nach allem, was du mir erzählt hast, wird uns ein Krieg hoffentlich nicht mehr bevorstehen.«
Das hoffte Jenna auch und sie vertraute ihrem Bruder. Plötzlich fielen ihr die Quarze ein, die Kyrian so zugesetzt hatten. »Die gelben Kristalle …«
»Sind eine mächtige Waffe. Gemeinsam mit den Lichtelfen haben wir jahrelang daran geforscht, was den Dunkelelfen schadet.«
»Ich habe kaum etwas gespürt, obwohl ich zur Hälfte …« Jenna räusperte sich.
»Darüber lass uns später reden.« Ihr Vater holte tief Luft. »Nach einem dieser Treffen wurde Isla praktisch vor meinen Augen von einem Dunkelelfen entführt. Niemand wusste, wo sie war, doch j e der konnte es sich denken: im Dunklen Land als eine Sklavin. Sei t dem haben wir erhöhte Sicherheitsvorkehrungen
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