Dunkler Dämon
unnatürlich harte Brüste eingeschränkt – zwei jeder Schattierung –, aber es klang, als hätten alle außer mir eine Menge Spaß.
Manchmal stellt sich die Frage, ob nicht eine Art böse Macht mit einem perversen Sinn für Humor unser Universum regiert. Ich kannte Männer gut genug, um zu wissen, dass die meisten von ihnen fröhlich ihre überflüssigen Körperteile geopfert hätten, um an meiner Stelle zu sein. Und ich konnte an nichts anderes denken, als dass ich genauso erfreut wäre, ein oder zwei Körperteile zu verkaufen, um diesem Sessel und den zwei nackten, sich windenden Frauen zu entkommen. Selbstverständlich würde ich die Körperteile eines anderen bevorzugen, aber ich würde sie fröhlich einsammeln.
Doch es gab keine Gerechtigkeit; die zwei Stripperinnen saßen auf meinem Schoß, hüpften zur Musik und tränkten mein schönes Baumwollhemd und sich gegenseitig in Schweiß, während um uns herum die Party weitertobte. Nach einiger Zeit, die wie ein endloser Bann im Fegefeuer schien, unterbrochen nur von Vince, der den beiden Stripperinnen frische Getränke brachte, sprangen die beiden Unruhestifterinnen endlich von meinem Schoß und tanzten um die kreisende Menge. Sie streichelten Gesichter, tranken aus den Gläsern der Feiernden und fassten gelegentlich zwischen Beine.
Ich nutzte die Ablenkung, um meine Hände zu befreien und das Paketband zu entfernen, und erst dann merkte ich, dass niemand dem Dauerlächelnden Dexter, dem theoretischen Mann der Stunde, die geringste Aufmerksamkeit schenkte. Ein rascher Blick rundum zeigte mir, warum: Alle Anwesenden bildeten einen Kreis und glotzten die beiden Stripperinnen an, die jetzt tanzten, mittlerweile vollkommen nackt und von Schweiß und verschütteten Getränken glitzernd. Vince wirkte mit seinen hervorquellenden Augen wie eine Karikatur seiner selbst, und er befand sich in guter Gesellschaft. Alle, die noch bei Bewusstsein waren, standen in ähnlicher Haltung da, starrten atemlos und schwankten dabei sanft hin und her. Ich hätte durch den Raum brausen und dabei auf einer brennenden Tuba spielen können, niemand hätte mir die geringste Aufmerksamkeit geschenkt.
Ich stand auf, schob mich vorsichtig hinter der Meute entlang und glitt durch die Haustür. Ich hatte angenommen, dass Sergeant Doakes irgendwo in der Nähe des Hauses warten würde, aber ich konnte ihn nirgends entdecken. Ich ging über die Straße und sah in seinem Wagen nach. Ebenfalls leer. Ich schaute die Straße auf und ab, mit demselben Ergebnis. Es war keine Spur von ihm zu sehen.
Doakes war verschwunden.
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24
V iele Aspekte der menschlichen Existenz werden mir ewig unbegreiflich bleiben, und ich meine damit nicht nur intellektuell. Ich will damit sagen, dass mir die Fähigkeit zur Empathie abgeht, ebenso wie ich nicht in der Lage bin, Gefühle zu empfinden. Mir scheint das kein großer Verlust, aber dadurch liegen etliche Bereiche menschlicher Erfahrung jenseits meines Verständnisses.
Es gibt jedoch eine fast überwältigend menschliche Erfahrung, die auch ich kenne, und das ist die Versuchung. Und als ich so die leere Straße vor Vince Masuokas Haus musterte und mir klar wurde, dass Dr. Danco Doakes irgendwie geschnappt hatte, spürte ich, wie sie mich in betäubenden, beinahe erstickenden Wellen überspülte.
Ich war frei
. Der Gedanke umkreiste mich und trommelte mit seiner eleganten und vollkommen gerechtfertigten Einfachheit auf mich ein. Nichts auf der Welt wäre einfacher, als zu verschwinden. Sollte Doakes seine Wiedervereinigung mit dem Doktor feiern, ich konnte am Morgen Bericht erstatten und so tun, als hätte ich zu viel getrunken – schließlich war es meine Verlobungsparty! –, und wüsste deshalb nicht genau, was dem guten Sergeant zugestoßen war. Und wer könnte mir das Gegenteil beweisen? Mit Sicherheit konnte keiner der Partygäste drinnen mit auch nur annähernder Gewissheit behaupten, dass ich nicht die ganze Zeit dort gewesen war und mir mit ihnen die Peepshow angesehen hatte.
Doakes wäre fort. Verschollen in einem Nebel abgehackter Gliedmaßen und Wahnsinns, um niemals mehr meinen düsteren Eingang zu erleuchten. Freiheit für Dexter, frei, ich selbst zu sein, und dazu musste ich einfach nur nichts tun. Selbst ich konnte das hinkriegen.
Warum also nicht einfach verschwinden? Und wo ich schon dabei war, warum nicht gleich einen längeren Spaziergang nach Coconut Grove unternehmen, wo ein gewisser Kinderfotograf schon viel zu lange auf
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