Dunkle Wasser
du?«
»Fanny besuchen«, flüsterte ich und war ängstlich darauf bedacht, ihm nicht in die Augen zu sehen. In Winnerrow schämte ich mich tausendmal mehr, als ich es in Candlewick je getan hatte.
»Laß mich mit dir gehen, bitte.«
»Cal«, sagte ich beschwörend, »wenn es dir nichts ausmacht, dann möchte ich lieber alleine gehen. Meine Beziehung zu Fanny war immer schon recht schwierig. Wenn du dabei bist, dann redet sie wahrscheinlich nicht offen. Ich muß aber die Wahrheit wissen und will keine Lügen aufgetischt bekommen.«
Seine Stimme war rauh. »Wie schnell du dich davonmachst, Heaven, kaum daß du dich in bekannter Umgebung bewegst.
Läufst du vor mir weg? Suchst du Entschuldigungen, um mir aus dem Weg zu gehen? Du mußt dich nicht entschuldigen; du bist nicht mein Besitz. Geh du nur, ich werde auf Kitty aufpassen und Pläne machen, wie Kittys Pflege bei ihren Eltern ablaufen soll. Ich werde dich vermissen.«
Die Trauer in seiner Stimme bedrückte mich, aber es war trotzdem eine Wohltat, das Haus und alles darin hinter mir zu lassen. Mit jedem Schritt fühlte ich mich jünger, fröhlicher.
Ich würde Fanny sehen.
Automatisch machten meine Füße einen Umweg, so daß ich an der Stonewall-Apotheke vorbeikam. Mein Puls schlug schneller, als ich mich dem bekannten Gebäude näherte. Ich wollte nur daran vorbeigehen und erwartete eigentlich nicht, Logan zu sehen. Aber es interessierte mich doch, was aus ihm geworden war. Ich spähte durch die großen Glasfenster, das Herz schlug mir bis zum Hals, aber ich entdeckte ihn nicht.
Seufzend drehte ich mich um und gewahrte den neugierigen Blick zweier dunkelblauer Augen, die einem gutaussehenden, jungen Mann gehörten, der gerade aus einem Sportwagen ausstieg. Wie angewurzelt blieb ich stehen und starrte auf –
Logan Grant Stonewall.
Meine Güte!
Er schien ebenfalls verblüfft zu sein. Wir sahen uns lange ungläubig an.
»Heaven Leigh Casteel… Bist du’s, oder träume ich?«
»Ich bin’s. Bist du es wirklich, Logan?«
Auf einmal leuchtete sein Gesicht auf, schnell kam er auf mich zu, packte meine beiden Hände und hielt sie fest. Er sah mir tief in die Augen und schnappte nach Luft. »Du bist ja erwachsen geworden… und so schön.« Er errötete und begann zu stottern, schließlich lächelte er. »Warum bin ich eigentlich erstaunt darüber? Ich wußte es immer schon, daß du noch schöner werden würdest.«
Ich war verlegen, gefangen in dem Netz, das ich mir selber gesponnen hatte. Ich wollte mich in seine Arme werfen, die er mir entgegenhielt. »Danke, daß du alle meine Briefe beantwortet hast… fast alle.«
Er sah etwas enttäuscht drein, da ich keine Anstalten machte, den ersten Schritt zu tun. »Als ich deine Nachricht erhielt, daß du mit Kitty Dennison zurückkämst, habe ich es gleich Tom erzählt.«
»Ich hab’s ihm auch geschrieben«, wisperte ich, immer noch verblüfft darüber, wie gut er aussah und wie groß und stark er geworden war. Ich schämte mich, daß ich Cal nicht abgewehrt hatte, um auf diese reine, helle und aufrichtige Liebe zu warten. Ich senkte die Augen voller Angst, er könnte etwas darin lesen, was ich vor ihm zu verbergen suchte. Ich zitterte vor Schuldgefühlen, dann trat ich einige Schritte zurück, um ihn nicht mit meinen Sünden zu besudeln. »Klar, es wird schön sein, Tom wiederzusehen«, sagte ich schwach und versuchte, meine Hände aus seiner Umklammerung zu lösen. Er aber trat noch einen Schritt näher an mich heran und hielt sie nur noch fester.
»Aber mich zu sehen ist wohl nicht so schön?« Sanft zog er mich an sich, ließ meine Hände los und umfaßte meine Taille.
»Schau mich an, Heaven. Schau nicht auf den Boden. Warum verhältst du dich so, als würdest du mich nicht mehr lieben?
Ich habe schon so lange auf diesen Tag gewartet und mich gefragt, was wir wohl sagen würden und was wir dann täten…
Und jetzt siehst du mich nicht einmal an. Seitdem du weg bist, habe ich an niemand anderen gedacht als an dich. Manchmal gehe ich durch die verlassenen Räume eurer Hütte und denke an all das, was du durchgemacht hast, wie tapfer du warst, ohne Klage und Selbstmitleid. Heaven, du gleichst einer Rose, einer wilden, wunderschönen Rose, süßer als jede andere.
Bitte, leg deine Arme um mich. Küß mich, und sag mir, daß du mich noch liebst!«
Er sagte alles, was ich mir erträumt hatte, und wieder überkam mich das Gefühl der Schuld – vielleicht kannte er die Wahrheit –, und trotzdem
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