Dunkle Wasser in Florenz - Roman: Roman
weiter verstohlen die Dunkelhaarige, deren kokettes Gesicht ihn anzog. Plötzlich drehte sie sich um und sah ihn einen Moment an. Ihre Augen waren wunderschön, und in ihnen brannte ein boshaftes, kindliches Feuer. Dann wandte das Mädchen den Blick ab und flüsterte seiner Freundin etwas ins Ohr. Er sah, wie sie kicherten, und errötete bei dem Gedanken, sie könnten sich über ihn lustig machen. Als der Eisverkäufer, ein kleines Männchen mit einem Bauchladen, erschien, war das für Casini eine Erleichterung. Er kaufte eine Waffel mit Schokoladeneis, biss genussvoll hinein, als wäre er noch ein kleiner Junge, und versuchte, nicht auf die beiden Mädchen zu achten. Doch ab und zu fiel sein Blick auf ihre nackten Beine, und dann verzehrte er sich in unmöglichen Traumvorstellungen. Er war machtlos dagegen, weibliche Beine hatten immer eine große Wirkung auf ihn ausgeübt. Selbst Fesseln und Füße hatten ihn angezogen. Oft hatte er nach dem Liebesakt bewundernd einen kleinen Fuß beobachtet, der zwischen den Laken hervorsah, bezaubert, als hätte er eine geheimnisvolle archaische Statue vor sich. Manchmal bemerkte es eine Frau, und wenn sie ihn fragte, was er denn betrachtete, wechselte er schnell das Thema, weil er nicht den Mut hatte, ihr die Wahrheit zu gestehen …
Die beiden Mädchen neben ihm mussten reizende kleine Füße haben, wenn er von ihren Händen und den schmalen Fesseln ausging. Am besten dachte er nicht darüber nach. Und um ihn herum saßen noch viele andere Mädchen. Fast alle waren in Begleitung, und man sah leidenschaftliche Küsse. Plötzlich wurde es wieder dunkel, und der zweite Teil begann. Der Film war spannend, und es wurde so still, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören können. Als der Gute, der auch der Schöne war, in einer Großaufnahme zu sehen war, ging ein Raunen weiblicher Stimmen durch den Raum. Casini sah auf die Leinwand, aber es gelang ihm nicht, das dunkelhaarige Mädchen neben ihm ganz zu vergessen. Er hörte die junge Frau atmen, spürte, wie sie sich leicht in ihrem Sitz bewegte, und manchmal erahnte er unter dem Parfüm den Duft ihres Körpers. Das Mädchen lächelte, und Casini sah seine blendend weißen Zähne in der Dunkelheit aufblitzen. Unvernünftig wie ein kleiner Junge hoffte er, dass die Wahrsagerin recht hatte und sie wirklich die dunkelhaarige Signorina wäre, die ihm das Tarot prophezeit hatte. Verdammt, er schien schon verliebt zu sein. Das geschah immer, wenn er wieder allein war. Er konnte sich in zwei leicht geöffnete Lippen verlieben, in einen Augenaufschlag, in eine nackte Schulter, die er auf der Straße sah. Vielleicht war das sein Geheimrezept, damit er sich nicht so einsam fühlte und nicht aufhörte zu träumen.
Er dachte nicht mehr an die Prophezeiungen der Wahrsagerin und konzentrierte sich auf den Film. Der letzte Zweikampf hielt den ganzen Kinosaal in Atem, obwohl alle erwarteten, dass der Schöne gewinnen würde – und so geschah es auch. Selbst die letzte Szene dominierte er. Er ritt auf seinem Pferd davon, allein, wie Helden es eben sein müssen, mit viel Geld in der Tasche, siegreich und neuen Abenteuern entgegen …
Als das Licht im Saal anging, standen die beiden Mädchen als Erste auf. Casini blieb noch sitzen. Er war enttäuscht. Obwohl er es nicht zugeben wollte, hatte er doch gehofft, dass die beiden Freundinnen nach dem Film sagen würden, er sei ein wunderbarer Mann, und ihn einladen würden, etwas mit ihnen zu trinken. Er war doch nur ein dummer alter Knacker. Seufzend stand er auf und folgte der Menge die Treppen hinunter. Von weitem sah er die beiden Mädchen und versuchte sich seinen Weg durch die Leute zu bahnen, um sie zu erreichen. Er stellte sich vor, wie er sie ansprach, seinen Namen sagte und sie einlud, etwas mit ihm im Giubbe Rosse oder bei Gilli zu trinken.
Als er endlich draußen war, sah er sie gemächlich unter den Arkaden vorwärtsschlendern. Sein Herz klopfte ihm bis zum Hals, als er sie eingeholt hatte. Er drehte sich um, um ihnen ins Gesicht zu sehen, öffnete sogar den Mund, um etwas zu sagen. Doch die Mädchen sahen ihn so verblüfft an, dass er es lieber ließ. Dann entfernte er sich mit langen Schritten und redete sich ein, dass die beiden doch nicht so schön waren. »Der Fuchs und die sauren Trauben« war wirklich eine lehrreiche Fabel.
Es gab Schlimmeres im Leben, sagte er sich immer wieder auf dem Heimweg. Es gab Schlimmeres, als ein Mädchen zu sehen und es ohne Hoffnung zu begehren. Er
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