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Dunkle Wasser

Dunkle Wasser

Titel: Dunkle Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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deine Haare! Ich hass’ deinen blöden Namen! Ich hass’ alles an dir! Jawohl! Wart nur, bis ich Vater alles erzähl’! ‘s wird Vater nicht gefallen, daß du Almosen von fremden Jungs aus der Stadt annimmst – seine Hamburger frißt und Unserer-Jane und Keith das Betteln beibringst!«
    Mein Gott, Fanny war in ihrer übelsten Laune, neidisch, boshaft und imstande, ihre Drohung wahr zu machen. Und Vater würde mich dafür bestrafen!
    »Fanny«, schrie Tom und holte sie zurück. »Du kannst meine neuen Wasserfarben bekommen, wenn du den Mund hältst, daß Logan uns alle zum Mittagessen eingeladen hat.«
    Sofort lächelte Fanny wieder. »Na gut! Ich will auch das Malheft haben, das dir Miß Deale geschenkt hat. Warum gibt sie mir nie was?«
    »Weißt du’s nicht?« spottete Tom und gab ihr, was sie verlangte. Es tat mir weh, denn ich wußte, wie sehr er sich die Wasserfarben und das Malheft gewünscht hatte. Er hatte noch nie neue Wasserfarben oder ein Malbuch über Robin Hood besessen. Robin Hood war in diesem Jahr sein Lieblingsheld.
    »Wenn du dich mal nicht so aufführst in der Garderobe, vielleicht ist Miß Deale dann großzügiger zu dir.«
    Ich wäre beinahe wieder vor Verlegenheit umgesunken!
    Weinend warf sich Fanny auf den Waldboden, der sich immer steiler zwischen den hohen Bäumen, die fast den Himmel berührten, hochwand. Sie trommelte mit ihren kleinen, harten Fäusten auf den Grasboden, schrie plötzlich auf, weil sie sich an einem versteckten Stein verletzt hatte und ihre Hand nun blutete, Sie setzte sich auf, saugte an der Wunde und sah Tom mit großen, bettelnden Augen an.
    »Bitte, bitte, erzähl’s nicht Vater!«
    Tom versprach es.
    Ich ebenfalls. Aber ich genierte mich immer noch und vermied es, in Logans weit aufgerissene Augen zu sehen, die alles in sich aufsaugten, als hätten sie noch nie eine so dumme und wilde Szene erlebt. Ich wich seinen Augen so lange aus, bis ich merkte, daß er mich verständnisvoll anlächelte. »Du hast wirklich eine Familie, bei der man vor der Zeit innerlich stark altern kann, aber äußerlich siehst du jünger als der Frühling aus.«
    »Hast die Worte ja aus einem Lied gestohlen!« schrie Fanny.
    »Man soll einem Mädchen nicht den Hof machen mit Worten aus ‘nem Lied!«
    »Halt jetzt endlich den Mund!« befahl Tom. Er packte sie am Arm und rannte mit ihr los, so daß Fanny mitlaufen mußte, andernfalls hätte sie sich den Arm ausgerenkt. Endlich hatte ich Gelegenheit, mit Logan allein zu sein.
    Keith bildete das Schlußlicht unserer kleinen Karawane; er war stehengeblieben und starrte wie gebannt nach einer Drossel. Wahrscheinlich würde er sich die nächsten zehn Minuten nicht vom Fleck rühren, es sei denn, der Vogel flog davon.
    »Deine Schwester ist wirklich eine Nummer«, bemerkte Logan schließlich, als wir uns so gut wie allein auf dem Waldpfad befanden. Keith war weit hinter uns geblieben und war ganz still. Ich hing meinen eigenen Gedanken nach. Für die Jungen aus dem Tal, die ein sexuelles Abenteuer suchten, waren die Mädchen aus den Bergen eine leichte Beute. Hier oben in den Bergen regten sich die sexuellen Gefühle viel eher als unten im Tal, und Fanny, so jung sie war, war von dieser Atmosphäre angesteckt worden. Vielleicht lag es daran, daß wir beständig Zeugen waren, wie auf dem Hof und in unseren Ein- bis Zweizimmer-Hütten kopuliert wurde. Die Leute von den Bergen mußte man nicht erst aufklären; sie lernten alles über Sex, sobald sie zwischen Mann und Frau unterscheiden konnten.
    Logan räusperte sich, um mich daran zu erinnern, daß er auch noch da war. »Ich bin bereit, deinen Weisheiten zu lauschen, die du dir in langen Jahren erworben hast. An sich würde ich mir gern Notizen machen, aber es fällt mir etwas schwer, beim Gehen zu schreiben. Aber das nächste Mal bringe ich ein Tonbandgerät mit.«
    »Du lachst mich ja aus«, rief ich empört, bevor ich begann mich zu rechtfertigen. »Wir leben mit unseren Großeltern.
    Großvater spricht nur dann, wenn es unbedingt notwendig ist, und er empfindet es fast nie als notwendig. Meine Großmutter brabbelt die ganze Zeit vor sich hin, wie furchtbar die Zeiten jetzt sind, und wie schön sie früher waren. Meine Stiefmutter schimpft und tobt, weil sie mehr Arbeit am Hals hat, als sie bewältigen kann. Manchmal, wenn ich nach Hause in unsere Hütte komme, dann glaube ich, zweihundertfünfzig oder tausend Jahre alt zu sein – nur ohne die Weisheit, die man nach einem so langen Leben

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