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Dunkle Wasser

Dunkle Wasser

Titel: Dunkle Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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einzige, worüber sie wirklich Bescheid weiß, ist, wie man jemandem Grausamkeiten zufügen kann.«
    Er sah mir in die Augen. »Es tut mir leid, Heaven. Ich hätte das nicht mit dir tun dürfen. Verzeih mir, daß ich einen Augenblick lang vergessen habe, wer du bist, Heaven.«
    Ich nickte mit klopfendem Herzen, während ich ihm dabei zusah, wie er aus seiner Hemdtasche eine winzige Schachtel hervorholte, die in Silberpapier eingewickelt und mit einer blauen Satinschleife geschmückt war. Er legte sie mir in die Hand. »Ich habe hier ein Geschenk für dich, weil du eine so gute Schülerin bist und ich stolz auf dich bin, Heaven Leigh Casteel.« Er riß das Papier auf und hob den Deckel. Darin lag eine zierliche Golduhr. Seine Augen blickten mich flehentlich an. »Ich weiß, daß du nur auf den Tag wartest, an dem du dieses Haus, Kitty und mich verlassen kannst. Also habe ich dir eine Uhr mit Datumsanzeige geschenkt, dann kannst du die Tage, Stunden, Minuten und Sekunden zählen, bis du deinen Bruder und deine kleine Schwester wiedergefunden hast. Ich verspreche dir, daß ich alles versuchen werde, um soviel wie möglich von Kitty zu erfahren. Bitte, lauf nicht vor mir weg.«
    Sein Blick log nicht. In seinen Augen standen Liebe und Zuneigung. Ich sah ihn lange an, und schließlich nahm ich das Geschenk, streckte meinen Arm aus und ließ mir die Uhr anlegen. »Natürlich darf Kitty die Uhr nicht sehen«, sagte er bitter.
    Er beugte sich vor, nahm mein Gesicht in seine Hände und küßte mich sanft auf die Stirn. »Verzeih mir, daß ich meine Grenzen überschritten habe. Manchmal brauche ich so dringend jemanden, und du bist süß, jung und voller Verständnis – und ebenso hungrig nach Liebe wie ich.«
    Er hatte meinen verstauchten Knöchel nicht bemerkt, da ich es vermieden hatte aufzustehen, als er ging und die Tür hinter sich schloß. Ich war so erregt, daß ich nicht einschlafen konnte. Cal war ja noch in der Nähe, in gefährlicher Nähe, und wir waren allein im Haus. Er befand sich nur ein paar Meter entfernt in seinem Schlafzimmer. Ich konnte sein Verlangen nach mir durch die Wände spüren. Meine schreckliche Angst, daß seine Begierde seinen Verstand ausschalten würde, trieb mich dazu, mir einen Morgenrock anzuziehen und unter großen Schmerzen die Treppen hinunterzuhumpeln und mich ins Wohnzimmer zu setzen, bis Kitty kam.
    Die ganze Nacht über trommelte der Regen gleichmäßig ans Fenster und peitschte über das Dach. Fernes Donnergrollen und Blitze hielten mich in Spannung. Aber ich hatte mir etwas vorgenommen: Ich mußte Kitty nochmals entgegentreten, dann aber wollte ich den Sieg davontragen. Ich mußte sie zwingen, mir zu sagen, wo Keith und Unsere-Jane waren. Ich umklammerte die winzige Perle aus Kristall und das Stück angesengten Spitzenstoff, den ich im Kamin noch gefunden hatte. Als ich jedoch so in ihrer tipptopp sauberen, weißen Wohnung saß, inmitten ihrer regenbogenfarbenen Tiere, fühlte ich mich wieder unterlegen und überwältigt. Ich schlief ein und wachte erst auf, als Kitty, völlig betrunken, im Haus lärmte.
    Aus dem Schlafzimmer drang ihre laute Stimme zu mir herunter.
    »Hab’ mich blendend unterhalten«, schrie sie. »Beste Party meines Lebens! Werd’ jetzt jedes Jahr eine feiern – und du wirst mich nicht davon abhalten!«
    »Tu, was du willst«, sagte Cal, während ich mich langsam der Treppe näherte. »Mir ist es egal, was du tust oder sagst.«
    »Heißt das, daß du mich verläßt, ja?«
    »Ja, Kitty. Ich gehe«, sagte er zu meiner Überraschung und Freude.
    »Kannst du ja gar nicht. Bist an mich gebunden. Wenn du gehst, stehst du mit nichts da. Ich werde dir deinen Laden nehmen, und die ganzen Jahre, die du mit mir verheiratet gewesen bist, waren umsonst. Oder du gehst wieder zu Mami und Papi und erzählst ihnen, was für ein verdammter Idiot du gewesen bist.«
    »Du hast eine reizende Art, einem etwas nahezubringen, Kitty.«
    »Ich liebe dich. Ist das nicht alles, was zählt?« sagte Kitty und ihre Stimme klang auf einmal sehr verletzlich.
    Ich starrte hinauf und fragte mich, was jetzt wohl im Schlafzimmer passierte. Zog er sie gerade voller Verlangen aus, weil sie es ihm diesmal erlaubte?
    Als ich Cal am nächsten Morgen im Badezimmer hörte, stand ich auf und machte das Frühstück. Cal pfiff ein Liedchen unter der Dusche. War er jetzt glücklich?
    Kitty kam herunter und war wie ausgewechselt; sie lächelte mich an, als hätte sie gestern nicht meinen wertvollsten

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