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Dunkle Wasser in Florenz - Roman: Dunkle Wasser in Florenz

Dunkle Wasser in Florenz - Roman: Dunkle Wasser in Florenz

Titel: Dunkle Wasser in Florenz - Roman: Dunkle Wasser in Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marco Vichi
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verschwand. Der Kommissar ging ins Schlafzimmer, um sich umzuziehen. Die Taschenlampe legte er auf dem Nachttisch ab. Es war ihm unangenehm, noch einmal ungewaschen saubere Sachen anzuziehen, aber ihm blieb nichts anderes übrig. Seine Füße waren mit trockenem Schlamm verkrustet, und er rubbelte sie sich lange mit einem alten Handtuch ab. Das Schönste aber war, als er endlich in ein Paar normale Schuhe schlüpfen konnte.
    Im Bad betrachtete er sich im Spiegel. Bartstoppeln bedeckten sein Kinn, und tiefe Schatten lagen um seine Augen. Casini steckte den Stöpsel in den Abfluss und wusch sich die Hände in dem wenigen Wasser, das er ins Becken gegossen hatte. Während Botta noch in der Küche beschäftigt war, kehrte Casini ins Wohnzimmer zurück und setzte sich an den Tisch. Die Kerze hinter ihm projizierte auf die Wand ihm gegenüber einen stark vergrößerten Schatten seines Kopfes. Als er ein wenig Brot aß, verlangte sein Magen nach mehr. Auf einem Stuhl entdeckte er ein paar Zeitungen. »La Nazione« machte am 4. November mit folgendem Titel auf: ARNO BEI FLORENZ ÜBER DIE UFER GETRETEN In der Mitte der ersten Seite stand fettgedruckt ein kurzer Artikel:
    Letzte Meldung: Es ist 6.10 Uhr morgens. Die Nachrichten werden immer dramatischer. Der Damm des Lungarno Acciaioli …
    Er blätterte die Zeitung durch und überflog die verschiedenen Berichte über die Überschwemmung. Auf der vierten Seite fand er einen Artikel, bei dem er schmunzeln musste: DIE STADT EHRT IHRE SOLDATEN . Es folgten weitere Einzelheiten über die Gedenkfeierlichkeiten in Florenz am 4. November mit Angaben von Ort und Zeit der verschiedenen Veranstaltungen. Um zehn Uhr dreißig Fahnenappell auf der Piazza della Signoria, um elf Uhr dreißig offizielle Andacht im Palazzo Vecchio mit dem Präsidenten der Nationalen Vereinigung der Soldaten und Veteranen, und an verschiedenen Plätzen der Stadt sollten Stände der Streitkräfte der Öffentlichkeit die neuesten Entwicklungen auf dem Gebiet der Funkübermittlung und des Sanitätswesens vorstellen …
    Er schlug »Il Resto del Carlino« auf, die Tageszeitung aus Bologna, die auf dem aktuellen Stand war: FLORENZ ÜBERFLUTET . Stadt ist ein einziger See. Auf der rechten Seite war ein fettgedruckter Artikel umrahmt: AN DIE LESER VON LA NAZIONE : Das neue, großartige Gebäude von »La Nazione« hat dasselbe Schicksal ereilt wie die gesamte Stadt Florenz, es ist von den verheerenden Fluten überschwemmt worden. Bis die Zeitung ihren Normalbetrieb wiederaufnehmen kann, hat »Il Resto del Carlino«, die zur selben Verlagsgesellschaft wie »La Nazione« gehört, diese Sonderausgabe für die gesamte Toskana übernommen und wird ab sofort »La Nazione« ersetzen …
    Endlich kam Botta herein, in einer Hand eine Kerze und in der anderen einen dampfenden Topf. Er stellte alles auf den Tisch und füllte die Teller mit Nudeln. Spaghetti alla carbonara. Casini warf die Zeitungen zur Seite und merkte, dass ihm das Wasser im Mund zusammenlief, wie damals im Krieg, wenn er selten genug den Duft von gebratenem Fleisch roch.
    »Ach, was heißt hier selig, man muss dich sofort heiligsprechen«, sagte er und wickelte mit der Gabel ein dickes Knäuel Spaghetti auf. Die Kerzen verbreiteten ein gedämpftes gelbliches Licht, das ihre Gesichter wie Wachsmasken aussehen ließ.
    »Der zweite Gang ist allerdings nicht so toll«, meinte Botta bescheiden.
    »Es gibt auch noch einen zweiten Gang?« Casini sprach undeutlich mit vollem Mund.
    »Na ja, eine Beilage gibt es natürlich auch.«
    »Und vielleicht noch ein Dessert …«
    »Kekse aus Prato mit Vin Santo. Es hätte schlimmer kommen können.« Ennio grinste.
    »Wo hast du all die Sachen aufgetrieben?«
    »Überall ein wenig.«
    »Dann sag mir wenigstens, wie viel du ausgegeben hast …«
    »Lassen Sie nur, Commissario. Im Moment habe ich genug Geld.«
    »Dann hat dein Geschäft der letzten Tage geklappt?«
    »Genau.«
    »Viel Geld?«
    »Genug …«
    »Hast du vielleicht einem amerikanischen Touristen ein Denkmal verkauft wie Totò?«
    »So was in der Art.«
    »Ich werde nicht schlafen können, wenn ich es nicht erfahre.«
    »Spreche ich jetzt mit dem Commissario oder mit dem Menschen?«, fragte Botta wie jedes Mal, wenn er ihm seine Verbrechen gestand.
    »Du redest gerade mit einem hungrigen Mann, der fest entschlossen ist, sich zu betrinken.« Casini stopfte sich eine vollbeladene Gabel Spaghetti in den Mund.
    »Ich habe ein Bild von Guttuso verkauft«, sagte Botta

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