Dunkle Wasser
über hörte und sah ich nichts von Kitty. Ich aß allein zu Mittag. Am Nachmittag wischte ich Staub und ging mit dem Staubsauger durch die Zimmer im Erdgeschoß und kümmerte mich dann schnell noch um Chuckles. Das Hamsterweibchen wollte mich nicht gehen lassen. Sie gab mir dies auf possierliche und rührende Weise zu verstehen, indem sie sich auf die Hinterbeine setzte und mich anbettelte. Wenn Kitty nicht gewesen wäre, hätte ich sie jede Nacht in mein Zimmer mitgenommen. »Ist schon gut, Kleines«, sagte ich und kraulte ihr den Kopf mit dem weichen Pelz, daß sie wohlige Laute von sich gab. »Spiel, soviel du magst. Das Hausmonster hat sich mit Valium betäubt, also kann dir nichts passieren, gar nichts.«
An diesem Samstag gingen Cal und ich nicht ins Kino, sondern saßen ziemlich wortkarg vor dem Fernseher.
Sonntag.
Kittys lauter Gesang weckte mich auf.
»Mir geht’s prima«, rief sie zu Cal hinüber, während ich schnell aus dem Bett hüpfte und ins untere Badezimmer eilte.
»Möcht’ heut in die Kirche. Heaven!« schrie sie mir nach, als sie mich an ihrer offenen Schlafzimmertür vorbeihuschen sah,
»beweg deinen faulen Hintern und mach das Frühstück. Wir gehen in die Kirche. Alle. Werd’ den Herrn loben und preisen, weil er mich von meinem Kopfweh erlöst hat.«
Sie war wieder die alte!
Ich selbst fühlte mich noch von der vielen Arbeit erschöpft.
Ich eilte hin und her, um alles vorzubereiten, bevor Kitty herunterkam. Dann ging ich ins Badezimmer, um noch schnell vor dem Frühstück zu duschen. Nein, es war vielleicht klüger, wenn ich zuerst das Kaffeewasser aufsetzte und dann unter die Dusche ging. Danach konnte ich mich um Chuckles kümmern, während der Speck langsam in der Pfanne brutzelte.
Aber irgendwer hatte schon Wasser aufgesetzt. Ich nahm an, daß Cal in der Küche gewesen war, weil er gleich seine zwei Tassen Kaffee haben wollte. Also ging ich ins Badezimmer.
Ich hängte meinen Morgenrock und mein Nachthemd an den Haken an der Tür und wollte in die Badewanne steigen.
Da sah ich Chuckles.
Chuckles – in der Badewanne – ganz blutig! Ein langer Schlauch ihrer Gedärme quoll ihr aus der Schnauze; ihre winzigen Jungen waren an ihrem unteren Ende herausgedrückt worden! Ich fiel auf die Knie und würgte den Inhalt meines halbleeren Magens heraus, der sich mit dem Blut und den anderen ekelhaften Sachen vermengte.
Die Tür wurde hinter mir geöffnet.
»Stellst du schon wieder ‘ne Schweinerei an, was?« fuhr mich eine barsche Stimme von hinten an. »Schreist und brüllst hier herum, als gäb’s weiß Gott was zu sehen. Also, bade jetzt.
Ich werd’ bestimmt nicht mit einem stinkigen, ungewaschenen Hillbilly-Miststück in der Kirche auftauchen.«
Mit weitaufgerissenen Augen starrte ich Kitty an. »Du hast Chuckles getötet!«
»Hast du den Verstand verloren? Ich hab’ keinen Chuckles getötet. Weiß gar nicht, wovon du redest.«
»Schau in die Badewanne!«
»Seh’ nichts«, behauptete Kitty und schaute direkt auf die blutigen Überreste des armen Hamsterweibchens. »Nimm den Stöpsel und laß Wasser ein. Ich bleib hier und schau zu. Will nicht mit einem schmutzigen Hillbilly-Miststück in die Kirche.«
»Cal«, schrie ich aus Leibeskräften. »Hilf mir!«
»Cal ist unter der Dusche«, sagte Kitty plötzlich sehr freundlich und zuvorkommend, »tut, was er kann, um sich von seinen Sünden reinzuwaschen. Du kannst dich auch gleich deiner Sünden entledigen!«
»Du bist verrückt, völlig verrückt!«
Seelenruhig ließ Kitty Wasser in die Badewanne einlaufen.
Auf einmal hob sie ihren Arm, hielt ihn steif wie einen Baseballschläger, holte aus und schmetterte mich auf die Toilette. Ich stolperte, verlor das Gleichgewicht. Kitty kam näher, aber diesmal gelang es mir, ihr auszuweichen.
Schreiend lief ich auf die Treppe zu und rief nach Cal.
»Komm sofort zurück baden!« kreischte Kitty mir hinterher.
Oben angelangt, hämmerte ich mit den Fäusten gegen die Badezimmertür und schrie Cals Namen; er hatte das Wasser aber voll aufgedreht und sang lauthals. Er hörte mich überhaupt nicht. Kitty würde jede Sekunde hier sein können und mich zwingen, in die Badewanne voller Blut und Leichenteile zu steigen. Ich überwand mein Schamgefühl und drehte den Türknopf herum. Cal hatte die Tür abgesperrt. Oh, wie furchtbar!
Ich glitt zu Boden, um auf ihn zu warten.
Kaum hatte er das Wasser abgestellt, rief ich erneut seinen Namen. Vorsichtig öffnete er die Tür einen Spalt,
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