Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dunkle Wasser

Dunkle Wasser

Titel: Dunkle Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
Vom Netzwerk:
Namen geben wollte, und Heaven ist so ziemlich der erhebendste, den es gibt.«
    »Es ist der schönste Name, den ich je gehört habe. Wo ist deine Mutter jetzt?«
    »Sie liegt auf dem Friedhof begraben«, sagte ich unverblümt und vergaß, charmant und kokett zu sein, etwas was Fanny niemals passiert wäre. »Sie ist gleich nach meiner Geburt gestorben. Und mein Vater kann mir nicht verzeihen, daß ich ihr das Leben genommen habe.«
    »Absolute Ruhe, bitte!« schrie Mr. Prakins. »Der nächste, der spricht, muß fünfzehn Stunden nachsitzen.«
    Logans Augen sahen mich voller Mitgefühl an. Kaum hatte Mr. Prakins das Zimmer verlassen, flüsterte Logan mir wieder etwas zu: »Es tut mir leid, daß es passiert ist, aber du hast es nicht richtig erzählt. Deine Mutter liegt nicht tot auf dem Friedhof – sie ist in das große Jenseits gegangen, an einen besseren Ort, sie ist im Himmel.«
    »Sollte es einen Himmel oder eine Hölle geben, ich glaube, beides ist hier unten auf unserer Erde anzutreffen.«
    »Wie alt bist du eigentlich, hundertzwanzig?«
    »Du weißt doch, daß ich dreizehn Jahre alt bin!« fuhr ich ihn wütend an. »Aber heute komme ich mir wie zweihundertfünfzig vor.«
    »Warum?«
    »Weil es besser ist, als dreizehn Jahre alt zu sein, deshalb!«
    Logan räusperte sich, warf einen verstohlenen Blick nach Mr.
    Prakins, der uns durch die Glaswand im Auge behielt, und riskierte es dann, mir noch etwas zuzuflüstern: »Dürfte ich dich heute nach Hause begleiten? Ich habe noch nie mit jemandem geredet, der schon zweihundertfünfzig Jahre alt ist.
    Du machst mich neugierig. Ich würde allzu gerne hören, was du zu erzählen hast.«
    Ich nickte nur. Mir war etwas übel, und zugleich fühlte ich mich ausgelassen. Ich hatte mich selber in diese Situation gebracht, in der ich ihn mit meinen langweiligen Antworten enttäuschen konnte. Was wußte ich denn schon von Alter, Weisheit und sonstigen Dingen?
    Jedenfalls erschien er am Ende des Schulhofes, wo alle Jungens herumstanden, die mit den Mädchen aus den Bergen nach Hause gingen. Fanny stand auch schon da.
    Sie wirbelte herum, dabei fielen ihr die Haare ins Gesicht, worauf sie sie mit einer weiteren Bewegung im Kreis um ihren Kopf fliegen ließ. Als sie Logan erblickte, setzte sie ihr breitestes Lächeln auf, in dem Glauben, daß er mit ihr gehen wolle. Etwas weiter entfernt von Fanny standen Tom und Keith. Tom schien überrascht zu sein, daß Logan unseren Heimweg einschlug. Dieser bestand nur aus einem Trampelpfad, der sich durch das Gehölz im Wald schlängelte und schließlich zu unserer Hütte führte, die hoch in den Bergen lag. Kaum hatte Fanny Logan und mich erblickt, da stieß sie einen lauten Jauchzer aus, daß ich am liebsten vor Verlegenheit tot umgefallen wäre.
    »Heaven, was machst du mit dem neuen Jungen? Du magst doch keine Jungens? Hast es mir doch schon tausendmal gesagt, willst doch eine alte, vertrocknete Lehrerin werden!«
    Ich versuchte, Fanny zu überhören, obwohl ich puterrot wurde. War das schwesterliche Solidarität? Aber ich hätte es besser wissen müssen und kein Taktgefühl von ihr erwarten dürfen. Ich verzog mein Gesicht zu einem Lächeln. Es war ratsam, wenn möglich Fanny überhaupt keine Beachtung zu schenken.
    Logan und Tom sahen Fanny mißbilligend an.
    »Bitte Fanny, laß das«, bat ich sie peinlich berührt. »Lauf schon mal nach Hause und fang ausnahmsweise mit dem Wäschewaschen an.«
    »Hab’s nicht nötig, nur mit einem Bruder nach Haus zu gehen«, bemerkte Fanny gehässig. Dann setzte sie wieder ihr strahlendstes Lächeln auf. »Jungens mögen Heaven nicht, die wollen nur mich. Du wirst mich auch mögen. Magst du meine Hand halten?«
    Logan sah mich und Tom kurz an. Dann sprach er voller Ernst zu Fanny: »Danke, im Augenblick möchte ich Heaven nach Hause begleiten und hören, was sie mir alles zu erzählen hat.«
    »Solltest mich mal singen hören!«
    »Ein andermal vielleicht.«
    »Unsere-Jane kann singen«, bemerkte Keith leise.
    »Und wie!« rief Tom aus, während er Fanny am Arm packte und sie mit sich zog. »Komm, Keith, Unsere-Jane wartet schon zu Hause auf dich.« Das genügte, und Keith lief schon hinter Tom her, denn Unsere-Jane hatte heute wegen Fieber und Bauchweh wieder einmal die Schule versäumt.
    Fanny riß sich von Tom los und kam schreiend und fluchend zurückgelaufen. Schließlich streckte sie die Zunge heraus. »Du bist selbstsüchtig, Heaven Leigh Casteel! Gemein, dürr und häßlich! Ich hass’

Weitere Kostenlose Bücher