Dunkler Dämon
leckte; doch, sehr saubere Arbeit, auch wenn ich nicht annahm, dass Chutsky die Sorgfalt zu schätzen wusste, mit der Danco ihm Arm und Bein amputiert hatte. Wie viel von Chutskys Verstand fehlte, war noch nicht abzusehen, und sein ständiges feuchtes Wimmern überzeugte mich nicht gerade davon, dass er schon wieder einen Passagierjet steuern durfte.
»O Gott, Kumpel«, sagte er »O Jesus. O Gott sei Dank, dass du gekommen bist«, und er legte seinen Kopf auf meine Schulter und weinte. Da ich erst vor kurzem eine ähnliche Situation erlebt hatte, wusste ich, was zu tun war. Ich tätschelte ihm den Rücken und sagte »na, na«. Ich kam mir noch unbeholfener vor als damals mit Deborah, denn der Stumpf seines linken Arms schlug ständig an meine Seite, und das machte es noch schwerer, Mitgefühl vorzutäuschen.
Aber Chutskys Weinkrampf dauerte nur ein paar Minuten, und als er sich endlich zurückzog, sich in eine aufrechte Haltung kämpfte, war mein schönes Hawaiihemd durchnässt. Er zog heftig die Nase hoch, ein wenig zu spät für mein Hemd. »Wo ist Debbie?«, fragte er.
»Sie hat sich das Schlüsselbein gebrochen«, teilte ich ihm mit. »Sie liegt im Krankenhaus.«
»Oh«, sagte er und schniefte wieder, ein lang gezogenes feuchtes Geräusch, das irgendwo in seinem Inneren zu hallen schien. Dann sah er sich hastig um und versuchte auf die Beine zu kommen. »Wir sollten lieber von hier verschwinden. Er könnte zurückkommen.«
Daran hatte ich noch gar nicht gedacht, aber er hatte Recht. Es gehört zu den von der Zeit geheiligten Tricks eines Raubtiers, wegzulaufen und dann in einem weiten Bogen zurückzukehren, um festzustellen, wer einem hinterherschnüffelt. Falls Dr. Danco das tat, würde er zwei ziemlich leichte Ziele vorfinden. »In Ordnung«, sagte ich zu Chutsky. »Ich sehe mich nur noch rasch um.«
Seine Hand schoss nach vorn – seine rechte Hand selbstverständlich – und packte meinen Arm. »Bitte«, flehte er. »Lass mich nicht allein.«
»Es dauert nur eine Sekunde«, sagte ich und versuchte mich loszureißen. Aber er verstärkte seinen Griff, mit verblüffender Kraft, wenn man bedachte, was er durchgemacht hatte.
»Bitte«, wiederholte er. »Lass mir wenigstens deine Waffe hier.«
»Ich habe gar keine Waffe«, sagte ich, und seine Augen wurden wesentlich größer.
»O Gott, was zum Teufel hast du dir dabei gedacht? Himmel, wir müssen sofort verschwinden.« Es klang fast panisch, als würde er jeden Moment wieder anfangen zu weinen.
»In Ordnung«, lenkte ich ein. »Dann wollen wir dich mal auf die, äh, dein Bein stellen.« Ich hoffte, mein Versprecher war ihm entgangen; ich hatte nicht unsensibel klingen wollen, diese ganze Fehlende-Gliedmaßen-Angelegenheit würde eine Generalüberholung meines Vokabulars erfordern. Doch Chutsky sagte nichts, streckte nur seinen Arm aus. Ich half ihm hoch und lehnte ihn an den Tisch. »Nur ein paar Sekunden, um das andere Zimmer zu überprüfen«, sagte ich. Er schaute mich mit feuchten flehenden Augen an, aber er schwieg, und ich hastete durch das kleine Haus.
Im Hauptraum, wo Chutsky wartete, gab es außer Dr. Dancos Ausrüstung nicht viel zu sehen. Er besaß einige sehr hübsche Schneidewerkzeuge, und nachdem ich die ethischen Implikationen gründlich überdacht hatte, nahm ich eines der hübschesten an mich, eine sehr schöne Klinge, die dazu geschaffen war, auch durch das sehnigste Fleisch zu schneiden. Außerdem fand sich eine Anzahl von Medikamenten, deren Namen mir wenig sagten, abgesehen von einigen Fläschchen mit Barbituraten. Ich entdeckte überhaupt keine Anhaltspunkte, keine verknitterten Streichholzbriefchen mit darauf gekritzelten Telefonnummern, keine Reinigungsquittungen; gar nichts.
Die Küche war praktisch ein Duplikat der Küche des ersten Hauses. Ich erblickte einen kleinen, abgenutzten Kühlschrank, eine Kochplatte, ein Tischchen mit Klappstuhl, und das war es auch schon. Auf der Arbeitsfläche stand eine halbleere Schachtel Doughnuts, in der eine sehr große Kakerlake hockte und an einem knabberte. Sie sah mich an, als sei sie bereit, um den Doughnut zu kämpfen, weshalb ich ihn ihr überließ.
Ich kehrte in den Hauptraum zurück, wo Chutsky nach wie vor am Tisch lehnte. »Beeil dich«, flehte er. »Lass uns um Himmels willen abhauen.«
»Nur noch ein Zimmer«, erwiderte ich. Ich durchquerte den Raum und öffnete die Tür gegenüber der Küche. Wie ich erwartet hatte, handelte es sich um das Schlafzimmer. In einer Ecke
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