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Dunkle Verlockung (German Edition)

Dunkle Verlockung (German Edition)

Titel: Dunkle Verlockung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nalini Singh
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zurück.
    Sie schrie auf, als er in die Tiefe fiel – teils vor Freude, teils vor fassungsloser Überraschung. »Ich habe noch gar nicht ›Ja‹ gesagt.« Sie schlang die Arme fest um seinen Hals.
    Galen stellte sich taub, stürzte sich in die Tiefe und schraubte sich wieder in die Höhe, all das vor den Felswänden derselben Schlucht, die ihr vorhin noch Angst und Schrecken durch den ganzen Körper gejagt hatten. Aber nicht jetzt. Nicht in Galens festem Griff. Ein schwindelerregendes Gefühl fuhr ihr durch die Glieder, und wieder musste sie lachen. Er benahm sich wie einer ihrer Schützlinge. Auch diese ignorierten sie manchmal, weil sie hofften, Jessamy würde sie dann nicht tadeln. Und vermutlich hatte er damit recht – denn Galen konnte vielleicht fliegen !
    Nachdem er sich in die Tiefe gestürzt hatte, sauste er mit ihr dicht über den tosenden Fluss am Grund der Schlucht hinweg und streifte dabei die Wasseroberfläche. Die Spritzer trafen ihre Füße und ihr Gesicht, und in spontaner Zuneigung rieb sie dieses Gesicht an seinem Hals. Er neigte den Kopf und sah sie mit einem Berserkergrinsen an, bevor er wieder in die Höhe flog, höher und immer höher, bis sie sich hoch in der substanzlosen Watte der Wolken befanden. Die glitzernden, mineraldurchsetzten Gebäude der Zufluchtsstätte lagen nun hinter einer Bergkette verborgen – eine unüberwindliche Barriere für Wesen ohne Flügel. Unter ihnen lag das Land wie ein wildes, buntes Bild, das sie zuletzt vor langer Zeit gesehen hatte, als sie noch ein Kind gewesen war und ihr Vater sie in den Himmel hinaufgetragen hatte.
    »Danke, Vater.«
    »Du bist mein Kind, Jessamy. Ich würde alles tun, um dich lachen zu hören und dein wunderschönes Lächeln dabei zu sehen.«
    Ihr Vater liebte sie. Ebenso wie ihre Mutter. Aber wenn sie zur Erde zurückgekehrt waren, war hinter ihren fröhlichen Gesichtern stets eine solche Traurigkeit versteckt, dass Jessamy es irgendwann nicht mehr ertragen konnte und sich deshalb selbst geerdet hatte. Es war eine schmerzhafte Entscheidung gewesen, nicht mehr durch die Lüfte zu fliegen, aber das war vorübergegangen. Jetzt konnten Jessamys Eltern ihre Behinderung manchmal vergessen und sie einfach nur als ihre Tochter ansehen, die sie liebten und deren Erfolge sie vor Stolz glühen ließen.
    Ein Strom aus Licht, gleißend hell wie juwelenbesetzte Kieselsteine, zerstreute diese freudlosen Erinnerungen.
    Sie sah nach unten und erblickte einen spiegelglatten See, der die untergehende Sonne in all ihrem verstörenden Glanz reflektierte. Das Wasser wurde zu einem feurigen Kessel, der Himmel eine züngelnde Flamme.
    Lippen und ein warmer Atemhauch streiften ihr Ohr. »Möchtest du landen?«
    Sie schüttelte den Kopf; nie wieder wollte sie die Erde berühren. Galen tauchte ab, um sich von einem gemächlichen Wind tragen zu lassen, und flog mit ihr weiter hinaus, bis sie über Gegenden hinwegglitten, die sie noch nie mit eigenen Augen gesehen hatte, sondern nur aus den Erzählungen anderer kannte. Ihre Seele sog diesen Anblick und die Empfindungen in sich auf – die frische Luft auf ihren Wangen, den verspielten Wind –, bis der ausgedörrte Boden in ihr seinen Durst allmählich gestillt hatte. Die Schönheit und Erhabenheit raubten ihr den Atem, als Galen sie auf seinen unermüdlichen Flügeln immer weiter trug, um ihr Wunder über Wunder zu zeigen.
    Als Jessamy schließlich so von Freude erfüllt war, dass sie glaubte, bald platzen zu müssen, war kein Licht mehr am Himmel zu sehen und über ihnen glitzerten die Sterne wie geschliffene Diamanten. Sie seufzte: »Ja. Jetzt können wir nach Hause fliegen.«
    Galen trug sie auf seinen Schwingen zurück zu seinem Wohnquartier. Ruhig lag die Zufluchtsstätte unter ihnen, nur in wenigen Fenstern brannte goldenes Licht. Sein Herzschlag ging gleichmäßig.
    Er landete und stellte sie auf die Füße. Weil ihre Knie nachgaben, hielt sie sich an ihm fest. Sein großer Körper fühlte sich nicht mehr fremd und einschüchternd an – die Behauptung, er hätte keine Wirkung auf sie, wäre allerdings eine ausgemachte Lüge gewesen. Es gab keinen Zentimeter an ihrem Körper, mit dem sie nicht jeden seiner Atemzüge, jede seiner Bewegungen bewusst registriert hätte. »Vielen Dank«, flüsterte sie, die Hände noch immer flach auf seine männliche Brust gelegt, die sie so gern liebkost und gestreichelt hätte.
    Kopfschüttelnd wies er ihren Dank zurück: »Ich will eine Bezahlung.«
    Das war das Letzte,

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