Dunkle Wasser in Florenz - Roman: Dunkle Wasser in Florenz
Armee und das militärische Feldlager gemeldet, das man im Stadion beim Campo di Marte eingerichtet hatte.
Der stellvertretende Polizeipräsident Draghi hatte ein Netz von Amateurfunkern auf die Beine stellen können, die er in der Präfektur, im Palazzo Vecchio und auch im Präsidium untergebracht hatte. Sie setzten sich mit anderen Funkern in Kontakt, die aus Gegenden berichteten, wo es noch Strom gab, und sammelten so Hilferufe, damit man Krankenwagen und Feuerwehrfahrzeuge dorthin schicken konnte. Fast alle der Funker betrieben ihre Geräte ohne jede Genehmigung, doch mit ihrer Hilfe konnten schwangere Frauen, Schwerverletzte, Kranke und alte Menschen, die einen Herzinfarkt erlitten hatten, gerettet werden.
Der Kommissar fragte, ob jemand wisse, wo Piras sei. Man sagte ihm, der sei bei Tagesanbruch fortgegangen, um vor Ort zu helfen, danach habe man ihn nicht mehr gesehen.
Ständig gaben blecherne Stimmen unter vielfachem Rauschen Meldungen durch. In Le Cure hatte eine Bande von Männern und Frauen eine Metzgerei gestürmt. In Borgo Allegri war ein Plünderer dabei erwischt worden, wie er ein überschwemmtes Haus durchwühlte, und fast von der wütenden Menge gelyncht worden. Es kam der Hinweis herein, dass in einem Haushaltswarengeschäft in der Via dello Statuto Gummistiefel zum Wucherpreis von sechs- bis siebentausend Lire verkauft wurden, Besen für dreitausend und so weiter.
»Ich kümmere mich darum«, sagte Casini und suchte in seinen Taschen nach Zigaretten, bis ihm einfiel, dass er keine mehr hatte, und schnorrte die anderen an. Man drückte ihm ein halbvolles Päckchen Alfa in die Hand, und als er den Funkraum verließ, steckte er sich sofort eine an. Im Hof wählte er von den Zivilfahrzeugen einen grauen Fiat 1100 aus. Beim Wegfahren merkte er sofort, dass er kein normales Auto erwischt hatte, der Motor war frisiert.
Die breiten Alleen waren völlig verstopft. Zwei erschöpft aussehende Schutzleute versuchten verzweifelt, das Schlimmste zu verhindern, riefen laut Kommandos und bliesen in ihre Pfeifen. Casini ließ mehrfach die Sirene ertönen; bis man ihm allmählich Platz machte.
Mit zwei Rädern auf dem Bürgersteig fahrend schaffte er es schließlich bis zur Via dello Statuto, wohin das Hochwasser noch nicht gekommen war. Als er das Haushaltswarengeschäft auf der anderen Straßenseite entdeckte, parkte er den Wagen und ging hinüber. Bei diesem strahlenden Sonnenschein konnte man sich kaum vorstellen, dass das Stadtzentrum von Schlammmassen vollkommen begraben war.
Er betrat das Haushaltswarengeschäft und reihte sich in die Schlange der Wartenden ein. Fünf bis sechs Leute standen vor ihm, und es roch stark nach Zigarettenqualm. Der Inhaber verkaufte gerade ein Paar Gummistiefel. Er war ein sehr dünner Mann mit einem schmalen Gesicht, seine Wangen waren von Aknenarben verunstaltet. Seine Unterlippe hing herab, und von den Bügeln seiner Brille baumelten zwei Kettchen.
»Siebentausend?«, fragte der Kunde ungläubig, ein Mann um die vierzig mit einem runden Kopf und Schnurrbart.
»Heute Morgen ist das nun mal so, da kann ich nichts machen.« Mürrisch zuckte der Händler mit den Schultern.
»Sonst kosten die doch um die fünfhundert«, beharrte der Kunde.
»Was soll ich Ihnen sagen …«
»Das ist Wucher!«
»Wenn Sie sie nicht wollen, lassen Sie es doch, dann verkaufe ich sie eben an jemand anderen«, sagte der Händler beleidigt und nahm seine Gummistiefel wieder zurück.
»Geben Sie sie mir trotzdem«, sagte der Kunde aufgebracht. Er warf das Geld auf die Ladentheke und machte sich leise vor sich hin fluchend auf den Weg nach draußen. Casini hielt ihn an der Tür an und forderte ihn auf, zusammen mit ihm zum Verkaufstresen zurückzugehen. Der Mann folgte ihm verblüfft. Der Kommissar zog seinen Polizeiausweis und hielt ihn dem Händler unter die Nase.
»Polizei. Wie es scheint, sind aus Versehen siebentausend Lire dieses Herrn in Ihrer Brieftasche gelandet.«
»Was meinen Sie?«, stammelte der Ladenbesitzer eingeschüchtert. Die Kunden in der Schlange verfolgten gespannt das Geschehen.
»Dann muss ich wohl deutlicher werden. Sie geben diesem Herrn hier sofort seine siebentausend Lire zurück.«
»Aber ich …«
»Allmählich verliere ich die Geduld.«
»Aber was sagen Sie da? Ich kann … doch nicht …« Casini versetzte ihm einen Schlag mit dem Handrücken auf den Mund.
»Erst verpasse ich Ihnen noch eins, dann werde ich Sie wegen Wucher festnehmen.« In seinen Augen
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