Dunkle Wasser
Besitz verbrannt und mir ins Gesicht geschlagen. »Na, Baby«, flötete sie, »warum bist du denn bei der Party, die du extra für mich arrangiert hast, oben geblieben? Hab’ dich vermißt. Wollt’
dich allen meinen Freunden zeigen. Die Mädels waren ganz verrückt danach, dich zu sehen. Aber du warst ja so schüchtern und bist nicht heruntergekommen. Keiner hat meine hübsche Tochter gesehen, die von Tag zu Tag schöner wird. Wirklich, mein Püppchen, du mußt dich an die monatlichen Krämpfe gewöhnen und sie einfach ignorieren – sonst wirst du es nie genießen können, eine Frau zu sein.«
»Sag mir, wo Keith und Unsere-Jane sind!« schrie ich. »Du hast es mir versprochen.«
»Süße, wovon sprichst du eigentlich? Wie soll ich das wissen?« Sie lächelte, tatsächlich, sie lächelte, als hätte sie alles vergessen, was sie mir gestern angetan hatte. Oder spielte sie nur? Bestimmt? So verrückt war sie nicht! Dann kam mir ein furchtbarer Gedanke: Vielleicht war sie wirklich geisteskrank!
Cal schritt an Kitty vorbei und streifte sie mit einem verächtlichen Blick, obwohl er kein Wort sagte. Hinter ihrem Rücken trafen sich unsere Augen, und er sandte mir eine stumme Warnung: Tu nichts, sag nichts! Laß Kitty uns etwas vormachen, wir spielen unser Spiel. Mein Magen verkrampfte sich. Wie sollte ich das aushalten? Ich starrte auf die Spiegeleier, die in der Pfanne brutzelten.
Es wurde Mai, und das emsige Getriebe der Examensvorbereitungen lag in der Luft. Ich lernte fleißig, um gute Noten zu bekommen. Ende des Monats blies ein bitterkalter Nordostwind und vertrieb die Frühlingswärme.
Plötzlich war es ungewöhnlich kalt für die Jahreszeit. Die Heizungen, die schon im März abgestellt worden waren, wurden wieder in Betrieb gesetzt. Eingemottete Jacken und Wollröcke wurden wieder hervorgeholt. An einem der kältesten Freitage im Mai, an die ich mich erinnern konnte, blieb ich wegen einer Unterredung mit meinem Biologielehrer, Mr. Taylor, länger in der Schule. Er bat mich, den Hamster, der unserer Klasse gehörte, über das Wochenende zu mir nach Hause zu nehmen.
Das Dilemma, in das ich jetzt geriet, stand mir deutlich ins Gesicht geschrieben, während ich neben dem großen Drahtkäfig des Hamsters stand und die Wahrheit über Kittys diabolischen Haß gegen lebendige Tiere herausschreien wollte.
Sonst wäre ich begeistert gewesen, Chuckles, das schwangere Hamsterweibchen, das unser Klassenmaskottchen war, zu mir zu nehmen.
»Ach, nein«, sagte ich, als mein Lehrer darauf bestand. »Ich sagte Ihnen schon, Mr. Taylor, meine Mutter mag keine Haustiere. Sie behauptet, die Tiere sind schmutzig und stinken.«
»Aber, Heaven«, sagte Mr. Taylor. »Sie übertreiben, gewiß.
Ihre Mutter ist eine wunderbare, liebevolle Frau, ich sehe es daran, wie sie Sie anlächelt.«
Wie war Kitty Dennisons Lächeln doch immer so zuckersüß!
Wie dumm die Männer doch sein konnten – sogar ein Mr.
Taylor mit all seiner Buchweisheit.
Mit einschmeichelnden Worten versuchte mein Lehrer, mich zu überreden, während draußen der Nordostwind um das Schulgebäude pfiff, so daß ich trotz der aufgedrehten Heizung fror. Mr. Taylor beschwatzte mich weiter: »Die Stadt gibt uns nicht die Erlaubnis, die Heizung übers Wochenende anzulassen. Wollen Sie wirklich ein armes, kleines Hamsterweibchen, das Junge erwartet, in einem eiskalten Raum lassen, so daß wir es am Montag höchstwahrscheinlich tot auffinden werden? Kommen Sie, meine Liebe, teilen Sie doch mit Ihren Mitschülern die Verantwortung für dieses Tier… Und schließlich ist ja Verantwortung und Fürsorge ein Teil der Liebe.«
»Meine Mutter verabscheut Tiere«, entgegnete ich schwach, denn ich selbst wollte Chuckles selbstverständlich gern das Wochenende über zu mir nehmen.
Mr. Taylor las mir meinen Wunsch wohl vom Gesicht ab, denn er fuhr eifrig fort und sah mich dabei aus den Augenwinkeln an: »‘s wird sehr kalt hier drinnen. Auch wenn Chuckles genügend Futter und Wasser bekommt, so kann dieses Zimmer doch für eine kleine, werdende Mutter recht ungemütlich werden.«
»Aber… aber…«
»Kein Aber. Es ist Ihre Aufgabe und Pflicht. Ich fahre mit meiner Familie zum Wochenende weg, sonst hätte ich Chuckles zu mir genommen. Ich könnte Chuckles ja mit Futter und Wasser versorgen und allein bei mir zu Hause lassen…
Aber die Jungen können jeden Tag kommen. Und ich möchte, daß Sie die Geburt mit der Filmkamera aufnehmen, wie ich es Ihnen gezeigt habe, falls
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