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Dunkle Wasser

Dunkle Wasser

Titel: Dunkle Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jane Beaufrand
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versucht?«
    Er prustete los. »Ja, aber so billig bin ich nicht zu haben. Knutschen beim ersten Date kommt nicht in die Tüte.« Gutmütig lächelte er mich an. Mit ihm hatten wir es echt gut getroffen. Er verströmte solche Zuversicht, als wäre er kampferprobt. Ihn könnte nichts mehr aus der Fassung bringen.
    »Komm mal her und sieh dir das an!«, rief er. »Offenbar hat sich dein Prinz eine Rippe und das Schlüsselbein gebrochen. Den Daumen auch noch, aber den können wir ja schienen.« Und dann kicherte er, als hätte er gerade einen schmutzigen Witz gemacht.
    »Moment mal, das Schlüsselbein? Er spielt Basketball. Was ist denn mit den Ausscheidungsspielen, wird er da mitmachen können?«
    Curtis schüttelte wortlos den Kopf. Die Basketballsaison war für Tomás vorbei.
    »Macht nichts, Ronnie. Das Gewinnen ist mir nicht so wichtig. Spiele ich eben nächstes Jahr. Außerdem haben mich die meisten Talentsucher schon spielen sehen. Ein Stipendium fürs College kriege ich allemal.«
    »Ein richtiger Kerl«, schnalzte Curtis anerkennend. »Ich hoffe, du bist es wert, Kleines.«
    »Was bin ich wert? Das gebrochene Schlüsselbein? Das war doch nicht meinetwegen«, sagte ich.
    »War es doch,
corazón
«, sagte Tomás.
    »War es nicht. Er hat sich mit Gretchens Dealer angelegt.«
    »Welche ist denn jetzt Gretchen?«, fragte Curtis.
    »Sie ist meine andere Freundin«, sagte Tomás.
    Der Pfleger griente. »Du Schlingel.«
    »Nicht
so
eine Freundin. Nicht wie meine
gordita
hier.«
    »Ich bin nicht deine
gordita!
«
    Ich hatte ja nichts dagegen, ihn bei Laune zu halten. Mir gefiel diese neue Seite an Tomás, eine Seite, die so voller Leben war. Ich wusste nicht, ob er wirklich an mir interessiert war oder ob es ihm einfach so gut ging, dass es ihm egal war, wen er nun verführte. Aber bei
gordita
war Schluss, denn das bedeutete
kleines Dickerchen
.
    »Wie du meinst,
mi cielo
«, sagte Tomás und drückte meine Hand, dann spitzte er erwartungsvoll die Lippen.
    Und während ich ihn so gelöst daliegen sah, kam mir eine Idee. »Entschuldigen Sie«, sagte ich zu dem Pfleger. »Könnte ich mit meinem Prinz mal kurz allein sein?«
    Der Marines-Typ verschwand lachend aus der Kabine. »Klar doch,
gordita
«, kicherte er und schloss die Vorhänge hinter sich.
    Kaum war er verschwunden, zog mich Tomás auch schon wieder an sich. Ich küsste ihn eine Weile und versuchte, mir einzureden, dass es keine Bedeutung hätte. Wenn er morgen früh erwachte, müsste ich ihn sehr wahrscheinlich wieder in die freie Wildbahn entlassen. Ich kapierte schon, dass er sich hinter seiner Schüchternheit verschanzte und dass man schweres Geschütz auffahren musste, um seine Mauern zu durchdringen, aber ob ich dazu imstande war, wusste ich nicht. Doch in dem Augenblick ließ ich uns in dem Glauben, dass wir zusammengehörten.
    Als wir kurz nach Luft schnappten, flüsterte ich ihm ins Ohr: »Was hat dein Vater denn Abscheuliches getan?«
    »Er hatte eine Crystal-Küche«, sagte er und fasste mir unter den Pulli. Mit den Fingern fuhr er über meinen nackten Bauch. Kühl und zart fühlte es sich an.
    »Crystal? Wusstest du deshalb, was Gretchen genommen hat?«
    Tomás machte wieder »Mhmm« und ich deutete es als Ja.
    »Wie lange weißt du das schon?«
    »Schon ewig«, sagte er.
    Wieder begann er, mich zu küssen, und lächelte dieses verführerische Böse-Jungs-Lächeln. Wer hätte ihm das zugetraut?
    »Komm her, Süße«, raunte er und spielte mit den Locken in meinem Nacken.
    Der Vorhang wurde laut zurückgerissen. »Tomás, ich liebe dich wie meinen eigenen Sohn, aber deine Hände lass gefälligst bei dir.«
    Ich sah mich um. Hinter mir stand Dad mit Gloria Inez und zwei Typen, die ich noch nie zuvor gesehen hatte. Sie waren geschniegelt und gestriegelt, das Haar glatt zurückgegelt, an einem Band um den Hals trugen sie Dienstmarken.
    »Oh, hey, Mr Severance. Das geht schon in Ordnung. Wir sind verlobt«, sagte Tomás.
    »Er hat Schmerzmittel bekommen.«
    »Sie ist die Liebe meines Lebens.«
    Gloria Inez stürzte sich auf ihren Sohn und nahm seine Hand.
»Ay, gordito, que paso?«
Aus ihrem Mund klang das Wort
gordito
gar nicht beleidigend. Eher sanft, als würde man sich in eine schöne warme Decke kuscheln.
    »Dürfen wir uns Veronica mal für einen Moment ausleihen?«, fragte Dad an Tomás gewandt.
    Sofort erschien wieder ein geschwungenes Satzzeichen auf Tomás’ Stirn. »Okay. Aber nur, wenn ich sie gleich zurückbekomme.« Dann prustete er los,

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