Dunkle Wasser in Florenz - Roman: Roman
die Trattoria. Es begann zu regnen. Er stieg in den Wagen, zündete sich eine Zigarette an, blieb einfach sitzen und starrte auf die Allee. Die Nacht mit Eleonora kam ihm nur noch wie eine weit entfernte Erinnerung vor, vielleicht hatte er alles nur geträumt. Er öffnete ein Fenster, damit der Rauch abziehen konnte. Um sich nicht weiter zu quälen, schaltete er das Funkgerät ein und setzte sich mit dem Präsidium in Verbindung.
»Commissario, ich habe Sie schon gesucht. Vor kurzem hat sich Piras gemeldet, er möchte mit Ihnen reden«, sagte der Beamte in der Zentrale.
»Dann stell die Verbindung her.«
»Sofort, Commissario.« Man hörte ein Rauschen, und wenig später ertönte die Stimme des Sarden.
»Commissario, hören Sie mich? Ich bin’s, Piras.«
»Ich höre dich klar und deutlich.«
»Beccaroni hat gegen halb zehn das Haus verlassen und den Jaguar genommen. Er ist direkt zum Park Le Cascine gefahren und hat dort einen Jungen einsteigen lassen, der sich hinter den Bäumen versteckt hatte. Wir haben sie bis in die Via Bolognese verfolgt, dann ist der Jaguar hinter einem Tor verschwunden, das sofort wieder geschlossen wurde. Die Villa selbst steht weit von der Straße entfernt, man kann sie kaum zwischen den Bäumen erkennen …«
»Ist das alles?«
»Nein, jetzt kommt das Beste … Wissen Sie, welches Auto kurz darauf hinter demselben Tor verschwunden ist?«
»Mir ist im Moment nicht nach Raten zumute, Piras.«
»Panerais Flavia …«
»Wo genau in der Via Bolognese?« Casini ließ bereits den Motor an. Piras nannte ihm die Hausnummer, und danach beendeten sie ihr Gespräch. Es regnete immer heftiger, aber im Vergleich zu der Hochwassernacht nieselte es nur. Während Casini die Steigung in der Via Bolognese hinauffuhr, biss er sich nervös auf der Lippe herum. Er kam sich vor wie ein Wolf, der Beute gewittert hatte. Hätte Colonnello Arcieri ihn nicht um diesen Gefallen gebeten … Endlich gab es eine interessante Neuigkeit: Der Metzger und der Anwalt trafen sich in einer Villa in der Via Bolognese und hatten einen Jungen dabei, den sie im Park Le Cascine aufgesammelt hatten. Zusammen mit dem Besitzer der Villa waren sie zu dritt, genau die Anzahl Männer, die Giacomo vermutlich vergewaltigt hatten … Doch er dachte schon wieder viel zu weit, vielleicht handelte es sich auch nur um ein paar Perverse, die gern wilde Orgien feierten.
Am Straßenrand sah er etwa dreißig Meter vor der Einfahrt der Villa das erste Zivilfahrzeug stehen. Als er weiterfuhr, entdeckte er den Multipla von Piras und Tapinassi. Er wendete und parkte genau hinter ihnen, beeilte sich einzusteigen, um nicht allzu nass zu werden, und setzte sich auf die Rückbank. Die beiden Polizisten drehten sich um und salutierten angedeutet.
»Habt ihr aufs Klingelschild geschaut?«, fragte Casini.
»Da steht Signorini «, sagte Tapinassi.
»Schon ans Präsidium durchgegeben?«
»Ja, Dottore. Die müssten sich bald melden.«
»Wer weiß, wann die fröhliche Feier zu Ende ist«, brummte der Kommissar leise, während ihm die Bratwurst schwer im Magen lag.
»Jetzt heißt es warten«, meinte Piras.
»Darf ich rauchen?« Casini hatte die Zigarette schon zwischen den Lippen.
»Mir wäre es lieber, wenn Sie es nicht täten«, sagte Piras höflich, aber bestimmt.
»Verdammt, Piras. Wir können ja die Fenster aufreißen, aber verlang nicht von mir, dass ich nicht rauchen soll … Nicht heute Abend«, sagte der Kommissar und kurbelte schon am Fensterhebel.
»Zu Befehl, Dottore.« Piras drehte ebenfalls das Fenster hinunter. Tapinassi neben ihm kicherte. Durch die zwei offenen Fenster kam eine Eiseskälte herein, und Casini warf seine Zigarette fort.
»Du bist eine Geißel Gottes, Piras.«
»Ich empfinde Rauchen als völlig überflüssiges Laster«, sagte der Sarde, ohne das Tor der Villa aus den Augen zu lassen. Ab und zu betätigte er den Scheibenwischer, um die Regentropfen fortzuwischen.
»Was für ein Aufstand wegen einer Zigarette …« Casini seufzte.
»Sie sind es doch, der nicht darauf verzichten kann.«
»Mir schmeckt es eben.«
»Das ist Abhängigkeit.«
»Ach, von wegen Abhängigkeit, ich kann jederzeit aufhören.«
»Also verzeihen Sie, Commissario, aber das glaube ich nicht.«
»In Ordnung, von jetzt an rauche ich nicht mehr. Da, nimm die Zigaretten«, sagte der Kommissar und ließ das Päckchen auf Piras’ Oberschenkel fallen. Dieser nahm es und legte es kommentarlos ins Handschuhfach. Der Regen trommelte weiter
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