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Dunkle Wasser

Dunkle Wasser

Titel: Dunkle Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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sie Toby nannte. Mit einem Kuß und einem Streicheln über sein schrundig zerfurchtes Gesicht schenkte sie ihm mehr Liebe als wir alle zusammen. »Schau zu, daß du den Richtigen bekommst, so wie ich’s gemacht hab’, dann ist alles gut. Und wart’s ab, bis du alt genug bist und schon vernünftig. So fünfzehn.«
    Wenn ein Mädchen aus den Bergen sechzehn Jahre alt geworden war und sich noch nicht verlobt hatte, dann wurde aus ihr höchstwahrscheinlich eine alte Jungfer.
    »Jetzt flüstern sie wieder«, brabbelte Sarah und spitzte die Ohren hinter ihrem verwaschenen roten Vorhang, »und reden über mich. ‘s Mädchen heult wieder. Warum bin ich zu ihr so gemein und nicht zu Fanny, die ja den ganzen Ärger macht?
    Oder zu Unserer-Jane oder Keith? Und vor allem, warum nicht zu Tom?«
    Ich hielt den Atem an, weil Sarah mit dem Gedanken spielte, ihre Wut an Tom auszulassen.
    Es war ein schrecklicher Tag, als Sarah Tom mit einer Peitsche schlug, als könnte sie sich dafür an Vater rächen, daß er nie zu ihr so gewesen war, wie sie es sich gewünscht hatte.
    »Hab’ ich dir nicht gesagt, du sollst in die Stadt gehen und Geld verdienen?«
    »Aber Mutter! Keiner wollte mich anstellen. Viele Jungens haben einen elektrischen Rasenmäher, der die Blätter aufsaugt.
    Die brauchen keinen Burschen aus den Bergen, der nicht einmal einen Handrasenmäher hat!«
    »Keine Ausreden! Ich brauch’ Geld, Tom, Geld!«
    »Mutter… Morgen versuch’ ich’s wieder«, schrie Tom und hob seine Arme schützend vor sein Gesicht. »So verschwollen und blutig krieg’ ich doch nie ‘n Job!«
    Verstört blickte Sarah zu Boden – leider. Tom hatte nämlich vergessen, sich die Schuhe abzuputzen. »Hast wohl keine Augen im Kopf, was? Der Boden ist geputzt! Grad eben!
    Schau ihn dir jetzt an, völlig verdreckt!«
    Patsch! Sie hieb mit ihrer schweren Faust mitten in Toms verblüfftes Gesicht, daß er gegen die Wand knallte, und ein Glas Honig, den wir gestohlen hatten und der oben auf dem Regal stand, fiel ihm auf den Kopf. Die klebrige Masse troff an ihm herunter.
    »Dank dir, Mutter«, sagte Tom mit einem komischen Grinsen. »Jetzt kann ich so viel Honig schlecken, wie ich mag.«
    »Ach, Tommy…« schluchzte sie und schämte sich nun doch.
    »Es tut mir ja leid. Weiß einfach nicht, was in mich gefahren ist…«
    Es war September. Bald würden wir in die Schule zurückgehen, und Sarahs Baby konnte jetzt jeden Tag geboren werden. Sarah blieb, obwohl sie immer wieder drohte zu gehen, in der Hoffnung, daß sie Vater weh tun könnte, wenn sie ihm seinen dunkelhaarigen Sohn wegnahm. Vater blieb immer länger in der Stadt.
    Eine Stunde verging wie die andere, furchtbare Stunden, zwar nicht ganz wie die Hölle, aber weit entfernt vom Paradies. Wir waren über den Sommer zwar merklich größer und erwachsener geworden, aber während Sarahs Kind ihren Bauch immer dicker werden ließ, wurden wir älteren dürrer, stiller und genügsamer.
    Etwas Bedrohliches schien auf uns zuzukommen. Und oft wälzte ich mich die ganze Nacht hin und her. Wenn ich in der Frühe aufstand, hatte ich das Gefühl, daß ich keinen Augenblick geschlafen hatte.
    5. KAPITEL

    SARAHS BABY

    Am ersten Schultag erwartete mich Logan auf halber Wegstrecke, um mich zu begleiten. Langsam wurde es in den Bergen spürbar kühler, aber unten im Tal war es noch angenehm warm. Miß Deale war immer noch unsere Lehrerin.
    Ich verehrte sie immer noch, aber trotzdem war ich nicht immer bei der Sache…
    Ich war froh, wieder in die Schule zu gehen und Logan jeden Tag sehen zu können. Er nahm meine Hand und begleitete mich täglich nach Hause. Mit ihm konnte ich alle meine Sorgen und Nöte vergessen, die zu Hause auf mich warteten.
    Wir gingen nebeneinander her und diskutierten eifrig unsere Zukunftspläne. Tom ging währenddessen mit Unserer-Jane und Keith voraus, und Fanny trödelte, von ihren Verehrern begleitet, hinter uns her.
    Ich brauchte mich nur umzusehen, um zu wissen, daß in den kommenden Nächten das Regenwasser auf den Bergen gefrieren würde; wir brauchten alle dringend Wintermäntel, Jacken und Stiefel, die wir uns aber nicht leisten konnten.
    Logan hielt meine Hand und blickte mich unentwegt an, als könnte er nicht aufhören, mich zu bewundern. Wir schlenderten sehr langsam dahin. Unsere-Jane und Keith lachten und hüpften, während Tom nach hinten lief, um nachzusehen, was Fanny gerade mit den Jungen anstellte.
    »Du sprichst überhaupt nicht mit mir«, beklagte sich

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