Dunkle Wasser in Florenz - Roman: Dunkle Wasser in Florenz
Staatspräsidenten und den ganzen Ministern spricht.«
»Was für ein Mensch ist er?«
»Ein eiskalter Kerl. Er spricht sehr wenig, und jedes Wort, das er sagt, wägt er lang und breit ab. Ich bin mir fast sicher, dass er zu den Freimaurern gehört, aber dafür habe ich keinen Beweis, das ist nur so ein Bauchgefühl. In Florenz sind alle Freimaurer, sobald sie einen gewissen Grad an Macht oder Reichtum erreicht haben.«
»Vielen Dank … Jetzt überlass ich dich wieder deiner Arbeit.« Sie verabschiedeten sich, und Casini zündete sich eine Zigarette an. Monsignore Sercambi war bestimmt nicht das schwache Glied in der Kette. Jetzt blieb nur noch der junge Mann, der Eigentümer der Villa, in der man Verstecken spielte. Casini rief im Funkraum an und fragte, wer gerade in der Via Bolognese Schicht hatte.
»Tapinassi und Biagi, Dottore. Wagen zweiunddreißig«, sagte der Beamte.
Der Kommissar holte den Marinefeldstecher mit neunfacher Vergrößerung aus dem Regal. Den hatte er zusammen mit einem Messer der Legion San Marco und ein paar Pistolen aus dem Krieg mitgebracht. Er ging in den Hof hinunter und stieg in den Fiat 1100. Sobald er den Hof des Polizeipräsidiums verlassen hatte, setzte er sich mit Tapinassi in Verbindung.
»Gibt es was Neues?«
»Niemand hat die Villa verlassen. Um halb neun hat eine dicke Frau das kleine Tor mit einem Schlüssel aufgesperrt und ist hineingegangen. So wie sie aussah und gekleidet war, muss sie die Putzfrau sein. Sie ist noch nicht wieder herausgekommen. Um Viertel nach neun kam die Müllabfuhr. In der letzten halben Stunde haben nacheinander zwei Laufburschen Einkäufe gebracht … Sonst gibt es nichts Neues, Commissario.«
»Ich komme gleich zu euch. Ende.«
Als er durch die Via Bolognese fuhr, dachte er an seine Nacht mit der schönen Eleonora und fragte sich, wann er sie wohl wiedersehen würde. Sie hatten kein Wort miteinander gewechselt, keine Verabredung getroffen. Sie hatte das Schweigen gewollt, und er hatte mitgespielt. Menschen seiner Generation fiel es schwer, so im Ungewissen zu leben, aber er musste auch zugeben, dass er es aufregend fand. Jeden Moment konnte es eine Überraschung geben, obwohl man dabei auch ein wenig leiden musste …
Er kam an der Villa Triste vorbei, sah die leeren Zementkübel, die die Straße versperrten, und seine Liebesqualen kamen ihm auf einmal unbedeutend vor. Er erinnerte sich an etwas, was ihm sein Vater unmittelbar nach dem Krieg erzählt hatte. Während Mario Carità in den Kellern dieses Gebäudes die Partisanen folterte, klimperte oben ein Benediktinermönch neapolitanische Gassenhauer auf dem Klavier, um die Schreie der Partisanen zu überdecken. Er nannte sich Pater Ildefonso, aber eigentlich hieß er Alfredo Epaminonda Troia. So einen Namen vergaß man nie wieder.
Er blieb allein in seinem Fiat 1100 sitzen, um ohne Hemmungen und ohne jemanden zu belästigen rauchen zu können. Er hatte weit vom Tor entfernt und den Hügel hinauf geparkt. Der andere Wagen war etwa fünfzig Meter weiter unten postiert.
Gegen Mittag verließ die Putzfrau das Grundstück und machte sich auf den Weg nach unten. Zehn Minuten später kam ein Sportwagen, ein feuerroter Alfa Romeo, aus der Einfahrt der Villa und blieb quer zum Bürgersteig mit laufendem Motor stehen. Casini hatte seinen Feldstecher schon in der Hand. Er sah einen jungen Mann um die dreißig, recht attraktiv, mittelgroß, hager. Er wirkte verschlossen, hatte ebenmäßige Züge und schwarze, glatte Haare, die ihm bis über die Ohren gingen … Genau wie ihn Rovario beschrieben hatte. Der junge Mann schloss das Tor und stieg in sein Duetto Cabrio. Mit quietschenden Reifen fuhr er los Richtung Florenz. Casini folgte ihm und kontaktierte Tapinassi über Funk.
»Den übernehme ich.«
»Gut, Dottore.«
»Bleibt hier bei der Villa. Ende.«
Es herrschte reger Verkehr, der Alfa versuchte mehrmals erfolglos zu überholen. An der Piazza della Libertà bog er rechts in den Viale Lavagnini ein und beschleunigte. Casini konnte sich auf den frisierten Motor seines Fiat 1100 verlassen und ihm mühelos folgen. An einer roten Ampel las er das Kennzeichen und notierte sich die Daten auf ein Streichholzbriefchen. Der Alfa fuhr über den Alleenring bis zum Arno. Als er den Lungarno Vespucci erreichte, musste er die Geschwindigkeit auf Schritttempo drosseln, weil er einen Militärlaster vor sich hatte. Er überquerte die Brücke und bog auf der anderen Seite des Arnos nach rechts auf die Uferstraße
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