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Dunkle Wasser

Dunkle Wasser

Titel: Dunkle Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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gestorben.«
    Das hoffte ich nicht, trotzdem atmete ich erleichtert auf.
    Meine große Angst war, daß Logan aus der Stadt ziehen und mich vergessen würde oder daß er zwar blieb, aber so beleidigt war, daß er nie mehr ein Wort mit mir sprach. Da war es besser, zu glauben, er sei in die Ferien oder zu einem Begräbnis gefahren, statt anzunehmen, er sei verschwunden, weil er mich nicht mehr leiden konnte. Bald würde er wieder zu Hause sein. Dann könnten wir uns treffen, ich würde mich entschuldigen, er würde lächeln und mir zu verstehen geben, daß er Verständnis dafür habe. Und alles wäre wieder in Ordnung zwischen uns.
    Die Wäsche mußte gestopft und genäht werden. Sarah hatte einmal Stoff im Ausverkauf besorgt. Es war ein billiges Material, das niemand mehr haben wollte. Als Schnittmuster hatte sie alte Kleider aufgetrennt und schneiderte danach neue Kleider, die vielleicht schlecht geschnitten und unschön waren, aber brauchbar. Ich wußte nicht, wie ich Kleider für Unsere-Jane und Fanny – und schon gar nicht für mich – hätte nähen sollen. Toms Hemden waren auch schon zerschlissen, aber es war kein Geld da, ihm neue zu kaufen.
    Ich nähte Flicken dran; mit großen ungeschickten Stichen stopfte ich die Löcher, die bald wieder aufrissen. Ich nähte Säume und versuchte, kleine Risse kunstvoll zu stopfen, so daß man nichts sah. Ich trennte alte Kleider auf, die mir zu klein geworden waren, und versuchte, daraus etwas für Unsere-Jane zu nähen, die man immer mit etwas Hübschem erfreuen konnte. In der Hütte war es eiskalt, und obwohl ich es sehr ungern tat, ging ich doch zu meinem Zauberkoffer, durchstöberte die Sommerkleider und fand schließlich eine weiche, rosa Jacke. Sie hatte zwar dreiviertellange Ärmel, aber sie war trotzdem zu groß für Unsere-Jane. Kaum hatte Unsere-Jane jedoch die Jacke erspäht, wollte sie sie unter allen Umständen haben. »Jetzt warte noch ein bißchen, ich werde sie dir richten.«
    Und das tat ich auch; zog ein dünnes Gummiband am Kragen durch, um die Schultern zu raffen. Nun besaß Unsere-Jane ein langes, schönes, rosafarbenes, weiches Jackenkleid.
    »Wo hast du das her?« fragte Fanny, die gerade aus dem Wald zurückkam und sofort Unsere-Jane mißtrauisch beäugte, die fröhlich durch das Zimmer hüpfte und ihr neues Kleid stolz zeigte. »Hab’ dieses rosa Ding noch nie gesehen… Wo hast du’s her?«
    »Der Wind hat es gebracht«, antwortete Tom, der seine Jagdgeschichten immer mit überschäumender Phantasie ausschmückte. »Ich lag da aufm Bauch, tief eingegraben im Schnee und wartete, bis irgendwo ein Truthahn mit seinem Kopf hervorlugen würd’, für unseren leckeren Weihnachtsbraten. Ich hatt’ meinen todsicheren Blick auf den Busch geheftet, hinter dem er hockte; meine Flinte war auf ihn gerichtet. Ich kneif also die Augen zusammen, und da fliegt doch so’n rosa Ding durch die Luft. Hab’s fast totgeschossen, aber es landete auf einem Busch und ist doch tatsächlich ‘n Jackenkleid mit ‘nem Etikett, auf dem der Name Unserer-Jane steht.«
    »Du lügst«, stellte Fanny fest. »Dümmste, größte Lüge deines Lebens – und du hast bestimmt schon eine Million davon erzählt.«
    »Mußt du ja besser wissen, bei deinen vielen Millionen Lügen.«
    »Großvater, Tom nennt mich eine Lügnerin! Sag, er soll aufhören!«
    »Hör auf, Tom«, sagte Großvater teilnahmslos. »Solltest deine Schwester Fanny nicht ärgern.«
    So ging die Zeit dahin, Fanny und Tom stritten sich, Keith und Unsere-Jane blieben still, Großvater schnitzte und wollte nicht gehen, da ihn, wie er behauptete, seine Füße immer schmerzten von den Hühneraugen, wunden Fußballen und anderen Hautentzündungen, während ich davon überzeugt war, daß man sie mit Wasser und Seife hätte kurieren können. Aber Großvater hielt nicht allzuviel von Wasser und Seife; sogar am Samstagabend mußten wir ihn regelrecht zwingen, sich zu waschen. Großvater gab sich alle erdenkliche Mühe, nichts zu tun, außer zu schnitzen.
    Fanny fand alle möglichen Entschuldigungen, um sich vor der ihr zugewiesenen Arbeit zu drücken, auch wenn sie nicht in die Schule ging. Schließlich gab ich Fanny auf; wenn es ihr Ziel war, dumm und ungebildet zu bleiben, dann hatte sie es schon mit Auszeichnung erreicht. Wichtig war, daß Tom eine Ausbildung bekam, und darum strengten Tom und ich uns besonders an.
    »Na gut«, sagte er traurig lächelnd. »Ich mach’ weiter und lern’ für zwei, damit ich’s dir

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