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Dunkle Wasser

Dunkle Wasser

Titel: Dunkle Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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Mutter glaubte nämlich an Astrologie.
    Er erzählte mir, wie er es angestellt hatte, die Erlaubnis zu bekommen, im Aufgabenzimmer zu arbeiten, wo ich immer meine Hausaufgaben machte. Ich bemühte mich, die Aufgaben in der Schule zu machen, damit ich keine Schulbücher, sondern Romane mit nach Hause nehmen konnte.
    Zum erstenmal in meinem Leben hatte ich einen Freund, der nicht davon ausging, daß ich leicht zu haben sei, nur weil ich aus den Bergen war. Logan rümpfte weder über meine Kleidung noch über meine Herkunft die Nase. Trotzdem hatte Logan vom ersten Tag an Feinde, einfach weil er anders war.
    Seine selbstsichere Haltung irritierte alle, seine Familie war zu reich, sein Vater zu gebildet und seine Mutter zu hochmütig.
    Die anderen Jungen nahmen daher an, daß er ein Feigling sei.
    Schon an jenem ersten Tag sagte ihm Tom, daß er sich eines Tages in den Augen der anderen bewähren müßte. Die Jungens spielten ihre dummen, wenn auch nicht ganz harmlosen Streiche mit ihm. Sie taten Reißnägel in seine Turnschuhe; sie banden seine Schuhe zusammen, damit er nach der Turnstunde zu spät in den nächsten Unterricht kam; sie träufelten Klebstoff in seine Schuhe und rannten davon, wenn er wütend wurde und drohte, die Schuldigen zu verprügeln.
    Nach zwei Wochen wurde Logan zwei Klassen höher als ich und Tom versetzt. Zu der Zeit trug auch er schon Jeans und karierte Hemden, allerdings waren es teure Jeans und Hemden.
    Trotz seiner angepaßten Kleidung fiel er immer noch auf. Er blieb höflich und zuvorkommend, während die anderen laut und grob waren. Er weigerte sich, sich so zu benehmen wie die anderen Burschen und ihre schmutzige Sprache zu sprechen.
    Am Freitag ging ich zum großen Erstaunen Toms nicht in das Aufgabenzimmer. Während wir in der strahlenden Septembersonne nach Hause schlenderten, hörte er nicht auf, mich nach dem Grund zu fragen. Es war ziemlich heiß, und Tom sprang mit seiner ganzen Kleidung in den Fluß, nachdem er sich zuvor die Turnschuhe ausgezogen hatte. Ich ließ mich am Ufer auf das Gras niederplumpsen. Unsere-Jane kuschelte sich an meine Seite, Keith beobachtete ein Eichhörnchen, das ganz oben auf einem Ast saß. Gedankenverloren sagte ich zu Tom, der im Wasser planschte: »Ich wünschte mir, daß ich aschblondes Haar hätte«, doch biß ich mir gleich auf die Zunge, als ich sah, wie Tom mich daraufhin ansah. Er schüttelte den Kopf wie ein Hund, daß das Wasser nur so spritzte. Glücklicherweise war Fanny weit hinter uns zurückgeblieben. Wir konnten von fern ihr Trällern und Kichern über die Hügel und durch den Wald hören.
    »Heavenly, weißt du es also doch?« fragte mich Tom stockend.
    »Was soll ich wissen?«
    »Warum willst du aschblondes Haar haben, wenn es deine Haare doch auch tun?«
    »Ach, nur so ein verrückter Gedanke von mir.«
    »Moment mal, Heavenly. Wenn wir beide Freunde bleiben wollen, mehr noch als Bruder und Schwester, dann mußt du offen und ehrlich sein. Weißt du’s, oder weißt du’s nicht, wer aschblonde Haare hatte?«
    »Weißt du es?«
    »Natürlich.« Er stieg aus dem Wasser, und wir gingen zusammen in Richtung Hütte. »Hab’s immer schon gewußt«, sagte er sanft, »vom ersten Schultag an. Die Jungen im Aufenthaltsraum haben mir von Vaters erster Frau aus Boston mit ihren langen aschblonden Haaren erzählt. Und wie alle gleich wußten, daß sie in den Bergen nicht überleben wird.
    Hab’ immer gehofft, daß du’s nicht erfährst, weil du mich dann nicht mehr so toll finden würdest. Ich hab’ nämlich kein Blut aus Boston in mir, keine reichen, kultivierten, vornehmen Ahnen – so wie du. Hab’ hundertprozentige dumpfe Hillbilly-Gene, egal was du und Miß Deale von mir denken.«
    Es tat mir weh, ihn so sprechen zu hören. »Hör auf, so zu reden, Thomas Luke Casteel! Erinnere dich, was Miß Deale neulich zu diesem Thema gesagt hat. Die intelligentesten Eltern können ein schwachsinniges Kind auf die Welt bringen
    – und schwachsinnige Eltern können ein Genie als Kind haben.
    Hat sie nicht auch gesagt, daß die Natur selbst für einen gerechten Ausgleich sorgt? Erinnere dich doch daran, was sie darüber gesagt hat, daß nichts in der Natur voraussagbar ist.
    Der einzige Grund, weshalb du nicht so viele Einser bekommst wie ich, ist, daß du zu oft die Schule schwänzt! Du mußt weiter an Miß Deales Ausspruch glauben, daß wir alle einmalige Geschöpfe sind, zu einem bestimmten Zweck geboren, den nur wir selbst erfüllen können. Denk

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