Dunkler Dämon
anrufen, aber keine Ahnung, was das auslösen wird.« Er schnaubte. »Doch sie würden sowieso zwei Tage brauchen, bevor sie begriffen hätten, wonach ich wirklich gefragt habe und was sie deswegen unternehmen sollen.«
»Also, was machen wir jetzt?«, fragte Deborah. »Sollen wir den Kerl als Köder benutzen? Den, den Sie getroffen haben? Oder reden wir mit ihm?«
Doakes schüttelte den Kopf. »Er erinnert sich an mich. Ich kann mit ihm reden. Wenn Sie versuchen, ihn zu beschatten, wird er es merken und vermutlich verschwinden.« Er sah auf die Uhr. »Viertel vor drei. In ein paar Stunden wird Oscar zu Hause sein. Sie beide warten auf meinen Anruf.« Und dann schenkte er mir sein 150-Watt-ich-behalte-dich-im-Auge-Lächeln und sagte: »Warum warten Sie nicht bei Ihrer hübschen Verlobten?« Und er stand auf, ging hinaus und überließ uns die Rechnung.
Deborah starrte mich an. »Verlobte?«, fragte sie.
»Es ist nicht wirklich endgültig«, erwiderte ich.
»Du bist
verlobt?«
»Ich wollte es dir erzählen«, sagte ich.
»Wann? An eurem dritten Hochzeitstag?«
»Sobald ich weiß, wie es passiert ist«, sagte ich. »Ich kann es noch immer nicht wirklich glauben.«
Sie schnaubte. »Ich auch nicht.« Sie stand auf. »Komm schon. Ich bringe dich zurück zur Arbeit. Dann kannst du zu deiner
Verlobten
fahren und bei ihr warten«, sagte sie. Ich legte etwas Geld auf den Tisch und folgte ihr widerspruchslos.
Vince Masuoka kam uns im Flur entgegen, als Deborah und ich aus dem Aufzug stiegen. »Schalom, kleiner Hahn«, grüßte er. »Wie steht’s bei dir?«
»Er ist verlobt«, sagte Deborah, ehe ich etwas erwidern konnte.
Vince starrte sie an, als hätte sie verkündet, ich sei schwanger.
»Er ist
was?«,
fragte er.
»Verlobt. Er wird heiraten«, erklärte sie.
»Heiraten?
Dexter?« Sein Gesicht schien um den richtigen Ausdruck zu kämpfen, was keine leichte Aufgabe war, da er ihn immer zu fälschen schien, einer der Gründe, warum ich so gut mit ihm auskam; zwei künstliche Menschen, wie Plastikerbsen in einer echten Schote. Schließlich entschied er sich für entzückte Überraschung – nicht sehr überzeugend, aber doch eine vernünftige Wahl. »Masel tov«, sagte er und umarmte mich unbeholfen.
»Danke«, erwiderte ich. Die Angelegenheit stellte mich noch immer vor ein Rätsel, und ich fragte mich, ob ich sie wirklich bis zum Ende durchziehen musste.
»Nun dann«, sagte er händereibend, »das können wir nicht ungestraft durchgehen lassen. Morgen Abend bei mir?«
»Wozu?«, fragte ich.
Er schenkte mir sein schönstes künstliches Lächeln. »Ein uraltes japanisches Ritual, datiert bis zurück ins Tokugawa-Shogunat. Wir besaufen uns und gucken schmutzige Filme«, sagte er und wandte sich dann lüstern grinsend an Deborah. »Deine Schwester könnte aus einer Torte springen.«
»Wie wär’s, wenn du dir die Torte stattdessen in den Arsch schiebst?«, fragte Deborah.
»Das ist sehr nett, Vince, aber ich glaube nicht …«, sagte ich in dem Versuch, alles zu vermeiden, was meine Verlobung noch offizieller machte, und auch, um die beiden von ihrem geistreichen Schlagabtausch abzuhalten, bevor ich Kopfweh bekam. Doch Vince ließ mich nicht ausreden.
»Nein, nein«, wehrte er ab. »Das ist höchst notwendig. Eine Frage der Ehre, keine Ausreden. Morgen Abend, acht Uhr«, sagte er, und an Deborah gewandt fügte er im Weggehen hinzu: »Und du hast nur vierundzwanzig Stunden, um das Wirbeln mit den Troddeln zu üben.«
»Hau ab und wirble deine eigene Troddel«, sagte sie.
»Ha! Ha!«, erwiderte er mit diesem furchtbaren falschen Lachen und verschwand den Gang hinunter.
»Kleiner Idiot«, murmelte Deborah und wandte sich in die andere Richtung. »Bleib nach der Arbeit bei deiner
Verlobten
. Ich ruf dich an, wenn ich etwas von Doakes höre.«
Von meinem Arbeitstag war nicht mehr viel übrig. Ich legte ein paar Unterlagen ab, bestellte einen Behälter Luminol bei unserem Lagerhalter und stellte bei einem Blick in meine Mailbox fest, dass sich ein halbes Dutzend E-Mails angesammelt hatte. Mit dem Gefühl erbrachter Leistung begab ich mich zu meinem Wagen und stürzte mich in das beruhigende Gemetzel des Feierabendverkehrs. Ich hielt an meiner Wohnung, um mich umzuziehen; Debs war nirgends zu sehen, aber das Bett war nicht gemacht, daher wusste ich, dass sie hier gewesen war. Ich stopfte meine Sachen in eine Reisetasche und fuhr zu Rita.
Als ich bei Rita eintraf, war es vollkommen dunkel geworden. Ich
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