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Dunkle Wasser

Dunkle Wasser

Titel: Dunkle Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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sechs Meter gelaufen, als der schnellste Hund mich schon fast eingeholt hatte. Hastig kletterte ich einen Baum hoch und setzte mich auf einen dicken Ast. Ich sah auf die Köter hinunter, die nun außer sich waren, weil ich ihnen meine Angst gezeigt hatte. »Weggehen!« befahl ich ihnen mit fester Stimme. »Ich habe keine Angst vor euch!«
    Aus dem Dunkeln kam der gute alte Snapper gerannt, um mich zu verteidigen. Er warf sich ins Getümmel der jüngeren Hunde, gerade als Farmer McLeroy mit einer Flinte in der Hand herausgerannt kam!
    Sofort feuerte er einen Schuß über den Köpfen der Hundemeute ab. Die Tiere flohen in alle Richtungen, und ich saß zusammengekauert oben auf dem Baum und versuchte, unbemerkt zu bleiben.
    Leider schien der Mond. »Bist du das, Heaven Casteel?«
    fragte der baumlange Farmer. Seine Haare waren so rot, daß er ein Verwandter Sarahs hätte sein können. »Klaust wohl meine Hühner, was?«
    »Bin von den Hunden auf’n Baum gejagt worden, wollt’ nur nach Vaters Lieblingshund suchen. Ist seit Wochen verschwunden gewesen und erst vor einigen Tagen zurückgekommen… und jetzt ist er wieder weg.«
    »Runter mit dir«, herrschte er mich an.
    Vorsichtig kletterte ich vom Baum herunter und betete innerlich, daß Tom und Fanny die Hühner gestohlen hatten und bereits auf dem Weg nach Hause waren.
    »Wo hast du sie?«
    »Was denn?«
    »Na, meine Hühner.«
    »Glauben Sie, ich könnt’ auf’n Baum klettern mit zwei Hühnern in der Hand? Mr. McLeroy, hab’ nur zwei Hände.«
    Im Dunkeln hinter ihm erkannte ich zwei seiner baumlangen Söhne mit ihren buschigen roten Haaren. Beide trugen wuchernde, ungepflegte Bärte, und jeder hielt eine Taschenlampe in der Hand, mit der sie mein Gesicht anstrahlten. Einer leuchtete mich von Kopf bis Fuß an. »Mann, schau mal, Vater. Ganz schön erwachsen geworden. Sieht aus wie ihre Mutter, die Schönheit aus der Stadt.«
    »‘ne Hühnerdiebin ist sie!«
    »Sehen Sie ‘n Huhn an mir?« fragte ich tollkühn.
    »Hab’ noch keine Leibesvisitation gemacht«, sagte einer der Jungen, kaum älter als Logan. »Ich durchsuch’ sie, Vater.«
    »Finger weg!« fuhr ich ihn an. »Hab’ nur nach dem Hund meines Vaters gesucht, und das ist ja wohl gesetzlich erlaubt!«
    Ich hatte das Lügen sehr schnell gelernt, um Tom und Fanny genügend Zeit zu geben, unbehelligt auf die Berge zu kommen.
    Diese Riesen ließen mich wieder in den Wald zurück, in der Überzeugung, daß ich zwar keine Hühnerdiebin, aber eine große Lügnerin war.
    Tom und Fanny war es gelungen, fünf Hühner zu stehlen, und Tom hatte sich noch sechs Eier geschnappt, obwohl nur noch drei davon ganz waren, als er die Hütte erreicht hatte.
    »Zwei Hühner heben wir auf«, sagte ich, als ich mit rotem Gesicht und atemlos zu Hause angekommen war, »damit sie legen und Unsere-Jane und Keith jeden Tag Eier essen können.«
    »Wo warst du die ganze Zeit?«
    »Auf einem Baum, und die Hunde standen drum herum.«
    Bald waren wir schon recht geschickt im Stehlen. Wir gingen nie zweimal an die gleiche Stelle. Großvater paßte auf die zwei Jüngsten auf, während wir jede Nacht loszogen und auf allerhand Ideen kamen, wie wir soviel wie möglich mitgehen lassen konnten. Im Dämmerlicht der Winternachmittage warteten wir heimlich ab, bis die Hausfrauen aus den Kofferräumen ihrer Autos die vollen
    Einkaufstüten
    auspackten. Einige Frauen gingen dabei vier- bis fünfmal hin und her… und das gab uns die Gelegenheit, schnell eine Tüte zu schnappen und loszurennen. Es war zweifellos Diebstahl, aber wir sagten uns, daß wir damit unser Leben retteten und daß wir eines Tages den Frauen alles zurückzahlen würden.
    Eines Tages war es wieder jedem von uns gelungen, eine Einkaufstüte zu erwischen, gerade noch rechtzeitig, bevor eine Frau losschrie: »Hilfe! Hilfe! Diebe!« Es stellte sich dann aber heraus, daß meine Tüte nur Papierservietten, Wachspapier und Klopapier enthielt. Fanny bog sich vor Lachen. »Bist blöd, du mußt die schweren Tüten schnappen.«
    Zum ersten Mal in unserem Leben hatten wir richtiges Klopapier, Servietten und Wachspapier – aber was sollten wir bloß damit anfangen? Wir hatten ja nichts, das wir einpacken oder im Kühlschrank aufbewahren konnten.
    Tom und ich lagen am Boden nebeneinander auf den Schlafdecken. Wir wollten, daß Großvater im Bett schlief, um seinen alten Knochen etwas Weiches zu gönnen. »Es bedrückt mich«, flüsterte Tom, »von anderen Leuten zu stehlen, die hart für

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