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Dunkle Visionen

Dunkle Visionen

Titel: Dunkle Visionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Graham
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junge Dame“, erklärte sie resolut.
    Nachdem die Haushälterin das Zimmer verlassen hatte, fuhr Kyle Madison mit den Fingerknöcheln sanft über ihre heißen, geröteten Wangen. „Erzähl mir von deinem Traum.“
    „Da gibt es nicht viel zu erzählen. Ich träumte von der Nacht, in der meine Mutter getötet wurde. Es war so real, so erschreckend. Als ob ich es wieder erlebte. Ich spürte, dass der Mörder ganz nah neben mir war. Es kam mir so vor, als könnte er mich sehen, während ich versuchte, zu Lainie zu gelangen.“
    Kyle schwieg einen Moment. Er hatte seine Finger jetzt mit den ihren verschränkt, und er suchte ihren Blick nicht, sondern schaute auf ihre Hände.
    „Jimmy hätte dich da nicht mit hineinziehen dürfen“, sagte er.
    Sie zuckte die Schultern, nicht gewillt zuzugeben, dass sie in diesem Moment bereit war, ihm zuzustimmen. Sie schüttelte den Kopf. „Ich habe schon vorher oft mit ihm zusammengearbeitet, allerdings an keinem Fall wie diesem … ach, ich weiß nicht. Ich meine, jeder Mord ist schlimm. Tot ist tot, und für die Mütter, die Ehefrauen, die Ehemänner, Kinder, Liebhaber ist es letzten Endes unerheblich, wie jemand gestorben ist, für sie zählt nur, dass sie das Liebste in ihrem Leben verloren haben. Doch diese Morde hier sind so brutal und scheußlich … ich nehme an, das ist der Grund dafür, warum jetzt all die Erinnerungen an den Tod meiner Mutter wieder hochkommen.“
    „Sie waren alle rothaarig“, murmelte Kyle. Er schaute sie an. „Wie Lainie.“
    „Harry Nore …“
    „Harry Nore ist entlassen“, sagte Kyle ohne Umschweife.
    „Was?“ keuchte Madison entsetzt und erhob sich auf die Knie. „Sie haben ihn entlassen? Hör zu, Kyle, wenn er raus ist, ist er vielleicht für diese entsetzlichen Morde verantwortlich. Kyle …“
    „Jimmy Gates lässt den ganzen Bundesstaat nach ihm absuchen, bestimmt findet er ihn.“
    „Oh, Kyle, vielleicht …“
    „Madison, ich sage dir jetzt dasselbe, was ich Jimmy Gates auch bereits gesagt habe. Ich glaube nicht, dass Harry Nore diese Morde verübt hat. Welche Frau würde einem romantischen Wochenende mit Harry Nore entgegenfiebern? Er grinst wie ein Idiot, stinkt übler als ein Ziegenbock und ist so offensichtlich neben der Spur, dass …“
    „Sie haben ihn entlassen“, erinnerte Madison ihn. „Vielleicht ist er ja geheilt …“
    „Richtig. Und das macht ihn so gut aussehend und charmant wie Sean Connery, stimmt’s? Unser Killer reißt sich junge, schöne Frauen auf. Ein gebrochener, verrückter, alter Irrer verwandelt sich nicht in einen Don Juan, glaub mir.“
    Madison schluckte verunsichert, schloss die Augen und seufzte. „Ich weiß, dass er bei seiner Verhaftung die Mordwaffe bei sich trug. Er hatte das Messer bei sich, an dem noch das Blut meiner Mutter klebte. Aber ich habe nie daran geglaubt, dass er der Mörder war. Es kam mir immer irgendwie falsch vor.“
    Kyle hob in einer hilflosen Gebärde die Hand. „Ich war damals zu jung und unerfahren, als dass mir irgendwelche Ungereimtheiten aufgefallen wären. Aber überleg mal. Man ertappte Harry Nore in einer fremden Küche beim Brotschneiden. Doch als du den Mörder ‚sahst‘, als du sahst, wie er das Messer hielt, um deine Mutter zu töten, trug er Handschuhe. Fleischfarbene Plastikhandschuhe, wie Ärzte sie tragen.“
    Madison nickte. „Nun, wenn Harry Nore es nicht war und der wahre Mörder vom Tatort flüchten konnte, musste er nur zusehen, dass er möglichst schnell und unauffällig das Messer loswurde …“
    Madison erschauerte erneut. Sie war noch immer schweißnass, und die Klimaanlage blies kalt. Und während der Traum langsam verblasste, kehrte ihre Eitelkeit zurück. Sie fühlte sich klebrig und verschwitzt, ihre Haare klebten an ihrem Kopf, und sie fühlte sich kein bisschen verführerisch.
    Sie rutschte von Kyle weg und stieg auf der anderen Seite aus dem Bett. „Ich gehe nur schnell unter die Dusche.“
    Er nickte.
    Im Badezimmer spürte sie wieder Nervosität in sich aufsteigen.
    Sie steckte den Kopf durch den Türspalt und schaute nach, ob Kyle noch da war.
    „Ich bleibe hier“, versprach er.
    Madison streifte sich ihr Nachthemd ab und stellte sich unter die Dusche, drehte das warme Wasser an und ließ sich den Duschstrahl für eine ganze Weile über Gesicht und Körper rinnen, ehe sie ihr Haar einseifte. Während sie es ausspülte, hörte sie Kyles Stimme.
    „Madison?“
    „Ja?“ rief sie.
    Er trat hinter ihr unter die Dusche.

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