Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dunkle Wasser

Dunkle Wasser

Titel: Dunkle Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
Vom Netzwerk:
gesagt, dürft’ kein’ Geschlechtsverkehr mehr mit einer Frau haben, nicht mal mit meiner eigenen. Ich brauch’ Spritzen, sagte er mir, die mich kurieren können, aber wir haben nicht das Geld dafür.«
    »Was hast du?« fragte Sarah mit kalter Stimme.
    »Hab’ die Syphilis im ersten Stadium«, gestand Vater. Seine Stimme klang hohl. »War nicht deine Schuld, daß du das Baby verloren hast, es war meine. Und ich sag’s nur einmal, hier und jetzt: Ich entschuldige mich.«
    »Zu spät, sich zu entschuldigen!« schrie Sarah. »Zu spät, um mein Baby zu retten! Hast deine Mutter umgebracht, als du mein letztes Kleines getötet hast! Hörst du? Deine Mutter ist tot!«
    Obwohl ich meinen Vater haßte, war sogar ich entsetzt, wie Sarah das herausgeschrien hatte; wenn Vater irgend jemanden, außer sich selbst, geliebt hatte, dann war es Großmutter gewesen. Ich hörte, wie er nach Luft rang, es klang wie ein Röcheln. Dann ließ er sich so schwer auf den Stuhl zurückfallen, daß ich meinte, er würde zusammenbrechen.
    »Du mußtest ja deinen Spaß haben, während ich die ganze Zeit hier gehockt und gehofft hab’, du hättest auch mal Sehnsucht nach mir. Ich hasse dich, Luke Casteel! Und ich hass’ dich noch mehr, weil du eine Tote nicht vergessen kannst, von der du sowieso von Anfang an die Finger hättest lassen sollen!«
    »Du läßt mich also im Stich?« fragte er bitter. »Jetzt, wo meine Mutter unter der Erde liegt und ich krank bin?«
    »Hast’s verdammt gut erraten!« schrie sie ihn an, sprang auf und fing an, seine Kleidung in einen Karton zu schmeißen.
    »Hier hast du deine verrotteten und verstunkenen Klamotten.
    Hau ab! Hau ab, bevor du uns noch alle mit deiner vermaledeiten Krankheit ansteckst! Will dich nie wieder sehen! Nie wieder!«
    Er erhob sich, scheinbar getroffen, und sah sich in der Hütte um, als würde er sie zum letzten Mal vor sich sehen. Ich hatte Angst, große Angst. Ich bebte, als Vater neben Großvaters Stuhl stehenblieb und seine Hand sanft auf seine Schultern legte. »Tut mir leid, Vater. Tut mir wirklich leid, daß ich nicht bei ihrem Begräbnis war.«
    Großvater sagte nichts, er senkte den Kopf, und die Tränen tropften unendlich langsam herab und benetzten sein Knie.
    Stumm sah ich zu, wie Vater in seinen Lieferwagen stieg und davonbrauste, wobei Erde hochgeschleudert und das Laub durcheinandergewirbelt wurde und hinter ihm Staub und Dreck in die Luft flog. Er war fort und hatte seine Jagdhunde mitgenommen. Nun hatten wir nur noch Katzen, die nur für sich selbst sorgten.
    Ich rannte in eines der Zimmer, um Sarah zu sagen, daß Vater nun endgültig fort war und diesmal seine Hunde mitgenommen hatte. Bei dieser Nachricht schrie sie auf und sank dann zu Boden. »Mutter, aber das wolltest du doch, nicht wahr? Du hast ihn rausgeworfen. Du hast ihm gesagt, daß du ihn haßt…
    warum weinst du, wenn es zu spät ist?«
    »Sei still!« brüllte Sarah. »Ist mir egal! Besser so, besser so!«
    Besser so? Warum weinte sie dann noch mehr?
    Mit wem, außer mit Tom, konnte ich jetzt reden? Jedenfalls nicht mit Großvater, den ich nie so geliebt hatte wie Großmutter.
    Ich half ihm, sich jeden Morgen an den Tisch zu setzen, wenn Sarah noch im Bett lag, und jeden Abend, wobei ich versuchte, ihn zu trösten, bis er sich daran gewöhnt hatte, ohne seine Frau zu leben. »Deine Annie ist jetzt im Himmel, Großvater. Sie hat mir oft gesagt, daß ich auf dich aufpassen soll, wenn sie tot ist, und das werde ich auch tun. Und überlege doch, Großvater, jetzt hat sie keine Schmerzen mehr, und im Paradies kann sie essen, was sie will, ohne daß ihr jedesmal danach schlecht wird. Das wird ihre Belohnung sein… nicht wahr, Großvater?«
    Armer Großvater – er konnte nicht sprechen. Die Tränen flossen aus seinen blassen, müden Augen. Wenn er ein bißchen gegessen hatte, half ich ihm wieder zurück in den Schaukelstuhl, den Großmutter benutzt hatte und auf dem die besten Kissen lagen, um die Schmerzen in den Hüften und Gelenken erträglicher zu machen. »Niemand da, der mich je wieder Toby nennen wird«, sagte er unendlich traurig.
    »Ich werde dich Toby nennen«, sagte ich schnell.
    »Ich auch«, meldete sich Tom ebenfalls.
    Nach Großmutters Tod redete Großvater mehr, als ich je von ihm gehört hatte.
    »Mein Gott, das Leben hier wird aber öd!« weinte Fanny.
    »Wenn noch einer stirbt, hau’ ich ab!«
    Sarah blickte auf und sah Fanny nachdenklich an, bevor sie im zweiten Zimmer verschwand, und

Weitere Kostenlose Bücher