Dunkle Wolken über den Schären: Mittsommerträume (German Edition)
den letzten Schritt tun. Wir können gleich morgen heiraten, alles ist vorbereitet. Die Flitterwochen habe ich ebenfalls bereits gebucht. Zwei Wochen auf den Malediven. Du brauchst nur Ja zu sagen.”
“Ja”, stieß Jenny glücklich hervor. “Ja! Ja!”
Er nahm ihr den Ring aus der Hand und wollte ihn ihr über den Finger streifen, doch sie wehrte ab. “Nein. Nicht, solange wir noch nicht verheiratet sind. So etwas bringt Unglück.”
“Alles, was du willst, aber …” Er verstummte. Sein Blick war auf den Strand gerichtet.
“Was ist?”, fragte Jenny und versuchte zu entdecken, was ihn so irritierte. Dann sah sie ein helles Aufblitzen hinter einem Felsen und unterdrückte einen Fluch. Das war wieder einer dieser Paparazzi! Im Objektiv seiner Kamera spiegelte sich das Sonnenlicht, ansonsten war er so gut verborgen, dass man ihn von Weitem nicht sehen konnte. “Woher wissen die, wo wir sind?”
Torben schüttelte den Kopf. “Ich weiß es nicht. Komm, verschwinden wir von hier. Wir lassen uns diesen Tag nicht von ein paar Reportern verderben.”
Er trat ans Steuer der Delfin, Jenny stand dicht hinter ihm. Gerade als er den Motor startete, hörten sie ganz in der Nähe ein Geräusch. Jenny blickte sich um und schrie auf, als sie sah, wie sich ein anderes Boot mit hoher Geschwindigkeit näherte. “Fahr!”, rief sie Torben zu. “Fahr schon! Sie kommen!”
Wasser spritzte auf, als sie losfuhren. Hinter ihnen blieb eine breite Schneise aus weiß schäumender Gischt zurück, die es ihren Verfolgern noch einfacher machten, ihre Spur zu verfolgen. Und sie holten auf.
Jenny hielt ihr Haar, das vom Fahrtwind aufgewirbelt wurde, mit beiden Händen zurück. “Schneller, Torben! Wir müssen schneller fahren, sonst holen Sie uns ein!”
Ihr Verlobter nickte nur. Sein Gesicht war angespannt, und seine Hände hielten das Steuerrad so fest umklammert, dass die Fingerknöchel weiß hervortraten. Dennoch konnte er nicht rechtzeitig reagieren, als er den Felsen bemerkte, der dicht unter der Wasseroberfläche lauerte. Er riss die Delfin herum, doch es war zu spät.
Ein Ruck ging durch das Boot, als der Bug seitlich den Fels streifte. Metall kreischte, und im nächsten Moment verlor Torben die Kontrolle …
“Ich bin zwei Tage später im Krankenhaus wieder zu mir gekommen”, schloss Jenny leise ihre Erzählung. “Als die Ärzte mir sagten, dass sie nichts mehr für Torben hatten tun können, brach eine Welt für mich zusammen.” Sie senkte den Blick. “Zu wissen, dass ich die Verantwortung für dieses Unglück trug, machte alles noch viel schlimmer.”
“Aber es war doch nicht dein Fehler”, versuchte Anni-Frid sie zu trösten. “Ganz gleich, was du auf dem Boot gesagt oder getan hast – niemand konnte ahnen, dass so etwas passieren würde. Jedem gebührt ein Teil der Verantwortung für diese Tragödie: den Paparazzi, die euch verfolgt haben, aber auch Torben, der viel zu schnell fuhr, obwohl er es besser wissen musste. Gib nicht dir die Schuld.”
Jenny schaute auf. “Denkst du wirklich so darüber?”
“Aber ja doch. Und wenn ich geahnt hätte, womit du dich schon seit nunmehr fast fünf Jahren herumquälst, hätte ich es dir schon viel früher gesagt. Außerdem bin ich davon überzeugt, dass Torben sich nichts mehr wünschen würde, als dich glücklich zu sehen.”
Aufschluchzend schloss Jenny ihre Freundin in die Arme. In diesem Moment läutete es erneut an der Tür. Anni-Frid löste sacht die Umarmung und stand auf. “Du bist jetzt wohl nicht in der richtigen Verfassung, um Besuch zu empfangen, oder? Keine Sorge: Wer immer es auch ist, ich wimmele ihn für ich ab.”
Jenny nickte dankbar und lehnte sich zurück. Vielleicht hatte Anni-Frid ja wirklich recht und sie beging einen Fehler, indem sie sich noch immer Vorwürfe wegen Torbens Tod machte. Schließlich war es letztendlich eben doch nur ein Unfall gewesen. Eine Aneinanderreihung ungünstiger Ereignisse. Sollte sie sich einfach auf Magnus einlassen und abwarten, was geschah?
Ein erleichtertes Lächeln huschte über ihr Gesicht. Ja, genau das würde sie tun. Am besten gleich heute Abend. Für die Fiskfabrik fand sich schon noch eine Lösung. Jedenfalls kam es für sie nicht mehr infrage, für Olof Lindh irgendwelche Geheimnisse aus Magnus’ Leben ans Licht zu bringen – und wenn sie ehrlich zu sich selbst war, hatte das auch nie wirklich zur Diskussion gestanden.
“Wer war es denn?”, fragte sie, als Anni-Frid zurück ins Wohnzimmer
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