Dunkle Wasser in Florenz - Roman: Dunkle Wasser in Florenz
hastig das Gesicht, putzte sich die Zähne mit Mineralwasser und kämmte sich. In der Küche duftete es nach Kaffee. Eleonora war angezogen, sie hatte sich sogar den Mantel übergeworfen. Natürlich sah sie wunderschön aus.
»Gut geschlafen, Signorina?«
»Nicht so gut, es kam mir vor, als hätte ich ein Ungeheuer im Bett gehabt«, sagte sie lächelnd. Casini näherte sich ihr mit den Händen in den Hosentaschen und bezähmte sein Verlangen, sie zu küssen. Er sah ihr direkt in die Augen.
»Hast du gefroren?«
»Das Ungeheuer hat schon dafür gesorgt, dass mir nicht kalt war.«
»Nicht alle Ungeheuer sind böse«, sagte Casini. Sie lächelte und stellte das Gas unter der Espressomaschine aus, die vor sich hin brodelte.
»Was hast du heute vor?«, fragte sie und goss den Kaffee in die kleinen Tassen.
»Jetzt gehe ich erst mal ins Präsidium, danach weiß ich noch nicht.«
»Sehe ich dich heute Abend?«
»Wenn du unbedingt möchtest …«, meinte er. Eleonora machte einen Schritt auf ihn zu und küsste ihn.
»Du wirst mich doch nicht ganz allein mitten unter den Studenten und Soldaten lassen wollen.«
»Auf gar keinen Fall!«
»Wann kommst du vorbei?«
»Warte, ich bin gleich wieder da.« Casini ging in den Flur und nahm aus der Schublade des Tischchens ein zweites Paar Wohnungsschlüssel. Dann kehrte er in die Küche zurück und hielt es ihr hin. Nur einige gezackte Metallstücke, aber in diesem Moment hatten sie eine große Bedeutung. Eleonora war überrascht. Nach kurzem Zögern nahm sie die Schlüssel und steckte sie kommentarlos ein.
Beide tranken ihren Kaffee aus und verließen das Haus. Auf der Straße waren die Leute bereits seit längerem wieder bei der Arbeit. Die aus den Häusern geräumten, unbrauchbar gewordenen Sachen stapelten sich immer höher, und niemand kam vorbei, um sie abzuholen.
Casini brachte Eleonora nach San Miniato, damit sie dort ihren Fiat 500 abholen konnte, und zwang sich während der Fahrt, nicht zu rauchen. Ehe sie auseinandergingen, küssten sie sich lange. Er blieb noch stehen, starrte dem 500 hinterher, und sobald dieser hinter der nächsten Ecke verschwand, verdunkelte sich Casinis Miene. Er fühlte sich wieder allein. Noch vor einer Sekunde hätte er seinen Kopf darauf verwettet, dass auch sie verliebt war, und schon jetzt glaubte er nicht mehr daran. Er stieg in seinen Wagen, fuhr an und versuchte, an etwas anderes zu denken.
Im Stadtzentrum sah man Soldaten, die den Menschen halfen, aber es waren immer noch zu wenige, und vor allem fehlten die Räumfahrzeuge, die der Bürgermeister so lautstark angemahnt hatte.
Casini erreichte das Präsidium und ging, die »La Nazione« unter den Arm geklemmt, hoch in sein Büro. Auf dem Schreibtisch fand er die Berichte der Nachtschicht über die drei Faschisten. Nichts Neues. Man brauchte viel Geduld, und wie das Ergebnis aussehen würde, war ungewiss. Aber für den Moment würde der Polizeipräsident ihm wenigstens nicht wieder die Hölle heißmachen, weil er vollauf mit dem Hochwasser beschäftigt war.
Casini zündete sich eine Zigarette an und verließ das Präsidium. Er spürte das Bedürfnis, unter Leute zu gehen, so hatte er wenigstens keine Zeit, sich sinnlos den Kopf zu zerbrechen. Als er am Stadion ankam, schloss er sich einem Militärkonvoi an, der aufs Land nach Lastra a Signa unterwegs war, wo es noch viel zu tun gab. Er verbrachte den ganzen Tag damit, Lebensmittel zu verteilen, und spürte überhaupt keine Müdigkeit.
Auf der Heimfahrt im Lastwagen fühlte er sich schlagartig so erschöpft, dass er sich an eine Seitenwand anlehnen musste. Viertel nach acht. Er würde nicht sofort nach San Niccolò hetzen, besser, er ließ sie ein wenig in Ruhe … Oder vielleicht wünschte er sich auch nur, dass sie ihn vermisste.
Im Stadion kletterte er vom Laster hinunter, verabschiedete sich von den Soldaten und fuhr mit seinem Fiat 1100 weiter. Er setzte sich mit dem Präsidium in Verbindung: nichts Neues, wie üblich. Casini informierte den wachhabenden Beamten, dass er sich später noch einmal melden würde, und beendete das Gespräch. Hoffentlich hatte Cesares Trattoria geöffnet, da sie ja von der Überschwemmung verschont geblieben war. Als er in den Viale Lavignini einbog, stellte er erleichtert fest, dass dort Licht brannte. Er hatte wirklich Lust auf einen netten Plausch mit Totò.
Die Tische waren fast alle besetzt, und dichtes Stimmengewirr erfüllte den Raum. Casini wechselte ein paar Worte mit Oreste,
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