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Dunkle Wasser

Dunkle Wasser

Titel: Dunkle Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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fahren und die Familie meiner Mutter suchen. Ich will ihnen erzählen, was ihrer Tochter zugestoßen ist, das schulde ich ihnen. Sie nehmen sicherlich an, daß sie noch irgendwo lebt und glücklich ist.«
    »Hast recht. Hab’ selbst nie dran gedacht, aber hast recht.«
    Sie umarmte mich flüchtig mit ihren alten, dünnen, kraftlosen Armen. »Du mußt nur wissen, was du willst, dann bekommst du’s schon, bestimmt.«
    Für Großmutter war das Leben auf den Bergen härter als für uns alle. Niemand außer mir schien bemerkt zu haben, daß Großmutter das Aufstehen und Niedersetzen viel schwerer fiel als sonst. Oft hielt sie mitten im Gehen inne und preßte ihre Hand gegen das Herz. Manchmal wurde sie aschgrau im Gesicht und schnappte nach Luft. Es nützte nichts, wenn man ihr vorschlug, zu einem Arzt zu gehen; sie glaubte nicht an Ärzte und schon gar nicht an Medikamente, die sie sich nicht selbst aus Wurzeln und Kräutern, die ich für sie sammelte, zusammengebraut hatte.
    Durch Sarahs grimmiges und düsteres Verhalten wurde jeder Tag zur Qual. Es sei denn, Logan und ich waren zusammen.
    Und dann eines schrecklichen Tages, die Sonne schien glühend heiß, fand ich ihn unten am Fluß, und Fanny hüpfte splitternackt vor ihm am Ufer hin und her! Lachend forderte sie ihn auf, sie zu fangen. »Und wenn du mich gefangen hast –
    bin ich dein, nur dein«, lockte sie ihn. Ich stand wie erstarrt und war über Fannys Verhalten entsetzt. Ich wartete jedoch ab, was er tun würde.
    »Schäm dich, Fanny«, rief er ihr zu. »Du bist nur ein Kind, das eine gehörige Tracht Prügel verdient.«
    »Dann fang mich doch und gib sie mir!« forderte sie ihn heraus.
    »Nein, Fanny«, schrie er zurück, »du bist einfach nicht mein Typ.« Er drehte sich um und machte sich anscheinend auf den Weg nach Winnerrow. In diesem Augenblick trat ich hinter dem Baum hervor, der mich vor seinen Blicken versteckt hatte.
    Er versuchte zu lächeln, sah jedoch ziemlich betreten aus.
    »Ich wünschte mir, daß du das nicht gesehen oder gehört hättest. Ich habe auf dich gewartet, als Fanny aufgetaucht ist.
    Sie hat sich einfach das Kleid vom Leib gerissen und nichts darunter angehabt… Es war nicht meine Schuld, ich schwöre es dir, bestimmt nicht.«
    »Und das soll ich dir glauben?«
    »Es ist nicht meine Schuld«, rief er wieder und wurde ganz rot im Gesicht.
    »Ich weiß schon…« sagte ich kühl. Ich kannte Fanny ja. Und nach allem, was ich gehört hatte, mochten die Jungen lockere Mädchen, die gar nicht schüchtern und gehemmt waren, sondern so wie meine jüngere Schwester Fanny.
    »He«, rief Logan und zog meinen Kopf näher zu sich. Meine Lippen waren den seinen nahe. »Dich will ich, du gefällst mir.
    Fanny ist vielleicht hübsch und herausfordernd… Mir ist es aber lieber, wenn die Mädchen etwas zurückhaltender sind.
    Und wenn es mir aus irgendeinem Grund nicht gelingt, dich zu heiraten, dann will ich von all dem sowieso nichts mehr wissen.«
    Als er mich küßte, läuteten die Glocken. Ich hörte den zukünftigen Klang der Hochzeitsglocken. Mrs. Logan Grant Stonewall… das sollte ich sein.
    Sarah begann jetzt, Selbstgespräche zu führen, als quäle sie ein Alptraum.
    »Muß raus, muß raus aus dieser Hölle«, murmelte sie vor sich hin. »Nur Arbeit, essen, schlafen, und ich wart’ und wart’, daß er nach Hause kommt – «
    Es war unübersehbar und quälend zu beobachten, wie Sarahs kleine Welt düsterer und hoffnungsloser wurde. Und meistens ließ sie ihre dumpfe Verzweiflung an mir aus. Eines Abends fiel ich erschöpft auf meine Schlafdecke und weinte leise Tränen in mein hartes Kissen. Großmutter hörte es und legte mir tröstend die Hand auf die Schulter.
    »Schscht, wein nicht, Sarah mag dich ja, Kind. Dein Vater regt sie auf, aber du bist halt da, er nicht. Sie kann ihn ja nicht anschreien, wenn er gar nicht da ist, und hauen auch nicht –
    auch wenn er da wär’. Du kannst keinem Menschen mit Heulen und Schreien weh tun, der dich nicht liebt. Sie heult und schreit ja nun schon jahrein, jahraus, aber er hört es nicht, und es kümmert ihn nicht. Sie muß immer hier sein, also schlägt sie dich.«
    »Warum hat er sie überhaupt geheiratet, wenn er sie nicht liebt, Großmutter?« schluchzte ich. »Nur damit ich eine Stiefmutter bekomme, die mich nicht mag?«
    »Das weiß der Himmel, warum und wieso die Männer so sind, wie sie sind.« Die Großmutter atmete schwer. Sie drehte sich um und umarmte liebevoll Großvater, den

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