Dunkle Wasser in Florenz - Roman: Dunkle Wasser in Florenz
Minuten stehen. Als sie zu Casini zurückkehrte, lag er schon wieder ausgestreckt und ohne Schuhe auf der Couch und hielt ein volles Glas Grappa in der Hand. Sie setzte sich neben ihn auf die Sofakante, ohne die große Deckenlampe wieder anzuschalten.
»Amelia wollte mir nichts sagen«, flüsterte sie dramatisch.
»Würdest du mir bitte mit deinen kleinen Goldhändchen den Rücken massieren?«, fragte Casini, der inzwischen wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgekehrt war.
»Sicher, mein Schatz. Zieh schon mal dein Hemd aus, ich hole inzwischen die Creme.« Rosa trabte hüftschwingend ins Bad. Um ihre Laune zu heben, brauchte es nicht viel. Casini drückte die Zigarette aus, zog das Hemd aus und legte sich auf den Bauch. Rosa kam mit einer großen Dose Niveacreme zurück und verteilte eine reichliche Menge davon auf ihre Hände. Dann setzte sie sich rittlings auf ihn und begann mit der Massage.
»Du hast zugenommen«, sagte sie.
»Das bildest du dir bloß ein.«
»Also hör mal, davon verstehe ich was …« Sie kicherte. Casini stöhnte vor Vergnügen. Draußen begann es wieder zu schütten. Wind kam auf, und man hörte, wie irgendwo ein Fensterladen klapperte. Ein Wetter, bei dem man keinen Hund vor die Tür jagte. Gedeone war das egal. Er war auf die Anrichte geklettert und dort eingeschlafen.
»Rosa, glaubst du wirklich an solche Sachen?«
»Was für Sachen?«
»Tarotkarten, Wahrsager …«
»Natürlich glaube ich daran. Meine Freundin Asmara hat mir gesagt, dass Amelia ihr schon oft die Karten gelegt hat, und sie hat jedes Mal ins Schwarze getroffen, was die Vergangenheit oder die Zukunft betraf.«
»Zum Beispiel?«
»Na ja, sie hat ihr gesagt, dass ihr Vater sie verlassen hat, als sie noch ein kleines Mädchen war, dass ihre Mutter gestorben ist, als sie sechs war …«
»Und für die Zukunft?«
»Im letzten Jahr hat sie ihr vorhergesagt, dass sie dieses Jahr im Januar einen kleinen Unfall haben würde, und das ist wirklich passiert. Sie hat sich den kleinen Zeh gebrochen.«
»Und sonst?« Er hörte Rosa gerne reden.
»Sie hat ihr vorhergesagt, dass sie am Blinddarm operiert werden würde, und so kam es. Sie hat ihr gesagt, dass sie eine kleine Erbschaft von einer weit entfernten Verwandten machen würde, die sie noch nicht einmal kannte, und auch das stimmte. Sie hat ihr gesagt, dass ein Freier sich in sie verlieben und ihr einen wunderschönen Ring schenken würde … Also, es hat sich wirklich alles erfüllt, von Anfang bis Ende.«
»Zufälle.«
»Dir hat sie gesagt, dass dich gerade erst eine blonde Frau verlassen hat … Was sagst du dazu?«
»Das wird ihr wohl ein Vögelchen gezwitschert haben.«
»Also, ich habe ihr gar nichts verraten«, sagte Rosa leicht gekränkt.
»Hat Amelia auch dir die Karten gelegt?«
»Oh nein, ich will gar nicht wissen, was mir noch bevorsteht.«
»Deshalb hast du es für eine gute Idee gehalten, dass sie sie für mich legt.«
»Was ist denn so Schlimmes daran?«, fragte Rosa und knetete kräftig um seine Wirbelsäule herum. Casini überließ sich diesem Vergnügen und lauschte dem Regen. Er versuchte, nicht daran zu denken, dass er irgendwann wieder nach Hause gehen müsste. Rosa seufzte tief.
»Also, was habe ich dir noch mal erzählt? Schwester Celestina betete gerade mitten in der Nacht, als es plötzlich an die Tür des Klosters klopfte …«
Casini wurde bei Tagesanbruch vom Klingeln des Telefons geweckt und sprang aus dem Bett. Noch ehe er den Hörer in der Hand hatte, wusste er, was passiert war.
»Ja?«
»Dottore, ich bin’s, Rinaldi. Ein Jäger hat im Wald eine verscharrte Leiche gefunden, und der Fuß, der aus dem Erdreich hervorschaut, scheint zu einem Jungen zu gehören.«
»Wo?«
»Nahe der Ortschaft La Panca. Ein Wagen ist bereits unterwegs dorthin«, sagte Rinaldi. Der Kommissar musste an die letzten Worte Amelias denken: Morgen früh …
»Wo genau liegt denn dieses La Panca?«
»Hinter Strada in Chianti muss man nach links auf die Straße nach Cintoia abbiegen und dann sechs oder sieben Kilometer geradeaus fahren. Um an den Fundort der Leiche zu gelangen, geht es dann einen Weg entlang, der nach oben in den Wald in Richtung Monte Scalari führt.«
»Ich hole Piras ab und fahre dann selbst hin. Rufen Sie Diotivede an.«
»Und was ist mit dem Staatsanwalt?«
»Dem sagen Sie erst in ein paar Stunden Bescheid. Ich habe keine Lust, ihm zu begegnen.«
»Ja, Dottore.«
»Funken Sie die Streife an, niemand darf etwas
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